Tz. 183

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Bei Leistungen einer nicht von der KSt befreiten Stiftung ergibt sich ein Konkurrenzverhältnis zwischen § 20 Abs 1 Nr 9 EStG und § 22 Nr 1 EStG. Bis zur Einf des § 20 Abs 1 Nr 9 EStG durch das StSenkG waren Leistungen einer nicht von der KSt befreiten Stiftung unter den Voraussetzungen des § 22 Nr 1 EStG als sonstige Leistungen zu besteuern (s Urt des BFH v 14.07.2010, BStBl II 2014, 320).

 

Tz. 184

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis ist bisweilen nicht eindeutig geklärt. Nach Verw-Auff (s Schr des BMF v 27.06.2006, BStBl I 2006, 417) fallen unter § 20 Abs 1 Nr 9 EStG alle wiederkehrenden oder einmaligen Leistungen, die durch Beschl-Akt des Stiftungsorgans aus den Erträgen der Stiftung an die Destinatäre ausgekehrt werden. Die Rspr der FG und der hiernach ergangene Diskurs im Schrifttum brachte lange Zeit keine Klärung (s Urt des FG SchlH v 07.05.2009, EFG 2009, 1558; FG B-Bbg v 16.09.2009, EFG 2010, 55; Kirchhain, ZSt 2004, 22 und BB 2006, 2387; Freundl, DStR 2004, 1509, 1513; Jansen/Gröning, StuW 2003, 140; Kußmaul/Meyering, ZSteu 3/2004, 41, 43; Wassermeyer, DStR 2006, 1733, 1734; Orth, DStR 2001, 325, 333; und Kellersmann/Schnitger, IStR 2005, 253, 258).

 

Tz. 185

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Die bisherige Rspr des BFH hat die Frage nicht vollends geklärt (Urt des BFH v 03.11.2010, BStBl II 2011, 417; Urt des BFH v 28.02.2018, DStRE 2018, 857). Nach der Rspr des BFH fallen zumindest Leistungen einer Stiftung, deren Leistungsverhalten durch die Destinatäre und den Stifter beeinflusst wird, unter § 20 Abs 1 Nr 9 EStG. Wie in Fällen zu entscheiden ist, in denen eine solche Einflussnahme fehlt, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, da es im Streitfall nicht klärungsbedürftig war. Festzuhalten ist allerdings, dass der BFH zur Einordnung von Eink nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG der "wirtsch Vergleichbarkeit mit Leistungen nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG" konsequent hohes Gewicht einräumt. Das ges Leitbild einer Vermögensmasse und die damit verbundenen Rechtsverhältnisse sind damit nicht unmittelbar entscheidungserheblich, sondern nur soweit diese die wirtsch Verhältnisse beeinflussen. UE kommt es nicht darauf an, ob Destinatäre oder Stifter Einfluss auf das Leistungsverhalten der Stiftung nehmen können. Entsch ist nur, dass ein Beschl-Akt der entspr Stiftungsorgane eine Auskehrung von Überschüssen beschließt. AE einer Kap-Ges können zwar typischerweise auf das Ausschüttungsverhalten der Kap-Ges Einfluss nehmen. Dies ist jedoch keineswegs zwingend (zB bei Stimmrechtsausschluss). Können AE keinen Einfluss nehmen, stellen GA gleichwohl Eink aus KapV nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG dar.

 

Tz. 186

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

In jüngster Zeit sind wieder vermehrt Urt der FG zur Einordnung von Stiftungsleistungen ergangen:

  • FG Münster v 16.01.2019 (EFG 2019, 1010); rkr.
  • FG Nbg v 21.02.2019 (EFG 2020, 1610).
  • FG Rh-Pf v 31.07.2019 (EFG 2019, 1604); Rev unter I R 42/19 anh.
  • Sächs FG v 21.10.2020 (EFG 2021, 1590).
  • FG Nbg v 15.06.2021 (EFG 2022, 261); Rev unter I R 46/21 anh.
  • Hess FG v 25.05.2021 (EFG 2021, 1540).
  • FG HH v 20.08.2021 (EFG 2022, 241); Rev unter VIII R 25/21.

Von den genannten Urt ist insbes das des FG HH hervorzuheben. Denn während die anderen FG lediglich die Grundsätze des BFH v 03.11.2010 wiedergeben und letztlich (auch) auf eine Einflussnahme des Destinatärs auf das Leistungsverhalten der Stiftung abstellen, lässt das FG HH – uE zutr – die Auszahlung aus den Erträgen der Stiftung (sprich: Einkommensverwendung der Stiftung) ausreichen.

 

Tz. 187

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Das FG Nbg geht in seinem Urt v 21.02.2019 (Az 6 K 719/18) auch dann von Bezügen iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG aus, wenn es sich um Versorgungsbezüge an Destinatäre handelt, die auch dann von der Stiftung zu leisten sind, wenn nicht ausreichende Erträge erwirtschaftet wurden. Dies sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Bezieher der Versorgungsleistungen auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung Einfluss nehmen können. Der Auff des FG Nbg ist uE zuzustimmen. Denn bei auch bei andere Kö-St-Subjekten ist für die Besteuerung auf Ebene des AE völlig unerheblich, ob für die Leistung ausreichende Erträge erwirtschaftet worden sind. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Leistung aus dem Einlagekto stammt. Insbes bei vGA kommt es immer wieder vor, dass diese aus einem Bil-Verlust finanziert wird.

 

Tz. 188

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Es muss berücksichtigt werden, dass § 20 Abs 1 Nr 9 EStG in Bezug auf Stiftungen und die dahinterstehenden Destinatäre insbes Belastungsunterschiede zwischen Stiftungen/Destinatären und Kap-Ges/AE abbauen soll. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob die Destinatäre auf die Einkommensverwendung Einfluss nehmen können oder nicht. Die wirtsch Vergleichbarkeit soll insoweit nur sicherstellen, dass bei wirtsch Betrachtungsweise Erträge einer Stiftung auf nachgelagerter Ebene mit KapSt bzw mit ESt mit der Maßgabe des Teileink-Verfahrens belastet werden können. Demnach können auch L...

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