Rz. 103

[Autor/Stand] In der Regierungsvorlage zum Jahressteuergesetz 1997 v. 24.5.1996[3] war zusammengefasst Folgendes vorgesehen:

 

Rz. 104

[Autor/Stand] (1) Die Einheitsbewertung in Form der allgemeinen Feststellung der Werte des Grundbesitzes zu einem bestimmten Hauptfeststellungszeitpunkt sollte – soweit es um deren Maßgeblichkeit für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke sowie für grunderwerbsteuerliche Zwecke ging – abgeschafft werden. An ihre Stelle sollte eine Bedarfsbewertung treten, d.h. die gesonderte Feststellung von Grundbesitzwerten, wenn sie für die Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer benötigt wurden.

 

Rz. 105

[Autor/Stand] (2) In Bezug auf die Bedarfsbewertung sollte

(a) der Wert unbebauter Grundstücke auf der Grundlage der Bodenrichtwerte geschätzt werden; die Bodenrichtwerte sollten von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch ermittelt werden;

(b) der Wert bebauter Grundstücke aus der Summe des Bodenwerts und des Gebäudewerts errechnet werden. Bei der Ermittlung des Gebäudewerts sollte von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen vom 1.1.1996 je qm Wohn-/Nutzfläche oder je Kubikmeter umbauten Raumes auszugehen sein.[6]

 

Rz. 106

[Autor/Stand] (3) Das VStG sollte mit Wirkung v. 1.1.1997 aufgehoben und Vermögensteuer nicht mehr erhoben werden.

 

Rz. 107

[Autor/Stand] Die Problematik dieser Regierungsvorlage bestand u.a. darin, dass die Bundesregierung im Bundesrat keine Mehrheit für die Aufhebung des Vermögensteuergesetzes erwarten konnte. Das Ringen um die Neukonzeption der Bewertung für Zwecke der Vermögensteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde erst am 6.12.1996 im Vermittlungssausschuss mit den folgenden Änderungen des BewG durch das Jahressteuergesetz 1997 v. 20.12.1996[9] beendet.[10]

 

Rz. 108

[Autor/Stand] Zur Vermögensteuer: Da der Gesetzgeber die ihm im "Vermögensteuerbeschluss" des BVerfG[12] eingeräumte Möglichkeit, die realitätsfernen und damit verfassungswidrigen Bemessungsgrundlagen zur Vermögensteuer entsprechend den Vorgaben des BVerfG ab 1.1.1997 neu zu regeln, nicht wahrgenommen hat, kann die Vermögensteuer ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erhoben werden. Deshalb konnten die Vorschriften des Bewertungsgesetzes über das "Sonstige Vermögen" und über die Ermittlung des Gesamtvermögens gestrichen werden.

 

Rz. 109

[Autor/Stand] Einstweilen frei

 

Rz. 110

[Autor/Stand] Keine Änderung in Bezug auf die Grundsteuer: Im JStG 1997 wurde die Einheitsbewertung des Grundbesitzes ungeachtet der im Schrifttum seit Langem geforderten Abschaffung bzw. Ersetzung durch ein einfacheres Verfahren für Zwecke der Grundsteuer beibehalten. Dementsprechend galten – und gelten bis zum Ablauf des Jahres 2024 – in Bezug auf die Grundsteuer die "Besonderen Bewertungsvorschriften" im Zweiten Teil des BewG (§§ 19 bis 94, 99 BewG) fort. Entsprechendes galt und gilt bis zum Ablauf des Jahres 2024 auch für die in den neuen Bundesländern für den Grundbesitz heranzuziehenden Ersatzwirtschaftswerte und Ersatzbemessungsgrundlagen (vgl. §§ 125 ff. BewG i.V.m. § 42 GrStG). Zur neueren Rechtsentwicklung vgl. aber unten, Rz. 399 ff.

 

Rz. 111

[Autor/Stand] Bis zum Ablauf des Jahres 2024 besteht daher die missliche Lage, dass für Zwecke der Grundsteuer nach wie vor die Einheitswerte nach den Wertverhältnissen auf den 1.1.1964 bzw. – in den neuen Bundesländern – auf den 1.1.1935 maßgebend sind. Das BVerfG hatte sich in seinen Beschlüssen vom 22.6.1995[16] zur Rechtslage bei der Grundsteuer nicht geäußert und nicht äußern müssen, weil die Grundsteuer nicht Gegenstand der beiden vor dem BVerfG anhängigen Verfahren war. Zur neueren Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Gesetzgebung vgl. aber unten, Rz. 410 ff.

 

Rz. 112

[Autor/Stand] Zwar kann den auf der Grundlage dieser anachronistischen Wertverhältnisse festgesetzten Grundsteuermessbeträgen dadurch entgegengewirkt werden, dass die gemeindlichen Grundsteuerhebesätze entsprechend angehoben werden. Dies vermag aber nichts an dem fortbestehenden gravierenden und vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) inakzeptablen Mangel zu ändern, dass es mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Jahrzehnte zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkt innerhalb des Grundbesitzes und der verschiedenen Grundstücksarten zu immer größer werdenden Wertverzerrungen und Ungleichmäßigkeiten kommt (vgl. näher dazu unten Rz. 399 ff.). Letzteres zeigt sich allein schon an dem Umstand, dass die rechnerische Absetzung für Abnutzung, die zu den Wertverhältnissen gehört (§ 27 BewG in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung), seit 1964 nicht mehr fortgeführt werden konnte, so dass beispielsweise ein 1963 erbautes Haus und ein 2020 errichtetes Gebäude ceteris paribus gleich hohe Einheitswerte erhalten. Der BFH hatte im Übrigen unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG noch im Beschluss v. 8.2.2000 – II B 65/99[18] die Auffassung vertreten, dass das unters...

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