Leitsatz

1. Erzielt ein Kind gewerbliche Einkünfte und steht ihm hinsichtlich der Gewinnermittlungsart ein Wahlrecht zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der Einnahme-Überschuss-Rechnung zu, so kann dieses Wahlrecht auch bei der für die Kindergeldfestsetzung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 notwendigen Ermittlung der Einkünfte des Kindes nur vom Kind und nicht vom Kindergeldberechtigten ausgeübt werden.

2. Hat das Kind das Gewinnermittlungswahlrecht wirksam ausgeübt, so ist die gewählte Gewinnermittlungsart sowohl im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung gegenüber dem Kind als auch im Rahmen der Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten der Ermittlung der Einkünfte des Kindes zugrunde zu legen.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 2, § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002

 

Sachverhalt

Die Klägerin bezog Kindergeld für ihren volljährigen Sohn S, der sich in Ausbildung befand. S erzielte 2006 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er mit einem am 10.4.2008 erstellten Jahresabschluss gem. § 4 Abs. 1 EStG ermittelte, den er beim zuständigen FA einreichte. Danach ergab sich ein Verlust in Höhe von 8.964 EUR.

Der Familienkasse erklärte die Klägerin dagegen einen gewerblichen Verlust von 12.437 EUR, der mittels Einnahme-Überschuss-Rechnung vom 11.4.2008 ermittelt worden war. Die Familienkasse setzte den durch Abschluss ermittelten Verlust von 8.964 EUR an, errechnete danach Einkünfte und Bezüge in Höhe von 8.861 EUR und hob die Kindergeldfestsetzung für 2006 wegen Grenzbetragsüberschreitung gem. § 70 Abs. 4 EStG auf.

Das Niedersächsische FG wies die Klage als unbegründet ab (Urteil vom 13.12.2011, 14 K 82/11, Haufe-Index 3304418), weil S sein Gewinnermittlungswahlrecht durch die Aufstellung des Jahresabschlusses ausgeübt habe und daher auch im Kindergeldfestsetzungsverfahren an die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG gebunden sei.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Nach der im Veranlagungszeitraum 2011 ausgelaufenen Grenzbetragsregelung waren volljährige Kinder in der Berufsausbildung nur zu berücksichtigen, wenn Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag nicht überschritten, der sich 2006 auf 7.680 EUR belief.

2.Einkünfte i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechen der Definition in § 2 Abs. 2 EStG. Dies gilt sowohl für deren Höhe als auch für die zeitliche Zuordnung. Das Zuflussprinzip hat daher keine Bedeutung, wenn Gewinneinkünfte durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln sind.

3. Der Einkommensteuerbescheid des Kindes bindet die Familienkasse nicht; er ist insbes. kein Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO. Ein fehlerhafter Einkommensteuerbescheid beschwert daher auch nicht die Kindergeldberechtigten.

4.Bindungswirkung haben aber die vom Kind wirksam ausgeübten steuerlichen Wahlrechte; sie sind bei der Grenzbetragsberechnung zu übernehmen. Der Kindergeldberechtigte kann mithin nicht im Kindergeldfestsetzungsverfahren selbst das dem Einkünfte erzielenden Kind zustehende Wahlrecht ausüben.

5. Wenn ein Gewerbetreibender nicht zur Buchführung verpflichtet ist, entfällt das Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zwar nicht bereits mit der Einrichtung der Buchführung zum Beginn des Wirtschaftsjahrs, wohl aber mit der Erstellung des Abschlusses. Spätestens mit der Übersendung des Abschlusses an das FA steht die Wahlrechtsausübung fest. Eine dem Abschluss zeitlich nachfolgende Einnahme-Überschuss-Rechnung ist wegen Wahlrechtsverbrauchs wirkungslos.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.12.2012 – III R 33/12

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