Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Abzugsmöglichkeit im Hinblick auf Ausgangsumsätze (Telekommunikationsdienstleistungen), die in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar sind

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein in einem Mitgliedstaat ansässiger Erbringer von Telekommunikationsdienstleistungen wie der am Ausgangsverfahren beteiligte danach berechtigt ist, in diesem Mitgliedstaat die Mehrwertsteuer abzuziehen oder erstattet zu bekommen, die im Zusammenhang mit Telekommunikationsdienstleistungen, die gegenüber einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen erbracht wurden, als Vorsteuer entrichtet wurde, wenn einem solchen Dienstleistungserbringer dieses Recht für den Fall zustünde, dass die fraglichen Dienstleistungen innerhalb des erstgenannten Mitgliedstaats erbracht worden wären.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 3 Buchst. a

 

Beteiligte

EGN

EGN BV - Filiale Italiana

Agenzia delle Entrate - Ufficio di Roma 2

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 17 Abs. 3 Buchst. a ‐ Abzugsfähigkeit und Erstattung der Vorsteuer ‐ Telekommunikationsdienstleistungen ‐ Erbringung von Dienstleistungen an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfänger ‐ Art. 9 Abs. 2 Buchst. e ‐ Bestimmung des Ortes der Dienstleistung“

In der Rechtssache C-377/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 23. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. August 2008, in dem Verfahren

EGN BV ‐ Filiale Italiana

gegen

Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Roma 2

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und J. Klučka,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der EGN BV ‐ Filiale Italiana, vertreten durch G. Boniello und G. Polacco, avvocati,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und M. Afonso als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der EGN BV ‐ Filiale Italiana (im Folgenden: EGN) und der Agenzia delle Entrate ‐ Ufficio di Roma 2 (Agentur Einnahmen ‐ Amt Rom 2, im Folgenden: Agenzia) wegen der Weigerung Letzterer, den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit im Jahr 1999 erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen zuzulassen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Der siebte Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie lautet:

„Die Bestimmung des Ortes des steuerbaren Umsatzes hat insbesondere hinsichtlich der Lieferung eines Gegenstandes mit Montage und der Dienstleistung zu Kompetenzkonflikten zwischen den Mitgliedstaaten geführt. Wenn auch als Ort der Dienstleistung grundsätzlich der Ort gelten muss, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner beruflichen Tätigkeit hat, so sollte doch insbesondere für bestimmte zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen, deren Kosten in den Preis der Waren eingehen, als Ort der Dienstleistung das Land des Dienstleistungsempfängers gelten.“

Rz. 4

Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt: „Der Mehrwertsteuer unterliegen … Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.“

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie lautet:

„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.“

Rz. 6

In Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. e der Sechsten Richtlinie heißt es:

„(1) Als Ort ein...

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