Nicht unmittelbar der Vermietung dienende Umsätze: So gelten die dort aufgeführten Grundsätze z.B. auch bei der in den letzten Jahren viel diskutierten Bestimmung des Steuersatzes bei Beherbergungsleistungen und den dazu gehörigen Nebenleistungen. Bei diesen sollen die Beherbergungsumsätze gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 1 UStG dem reduzierten Steuersatz unterfallen, während die nicht unmittelbar der Vermietung dienenden Umsätze hiervon gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG ausgenommen sein, also dem vollen Steuersatz unterfallen sollen. Dies selbst dann, wenn es sich, wie beim Frühstück,[16] um eine Nebenleistung zur Beherbergung handelt.[17] Dieses Verständnis dürfte sich nun endgültig erledigt haben.

A.A. der BFH: Der BFH (hier der V. Senat) scheint hingegen davon auszugehen, dass sich aus dem Urteil des EuGH für diese Fälle keine Auswirkungen ergeben.[18] So geht er im Urteil vom 17.8.2023 auf die Vorschrift des Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL ein, die die Mitgliedstaaten ermächtigt, zusätzlich zu den in Art. 135 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL geregelten Ausnahmen von der Steuerbefreiung der Vermietung von Grundstücken, weitere Ausnahmen vorzusehen. Zur Ausübung dieser Ermächtigung bedürfe es einer gesetzlichen Regelung, "die in eindeutiger Weise ein Aufteilungsgebot begründet (vgl. z.B. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG)."[19] Hiermit scheint er das "Aufteilungsgebot" bei den Leistungen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG – zumindest diesem obiter dictum zufolge – wohl für unionsrechtskonform zu halten.

Keine Ermächtigung bzgl. Steuersatz: Hierbei ist u.E. bereits fraglich, wie eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten (weitere) Ausnahmen von der Steuerbefreiung vorzusehen (Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL) zur Einführung einer Ausnahme beim Steuersatz einer steuerpflichtigen Leistung (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG) ermächtigen soll (in deren Folge dann die Leistung nach Steuersätzen aufzuteilen sein soll).

Grundsätze des EuGH gelten für alle Nebenleistungen: Außerdem dürften die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 4.5.2023 so zu verstehen sein, dass der Grundsatz der einheitlichen Leistung bei einer steuerfreien Grundstücksvermietung als Hauptleistung dazu führt, dass alle Nebenleistungen ebenfalls steuerfrei sind. Also sowohl die Nebenleistungen, die als selbständige Leistungen nach Art. 135 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL steuerpflichtig wären, als auch die Nebenleistungen, die als selbständige Leistungen nach Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL steuerpflichtig sein könnten, wenn ein Mitgliedstaat weitere Ausnahmen zugelassen hätte. Es ist nicht erkennbar, dass der EuGH sagen wollte, der Grundsatz der einheitlichen Leistung führe nur für die erstgenannten Nebenleistungen zu einer einheitlichen Beurteilung der Gesamtleistung, bei den letztgenannten Nebenleistungen hingegen nicht.[20] Es gilt: Nebenleistung ist Nebenleistung.[21]

Dementsprechend hatte der XI. Senat des BFH in einem Beschluss vom 7.3.2022 ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das "Aufteilungsgebot" bei Beherbergungsumsätzen mit dem Unionsrecht vereinbar sei.[22] Es wird interessant sein zu sehen, ob und ggf. wie sich der XI. Senat zu den Ausführungen des V. Senats positionieren wird.

[18] Vgl. auch Tsyganov/Tillmanns, DStRK 2023, 262.
[20] Der Grundsatz der einheitlichen Beurteilung einheitlicher Leistungen gilt nota bene auch dann, wenn ein Mitgliedstaat zwar von der in Art. 98 MwStSystRL vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, für bestimmte in Anhang III zur MwStSystRL genannte Tätigkeitskategorien einen ermäßigten Steuersatz vorzuschreiben, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aber auf einzelne Tätigkeiten der genannten Kategorien beschränkt. Das ist lt. EuGH möglich (vgl. z.B. EuGH v. 6.5.2010 – C-94/09 – Kommission/Frankreich, UR 2010, 454), heißt aber auch in diesen Fällen nicht, dass die Grundsätze der einheitlichen Leistungen hiervon verdrängt werden. Vgl. von Streit, UStB 2014, 19 (22).
[21] Käme der BFH also in den beiden anhängigen Verfahren mit den Az. V R 15/21 (vorhergehend: FG Münster v. 6.4.2021 – 5 K 3866/18 U, juris) und XI R 8/21 (vorhergehend: FG Niedersachsen v. 25.2.2021 – 11 K 201/19, juris) abweichend von den Vorentscheidungen zum Ergebnis, dass die Lieferungen von Energie durch einen Vermieter Nebenleistungen zur steuerfreien Hauptleistung der Wohnraumvermietung darstellten (was vor dem Hintergrund des – schwer verständlichen – Urteils des EuGH v. 16.4.2015 – C-42/14 – Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie, UR 2015, 427, unklar ist), wäre u.E. nicht ersichtlich, warum diese Nebenleistungen nicht ebenso zu behandeln sein sollten wie die steuerfreie Hauptleistung. Ebenso Abschn. 4.12.1. Abs. 5 S. 1 UStAE.
[22] BFH. v. 7.3.2022 – XI B 2/21 (AdV); weitere Verfahren sind unter den Az. XI R 11/23 (XI R 34/20), XI R 12/23 (XI R 35/20), XI R 13/23 (XI R 7/21)...

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