Tz. 74

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Soweit ein unter § 18 Abs 3 S 1 oder 2 UmwStG fallender Aufgabe- oder VG auch nach § 7 GewStG der GewSt unterliegt, stellt sich die Frage, ob § 7 GewStG oder § 18 Abs 3 S 1 und 2 UmwStG vorrangig ist.

Bejaht man einen Vorrang des § 7 GewStG ggü § 18 Abs 3 UmwStG, ist zweifelhaft, ob eine St-Ermäßigung nach § 35 EStG versagt werden kann, da § 35 EStG eine dem § 18 Abs 3 S 3 UmwStG entspr Regelung nicht enthält.

 

Tz. 75

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Nach § 16 Abs 1 S 2 EStG stellt der Gewinn, der bei der Veräußerung eines Teils eines MU-Anteils erzielt wird, lfd Gewinn dar. Dieser lfd Gewinn unterliegt lt hM nach § 7 S 1 GewStG der GewSt. Hierzu s Urt des BFH v 30.08.2007 (BFH/NV 2008, 109); s Sauter/Heurung/Babel (DB 2002, 1177, 1184); s Wacker (DStZ 2002, 460); s Förster (FR 2002, 649, 653 mwNachw); und s Vfg der OFD Ddf v 10.09.2002 (FR 2002, 1151). Gleichzeitig liegen uE auch die Voraussetzungen des § 18 Abs 3 S 2 UmwStG vor (s Tz 68). Der BFH (s Urt des BFH v 11.12.2001, BStBl II 2004, 474) scheint eine Anwendung des § 18 Abs 3 UmwStG dann zu verneinen, wenn ein lfd VG vorliegt, der bereits nach allg Grundsätzen der GewSt unterliegt. Auch in seinem Urt v 20.11.2006 (BStBl II 2008, 69); v 28.02.2013 (BFH/NV 2013, 1324); und v 28.05.2015 (BStBl II 2015, 837) sowie in seinem Beschl v 09.01.2009 (BStBl II 2011, 393) geht der BFH davon aus, dass § 18 Abs 3 UmwStG ggü §§ 2 und 7 GewStG subsidiär ist. Dies schließt nach Auff des BFH aber nicht aus, dass im Wege der teleologischen Reduktion der tragende Gedanke des § 18 Abs 3 UmwStG, das gewstliche Substrat zu erhalten, berücksichtigt wird. Daher führt uE auch das Urt des BFH v 24.09.2015 (BStBl II 2019, 591) zu keiner abw Lösung, da es dort um die Veräußerung von UV ging (s Tz 55). Demggü ist die Frage in dem Urt des BFH v 30.08.2007 (BFH/NV 2008, 109) offengelassen worden, da der BFH die GewStPflicht sowohl nach § 7 GewStG als auch nach § 18 Abs 3 UmwStG bejaht hat.

Nach Ansicht von Brandenberg (DStZ 2002, 551, 553) geht § 18 Abs 3 S 2 UmwStG dem § 7 S 1 GewStG vor. Dies entspr auch der uE zutr Verw-Auff (s UmwSt-Erl 2011 Rn 18.09) und s Tz 1. UE ist es nicht überzeugend, einerseits in § 18 UmwStG eine Spezialregelung zu sehen (s Tz 1), andererseits aber § 18 Abs 3 UmwStG ggü den anderen – generellen – Vorschriften des GewStG als subsidiär einzustufen. GlA s Trossen (DB 2007, 1373, 1374 und in R/H/vL, 3. Aufl, § 18 UmwStG Rn 96, 99); s Kloster/Wagner (GmbHR 2010, 385); s Schmitt (in S/H, 9. Aufl, § 18 UmwStG Rn 33); und s Schnitter (in F/D, § 18 UmwStG Rn 7 und 130). Nach Auff von Wacker (DStZ 2002, 460) geht § 7 S 1 GewStG dem § 18 Abs 3 S 2 UmwStG vor. Wacker will jedoch – uE im Ergebnis zutr – trotz der Verdrängung des § 18 Abs 3 S 1 und 2 UmwStG durch § 7 S 1 GewStG für die Ermittlung der St-Ermäßigung nach § 35 EStG § 18 Abs 3 S 3 UmwStG beachten. Rödder (DStR 2002, 939, 943) hingegen will offensichtlich bei einem Vorrang des § 7 S 1 GewStG die Regelung des § 18 Abs 3 S 3 UmwStG nicht anwenden. AA s Bohnhardt (in H/M/B, 5. Aufl, § 18 UmwStG Rn 121, 191).

Ab dem EHZ 2008 kann zusätzlich der geänderte § 35 Abs 1 S 3 EStG als Begr herangezogen werden, wonach eine St-Ermäßigung nicht in Betracht kommt, soweit diese nach anderen Vorschriften (hier: § 18 Abs 3 S 3 UmwStG) ausgeschlossen ist. GlA s Trossen (in R/H/vL, 3. Aufl, § 18 UmwStG Rn 99) und s Schnitter (in F/D, § 18 UmwStG Rn 130).

Wegen eines vergleichbaren Problems bei dem Gewinn aus der Veräußerung einer 100 %-Kap-Beteiligung als Teilbetrieb s Tz 64.

 

Tz. 76

Stand: EL 106 – ET: 06/2022

Nach § 7 S 2 GewStG unterliegt ein Gewinn aus der Aufgabe oder Veräußerung des (Teil-)Betriebs einer MU-Schaft (s § 7 S 2 Nr 1 GewStG) oder eines MU-Anteils (s § 7 S 2 Nr 2 GewStG) dann der GewSt, wenn er nicht auf natürliche Pers als unmittelbar beteiligte MU entfällt. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 7 S 2 GewStG s Urt des BFH v 22.07.2010 (BStBl II 2011, 511, die eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen, s Beschl des BVerfG v 10.04.2018 – Az: 1 BvR 1236/11).

Bezgl der auch in diesen Fällen auftretenden Konkurrenz zwischen § 18 Abs 3 S 1 und 2 UmwStG und § 7 S 2 GewStG gelten die vorstehenden Ausführungen (s Tz 75) entspr. Für einen Vorrang des § 18 Abs 3 UmwStG ggü § 7 S 2 GewStG sprechen sich wohl auch Füger/Rieger (DStR 2002, 1021, 1023) aus. Der BFH (s Urt des BFH v 28.05.2015, BStBl II 2015, 837) geht zwar von einer Subsidiarität des § 18 Abs 3 UmwStG ggü § 7 S 2 GewStG aus (s Tz 75), schließt aber eine teleologische Reduktion des § 35 EStG nicht aus. Im Urt-Fall kam eine teleologische Reduktion nicht in Betracht, da es sich bei der umgewandelten Kap-Ges um eine OG handelte und ein von dieser erzielter VG auf der Ebene der OT zu einer GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG geführt hätte. Ebenfalls hierzu s Tz 73, s Micker (KSR direkt 2015, 4) und s Weiss (GmbH-StB 2015, 282).

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