Die Vorschrift des § 3 Nr. 44 EStG legt die Vermutung nahe, dass Stipendien bei einem Verstoß gegen die Tatbestandsvoraussetzungen der ESt unterliegen. In Betracht kommen Einkünfte

1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit setzen ein Dienstverhältnis i.S.d. § 1 Abs. 2 LStDV voraus, bei dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, weisungsgebunden ist und in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert ist.

Ausschluss eines Dienstverhältnisses bei echten Stipendien: Die Annahme eines Dienstverhältnisses zwischen Förderorganisation und Stipendiat ist zumindest im Fall echter – weil unentgeltlicher – Stipendien ausgeschlossen. Diese sollen dem Stipendiaten eine möglichst freie Gestaltung seiner Ausbildung oder Forschung ermöglichen. Der Stipendiat verwendet seine Arbeitskraft rein eigennützig und erbringt keine Leistung gegenüber dem Förderer. Er ist in seiner Arbeit weder weisungsgebunden noch in den geschäftlichen Organismus des Stipendiengebers eingegliedert.

Gegen eine zu Einkünften aus § 19 EStG sprechende Zurechnung des Stipendiums: Zwar steht das Stipendium mit der zukünftigen Erwerbstätigkeit in einem Veranlassungszusammenhang, wenn die geförderte Tätigkeit Kenntnisse vermittelt, die i.R.d. späteren Berufs benötigt werden und hierfür von Vorteil sind. Gegen eine Zurechnung von Stipendien zu den Einkünften nach § 19 EStG im Zusammenhang mit einer angestrebten späteren nichtselbständigen Tätigkeit spricht aber der Umstand, dass die Erstausbildung die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensführung schafft – und deshalb stets privat mitveranlasst ist. Wenn aufgrund dieser untrennbar gemischten Veranlassung die Aufwendungen nicht als vorweggenommene WK zu berücksichtigen sind, kann ein Stipendium spiegelbildlich nur zu steuerlich unbeachtlichen "Sondereinnahmen" führen[14]. Beachten Sie: Dies gilt selbst, wenn das Stipendium mit der Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrags nach Abschluss des Studiums sowie einer Rückzahlungspflicht bei Nichterfüllung dieser Pflicht verbunden ist[15].

Zusammenhang des Stipendiums mit einem bereits bestehenden Dienstverhältnis: Auch wenn ein Stipendium kein Dienstverhältnis begründet, kann ein Stipendium aber mit einem bereits bestehenden Dienstverhältnis so zusammenhängen, dass die aus dem Stipendium resultierenden Einnahmen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören. Beachten Sie: Dies ist der Fall, wenn die Forschungsarbeit für den Stipendiaten eine Leistung im Rahmen seines Dienstverhältnisses darstellt und der Bezug des Stipendiums durch diese dienstliche Tätigkeit veranlasst ist. Dementsprechend liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auch vor, wenn der Arbeitnehmer von Dritten ein Preisgeld für eine Leistung erhält, die er i.R.d. Dienstverhältnisses erbringt[16].

2. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit

Bezug des Stipendiums für sich allein begründet keinen freiberuflichen Betrieb: Ein Forschungsstipendiat erbringt zwar eine wissenschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Diese Tätigkeit wird aber nicht gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten. Ein Stipendium ist nicht auf einen Leistungsaustausch gerichtet, sondern wird uneigennützig vergeben, so dass der Bezug eines Stipendiums für sich allein mangels einer auf Leistungsaustausch gerichteten Tätigkeit keinen freiberuflichen Betrieb begründen kann.

Besteht aber bereits ein freiberuflicher Betrieb, kommt es nicht darauf an, ob das Stipendium ein Entgelt für eine betriebliche Leistung bildet. Auch unentgeltliche Zuwendungen sind Betriebseinnahmen, sofern diese betrieblich veranlasst sind. Besteht ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit einem bestehenden Betrieb, weil das geförderte Studien- oder Forschungsvorhaben der selbständigen Erwerbstätigkeit dient, sind die Einnahmen aus dem Stipendium Betriebseinnahmen. Dementsprechend ist das einem Mitunternehmer gewährte Stipendium als Sonderbetriebseinnahme i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 S. 2 EStG zu erfassen, wenn die durch das Stipendium geförderte Tätigkeit des Mitunternehmers i.R.d. Mitunternehmerschaft mit deren Mitteln betrieben wird[17]. Beachten Sie: Insoweit ist auch unerheblich, ob zuvor zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger eine Geschäftsbeziehung bestanden hat. Entsche...

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