[Ohne Titel]

Dipl.-Fw. (FH) Pascal Bender[*]

Die Begründung eines Gerichtsurteils ist Ausfluss einer rechtsstaatlichen Justiz. Nach § 105 Abs. 5 FGO kann bei Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung jedoch von einer (weiteren) Darstellung der Urteilsgründe abgesehen werden. Nicht immer ist dies auch ausreichend und kann daher zu einem Revisionsgrund führen. Der Beitrag beleuchtet die Begründungspflicht allgemein sowie anknüpfend daran die Begründungserleichterung und deren Praxisprobleme.

[*] Der Autor ist Diplom-Finanzwirt (FH) und Mitarbeiter bei der auf das Umsatzsteuerrecht spezialisierten Steuerberatungsgesellschaft nesemann & grambeck in Norderstedt. Zuvor war der Autor mehrjährig in der Rechtsbehelfsstelle eines Hamburger Regionalfinanzamts tätig.

I. Einleitung

Gemäß § 105 Abs. 2 FGO gibt es diverse Mindestinhalte, die ein FG-Urteil aufweisen muss. Dazu gehören insb. auch die Entscheidungsgründe (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO). Daraus ergibt sich folglich eine Begründungspflicht des Urteils.

Da eine fehlende Begründung einen absoluten Revisionsgrund i.S.d. § 119 Nr. 6 FGO darstellt und ein Fehlen deswegen verfahrensrechtlich folgenreich ist, stellen sich mit Hinblick auf die Anwendung der Begründungserleichterung (§ 105 Abs. 5 FGO) nicht selten diverse Praxisprobleme dahingehend, ob das jeweilige Urteil tatsächlich ordnungsgemäß begründet worden ist.

Nach einer kurzen Abhandlung zu Zweck und Funktion sowie zu den generellen Anforderungen an die Urteilsbegründung, werden deshalb typische Praxisprobleme und Fallkonstellationen, wo die Anwendung der Begründungserleichterung schnell einen Begründungsmangel verursachen kann, für die Beratungspraxis aufbereitet.

Beraterhinweis Der Beitrag soll insb. Praktikern im Steuerstreit dazu dienen, dass sie einen Begründungsmangel im Rahmen der Begründungserleichterung identifizieren und einer der Fallkonstellationen zuordnen können, um die Interessen der Mandanten auch im Rechtsmittelverfahren souverän durchsetzen zu können.

II. Grundlegendes zur Urteilsbegründungspflicht

1. Zweck und Funktion der Urteilsbegründung

Die Urteilsbegründung ist in gewisser Weise das Herzstück eines Urteils, dient sie – neben der richterlichen Selbstkontrolle – v.a. den Prozessbeteiligten dazu, um Kenntnis darüber zu erlangen auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Erwägungen das Urteil des FG beruht (BFH v. 9.2.2000 – VIII R 27/99 Rz. 11, juris; BFH v. 26.6.1975 – IV R 122/71 Rz. 9, juris).

Nur dann, wenn die Entscheidungsgründe auch bekannt sind, kann das Urteil durch die Prozessbeteiligten sinnvoll auf die Rechtmäßigkeit hin überprüft werden und besonders im Fall des (Teil-)Unterliegens abgewogen werden, ob die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung geboten erscheint oder man mangels hinreichender Erfolgsaussichten auf Rechtsmittel verzichtet. In gewisser Weise trägt die Urteilsbegründung demnach auch zur Schaffung von Rechtsfrieden bei, wenn die unterlegene Partei aufgrund einer überzeugenden Begründung des FG von Rechtsmitteln absieht.

Ebenfalls ist eine Urteilsbegründung unabdingbar, um dem BFH als Revisionsgericht im Rechtsmittelverfahren überhaupt eine rechtliche Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen.

Beraterhinweis Sollte das FG die Revision zulassen, so kann das Urteil im Allgemeinen mit dem Rechtsmittel der Revision angegriffen werden (§ 115 Abs. 1 FGO). Bei Nichtzulassung der Revision besteht die Möglichkeit, das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einzulegen, um die Zulassung der Revision durch den BFH selbst zu erreichen (§ 116 Abs. 1 FGO). Sofern das Urteil nicht bereits im Beschluss wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben wird, wird bei Stattgabe der Nichtzulassungsbeschwerde das Verfahren als Revisionsverfahren fortgeführt; es bedarf bei Stattgabe keiner weiteren Einlegung der Revision (§ 116 Abs. 7 S. 1 FGO).

2. Anforderungen an die Urteilsbegründung

Der Inhalt und v.a. der Umfang der Begründung eines Urteils können je nach Komplexität des jeweils verhandelten Streitstoffes variieren, richten sich jedoch generell nach den Besonderheiten des (Teil-)Rechtsgebiets und der konkreten Einzelfallumstände, wobei stets alle wesentlichen Streitpunkte verfahrensrechtlicher wie materiell-rechtlicher Art abzuhandeln sind (so auch Rauda in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 102 [08/2023]).

Insb. sind die wesentlichen tatsächlichen wie rechtlichen Erwägungen, die das Urteil stützen und zur richterlichen Überzeugungsbildung i.S.d. § 96 Abs. 1 S. 3 FGO beigetragen haben, herauszustellen, eigenständige Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten der Kläger- und Beklagtenseite nicht zu übergehen und die Würdigung erhobener Beweise wiederzugeben. Im Zweifel gehört dazu auch, dass (zumindest kurz) dargelegt wird, weshalb – insb. bei Ablehnung von Beweisanträgen der Parteien – vom FG kein Beweis erhoben worden ist (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 17 [09/2023]).

III. Die Begründungserleichterung nach § 105 Abs. 5 FGO

1. Anwendungsmöglichkeit von § 105 Abs. 5 FGO

Die vorstehenden Ausführungen gaben einen kurzen Überblick über die Urteilsbegründungspflicht im Allgemeinen und zeigen zum einen die Wichtigkeit dieser für die Prozessbeteiligten, deuten zum anderen jedoch auch bereits die Hera...

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