Tz. 115

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Der Nießbraucher gilt gem § 20 Abs 5 S 3 EStG als AE, wenn ihm die Einnahmen iSd § 20 Abs 1 Nr 1 oder 2 EStG zuzurechnen sind. Zur Frage, wann dem Nießbraucher die Dividenden zuzurechnen sind, enthielt das EStG vor seiner Änderung durch das StandOG jedoch keine Aussage.

Für wichtige Teilbereiche hat die Rspr Leitlinien erarbeitet, die auch die Fin-Verw anwendet (s Schr des BMF v 23.11.1983, BStBl I 1983, 508 und v 24.07.1998, BStBl I 1998, 914). Danach ist wie folgt zu unterscheiden:

a) Vorbehaltsnießbrauch (Unentgeltlicher Übergang des KapV im Wege der Schenkung; Rückbehalt des Anspruchs auf die Dividenden): Zurechnung der Einnahmen beim Nießbraucher (s Schr des BMF v 23.11.1983, BStBl I 1983, 508 Rn 55 und s Urt des BFH v 14.12.1976, BStBl II 1977, 115). Offen gelassen s Urt des BFH v 28.01.1992 (BStBl II 1992, 605) und v 29.05.2001 (BFH/NV 2001, 1393).
b) Vermächtnisnießbrauch (Erbe erhält das KapV, muss aber kraft Verfügung des Erblassers die Dividende einem Dritten überlassen): Bestellt ein Erbe den Nießbrauch an einer Kap-Anlage auf Grund einer letztwilligen Verfügung, sind die Einnahmen dem Nießbraucher zuzurechnen (s Schr des BMF v 23.11.1983, BStBl I 1983, 508 Rn 55).
c)

Zuwendungsnießbrauch (Nießbrauchbesteller behält das KapV, überlässt aber die Dividenden einem anderen):

aa)

Nießbrauchbestellung nach dem 31.03.1977

Unentgeltlicher Nießbrauch: Zurechnung der Einnahmen bei dem Nießbrauchbesteller.
Entgeltlicher Nießbrauch: Der Nießbrauchbesteller hat das dafür vereinnahmte Entgelt als Kap-Ertrag nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a EStG zu versteuern. Der Nießbraucher zieht mit der an ihn gezahlten Dividende nur eine stlich nicht relevante Forderung ein.
bb)

Nießbrauchbestellung vor dem 01.04.1977

Ist ein Zuwendungsnießbrauch vor dem 01.04.1977 bestellt worden, sind die Kap-Erträge dem Nießbrauchbesteller zuzurechnen, soweit sie nach dem 31.12.1983 zufließen. Dem Nießbraucher sind vor dem 01.01.1984 zugeflossene Kap-Erträge zuzurechnen, wenn die Beteiligten einen entspr Antrag iSd Übergangsregelung in dem Schr des BMF v 25.05.1981 (BStBl I 1981, 335) gestellt haben.

Das FG Münster (s Urt des FG Münster v 14.01.2003, EFG 2003, 690) hat die Bestellung eines Zuwendungsnießbrauchs an einem GmbH-Anteil mit stlicher Wirkung nicht anerkannt, dh die Einnahmen waren weiterhin dem Nießbrauchbesteller zuzurechnen, da dem Nießbraucher nur das Gewinnbezugsrecht, nicht jedoch auch wes Mitverwaltungsrechte, zB Stimmrecht, übertragen wurden. Ebenfalls hierzu s Kussmann (GmbH-StB 2003, 250). Wegen des Nießbrauchs an einem Kap-Ges Anteil nach der UntStRef s Schulze zur Wiesche (DB 2008, 2728), weiter s Fricke (GmbHR 2008, 739).

Wegen der Behandlung nießbrauchbelasteter Gesellschaftsanteile bei der Umstrukturierung von Familiengesellschaften s Baßler (Ubg 2011, 863). Baßler setzt sich zugleich krit mit den vorstehend erläuterten Verw-Grundsätzen zur Eink-Zurechnung auseinander.

 

Tz. 116

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Mit dem StandOG hat der Gesetzgeber in den damals eingefügten § 20 Abs 2a (heute: Abs 5) EStG erstmals eine ges Aussage dazu getroffen, wer eine Dividende zu besteuern hat. Die Eink-Zurechnungsregel der S 1 und 2 des § 20 Abs 5 EStG ist genereller Natur. Danach muss stets derjenige die Dividende versteuern, dem die Anteile (Stammrecht) in dem Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschl nach § 39 AO zuzurechnen sind. Dazu im Einzelnen s Tz 214 ff.

Wenn der S 3 des § 20 Abs 5 EStG, der unverändert aus dem früheren § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 S 2 EStG übernommen wurde, erklärt, dass ein Nießbraucher oder Pfandgläubiger, wenn ihm die Dividenden zuzurechnen sind, als AE gilt, dann ist zu prüfen, ob sich daraus eine von der Grundregel des § 20 Abs 5 S 1 und 2 EStG abw stliche Zurechnung von Dividenden ergeben kann.

 

Tz. 117

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Jochum (in K/S/M, § 20 EStG RnB 56 ff) führt – uE zutr – aus, dass die Bestellung eines Nießbrauchs an einer Beteiligung keine von den allgemeinen Grundsätzen abw Zurechnung der Kap-Erträge rechtfertigt. Dividenden als Ertrag des eingesetzten KapV sind vom Inhaber des Stammrechts und nicht vom Nießbrauchsberechtigten zu versteuern. In der stlichen Wertung kann – entgegen der früheren Rspr des BFH und der in Tz 115 erwähnten Verw-Anw – nicht zwischen Zuwendungs- und Vorbehaltsnießbrauch und auch nicht zwischen entgeltlicher oder unentgeltlicher Nießbrauchbestellung unterschieden werden.

Auch Milatz/Sonneborn (DStR 1999, 137, 142) kritisieren die von der Fin-Verw vorgenommene Beurteilung des Nießbrauchs in Abhängigkeit von der jeweiligen Art des Nießbrauchs. IE kommt es für die Zurechnung der Eink auf den Umfang und die tats Ausübung der Mitwirkungsrechte des Nießbrauchers sowie auf das Kap-Anlagerisiko an. Krit zu der Differenzierung durch die Fin-Verw ebenfalls s Reichert/Schlitt/Düll (GmbHR 1998, 565, 571).

 

Tz. 118

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Das bedeutet uE, dass die Regelung des § 20 Abs 5 S 3 EStG eine Leerformel ist. Dieser Satz gibt lediglich die unzutr V...

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