Gesetzestext

 

1Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. 2Forderungen, die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind, sind nach dem Kurswert, der zur Zeit der Verfahrenseröffnung für den Zahlungsort maßgeblich ist, in inländische Währung umzurechnen.

1. Systematik und Regelungszweck

 

Rn 1

Da das Insolvenzverfahren nur zu einer anteilsmäßigen Befriedigung der Gläubiger in Geld führen kann, teilnahmeberechtigt aber alle Insolvenzgläubiger sind, denen ein irgendwie gearteter Vermögensanspruch gegen den Schuldner zusteht (§ 38 Rn. 14), der nicht zwangsläufig auf Geld gerichtet sein muss, ist eine einheitliche Umrechnung aller Ansprüche unabdingbar. Nur hierdurch können die Ansprüche der beteiligten Sachgläubiger entsprechend der Quote gekürzt und eine Privilegierung verhindert werden. Eine Schätzung bzw. Umrechnung der Ansprüche in bestimmte, miteinander vergleichbare Geldbeträge ist zwingende Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilnahme am Verfahren.[1] Zudem können die Mitwirkungsrechte der Gläubiger nur durch die Vergleichbarkeit der angemeldeten Forderungen hinreichend bestimmt werden (z. B. Stimmrechte).

 

Rn 2

Im Bereich des § 45 gelten die unter § 41 Rn. 5 ff. dargestellten Grundsätze fort, so dass nur Forderungen von Insolvenzgläubigern erfasst sind. Insbesondere besteht keine Drittwirkung.[2]

 

Rn 3

Sowohl Schätzung als auch Umrechnung sind Sache des Gläubigers.[3] Dieser hat eine auf Euro lautende Forderung geltend zu machen. Bestreitet der Insolvenzverwalter die Berechnung der Forderung, gilt § 179. Im Streitfall hat der Gläubiger die gerichtliche Feststellung zu betreiben. Kosten für die Berechnung, die nur nachrangig gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 befriedigt werden, hat ebenfalls der Gläubiger zu tragen.[4]

 

Rn 4

Die endgültige Umwandlung des nicht auf Geld gerichteten Anspruchs in eine Geldforderung und die Bestimmung als Forderung in inländischer Währung erfolgen mit der Feststellung zur Tabelle.[5] Sie bleiben über die Beendigung des Verfahrens hinaus wirksam und sind irreversibel (s. Rn. 13 und 16). Die Inhaltsänderung tritt nicht schon mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst mit der Eintragung der festgestellten Forderung in die Insolvenztabelle ein.[6]

 

Rn 5

Mit der Forderung gegen eine Gesellschaft werden auch die Ansprüche gegen die persönlich haftenden Gesellschafter auf eine Geldforderung umgestellt,[7] denn diese haften akzessorisch in dem jeweils gegenüber der Gesellschaft bestehenden Umfang.[8] Daher wirkt § 45 jedenfalls in diesem Verhältnis auch gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern; dies ist zwingende Folge der Akzessorietät.

 

Rn 6

Anders ist dies gegenüber mithaftenden Dritten, die im Fall einer nicht auf Geld gerichteten Forderung nur Zug um Zug gegen Herausgabe der erhaltenen Quote vom Hauptgläubiger in Anspruch genommen werden können; eine Drittwirkung gegenüber diesen Beteiligten scheidet aus.

[1] BegrRegE, BT-Drs. 12/2443, S. 124.
[2] MünchKomm-Bitter, § 45 Rn. 50, dort auch zu Folgen für die Haftung Dritter.
[3] BGH ZIP 1989, 926 [BGH 22.06.1989 - IX ZR 164/88] (928 f.).
[4] HambKomm-Lüdtke, § 45 Rn. 21.
[5] BGH NJW 1976, 2264; LG Köln ZIP 1988, 112 (113).
[6] BGH KTS 1976, 297 (298); Jaeger-Weber, § 164 Rn. 10.
[7] Uhlenbruck-Knof, § 45 Rn. 28.
[8] Lehre von der einheitlichen Verpflichtung, BGHZ 23, 302 (305 f.).

2. Schätzung (§ 45 Satz 1)

2.1 Voraussetzungen

2.1.1 Nicht auf Geld gerichtete Forderungen (§ 45 Satz 1, Alt. 1)

 

Rn 7

Der Schätzung unterfallen nach § 45 Satz 1, Alt. 1 alle nicht auf Geld gerichteten Insolvenzforderungen.[9] Hierbei handelt es sich um Ansprüche auf eine Leistung, Handlung oder Übereignung von Sachen und Bestellung von Rechten, sofern sie aus dem Vermögen des Schuldners zu erbringen sind. Dazu zählen insbesondere[10]:

  • Verschaffungs- und Herausgabeansprüche,[11]
  • Ansprüche auf Nachbesserung und Mangelbeseitigung nach §§ 439, 634 ff. BGB,[12]
  • Ansprüche auf Trennung wesentlicher Bestandteile,
  • Ansprüche auf vertretbare Handlungen (§ 887 ZPO),
  • Ansprüche gegen den insolventen Schuldner auf Befreiung von einer Verbindlichkeit, die gegenüber einem Drittgläubiger besteht. Tritt der vom insolventen Schuldner Freizuhaltende diesen Anspruch jedoch an seinen Gläubiger ab, so wird der Freihalteanspruch des Gläubigers zum Zahlungsanspruch des Drittgläubigers[13] gegen den Insolvenzschuldner. Dieser Zahlungsanspruch ist dann seinerseits wieder auf Geld gerichtet. Daher wird die Schätzung solcher Ansprüche regelmäßig die volle Höhe des Anspruchs ergeben, von dem der Insolvenzschuldner seinen Gläubiger freizuhalten hat. Die Quote sollte sodann unmittelbar an den Drittgläubiger ausgekehrt werden.[14]
 

Rn 8

Obwohl nicht auf Geld gerichtet, wird ein Unterlassungsanspruch nicht kapitalisiert. Hintergrund ist, dass die Vollstreckung regelmäßig nicht die Insolvenzmasse belastet, sondern stattdessen die ersatzweise Ordnungshaft greift, § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Unterlassungsansprüche sind daher nach h.M. keine Insolvenzforderungen im Rang des § 3...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge