Gesetzestext

 

(1) Wird der Insolvenzplan nicht zurückgewiesen, so leitet das Insolvenzgericht ihn zur Stellungnahme, insbesondere zur Vergleichsrechnung zu:

1. dem Gläubigerausschuß, wenn ein solcher bestellt ist, dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuß der leitenden Angestellten;
2. dem Schuldner, wenn der Insolvenzverwalter den Plan vorgelegt hat;
3. dem Verwalter, wenn der Schuldner den Plan vorgelegt hat.

(2) Das Gericht kann auch der für den Schuldner zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft oder anderen sachkundigen Stellen Gelegenheit zur Äußerung geben.

(3) 1Das Gericht bestimmt eine Frist für die Abgabe der Stellungnahmen. 2Die Frist soll zwei Wochen nicht überschreiten.

(4) 1Das Gericht kann den in den Absätzen 1 und 2 Genannten den Plan bereits vor der Entscheidung nach § 231 zur Stellungnahme zuleiten. 2Enthält eine daraufhin eingehende Stellungnahme neuen Tatsachenvortrag, auf den das Gericht eine Zurückweisungsentscheidung stützen will, hat das Gericht die Stellungnahme dem Planvorleger und den anderen nach Absatz 1 zur Stellungnahme Berechtigten zur Stellungnahme binnen einer Frist von höchstens einer Woche zuzuleiten.

1. Allgemeines, insbesondere Normzweck

 

Rn 1

Hat der Insolvenzplan – sofern nicht von der Möglichkeit des Abs. 4 Gebrauch gemacht wird – die gerichtliche Vorprüfung des § 231 ohne Zurückweisung passiert, so obliegt auch der nächste Schritt im Verfahren dem Insolvenzgericht, das zur Vorbereitung der Entscheidung der Gläubigerversammlung im Erörterungs- und Abstimmungstermin (§ 235) weitere Informationen in Form von Stellungnahmen zu beschaffen hat, damit die Gläubiger einen umfassenden und möglichst objektiven Einblick über Stärken und Schwächen der geplanten Abwicklung erhalten.[1] Die Vorschrift verfolgt damit gleich mehrere Zwecke:

  • Erstens will sie den Planbeteiligten eine möglichst breite Informationsgrundlage zur Verfügung stellen, auf deren Basis die Gläubiger dann über den Plan abstimmen sollen.[2]
  • Zweitens dient die Norm auch der Vorbereitung der Erörterung und Abstimmung über den Plan, da durch die Einholung von Stellungnahmen der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Institutionen und Personen bereits vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin frühzeitig etwaige Einwände gegen den Plan bekannt werden sollen und so gegebenenfalls noch beseitigt werden können, um die Chancen für die Annahme des Plans zu erhöhen.[3]
  • Drittens wird insbesondere durch die im Zuge des ESUG neu eingeführte Soll-Frist von zwei Wochen für die Abgabe der Stellungnahme (Abs. 3 Satz 2) eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht.
  • Viertens dient die Vorschrift, soweit sich das Gericht zu einem Vorgehen nach Abs. 4 entscheidet, der frühzeitigen Einbindung der in Abs. 1 Nr. 1 – 3 genannten Beteiligten bereits in das Vorprüfungsverfahren. Abs. 4 ist durch das SanInsFoG[4] mit Wirkung ab dem 01.01.2021 in die InsO eingefügt worden und geht letztlich auf einen Vorschlag der ESUG-Evaluierung zurück, der die in der Praxis monierte Kritik an der Regelungsreihenfolge der §§ 231, 232 aufnahm,[5] letztlich vom Gesetzgeber jedoch in modifizierter Weise umgesetzt wurde.[6]
 

Rn 2

Die Norm benennt in Abs. 1 zwingend einzuholende Stellungnahmen, während die in Abs. 2 erwähnten Institutionen nur fakultativ zu konsultieren sind. In der Praxis wird von der Möglichkeit, Stellungnahmen bei Berufsvertretungen, Kammern usw. einzuholen, nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht.

[1] So auch BGH, ZIP 2007, 784 ff. = ZInsO 2007, 436 ff. = WM 2007, 951 ff.
[2] BT-Drs. 12/2443, S. 204.
[3] Uhlenbruck-Lüer/Streit, § 232 Rn. 1; Brünkmans/Thole-Laroche, § 15 Rn. 2.
[4] BGBl. I 2020, 3256: Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts.
[5] ESUG-Evaluierungsbericht (Forschungsbericht, S. 194).
[6] RegE zum SanInsFoG, BT-Drs. 19/24181, S. 200.

2. Pflicht zur Einholung von Stellungnahmen (§ 232 Abs. 1)

 

Rn 3

Weist das Gericht den Plan nicht zurück, hat es den Insolvenzplan den in § 232 Abs. 1 Nr. 1–3 genannten Personen/Institutionen zuzuleiten.

Das Gericht ist verpflichtet, den Plan gemäß § 232 Abs. 1 Nr. 1 an den Gläubigerausschuss (§§ 67 ff.), den Betriebsrat (§§ 87 ff., 92 ff. und 106 ff. BetrVG) und den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten (SprAuG) zur Stellungnahme weiterzuleiten, sofern diese Institutionen existieren. Daneben ist der Plan entweder dem Schuldner (Abs. 1 Nr. 2) oder dem Verwalter (Abs. 1 Nr. 3) zur Stellungnahme zuzuleiten, je nachdem, wer von beiden den Plan aufgestellt hat. Aufgrund der durch das SanInsFoG in Abs. 1 vorgenommenen Ergänzung ("insbesondere zur Vergleichsrechnung") ist bei den Stellungnahmen seit dem 01.01.2021 ein besonderer Schwerpunkt auf die Vergleichsrechnung, die ein zentrales Planelement darstellt, zu legen. Mit der Hervorhebung der Vergleichsrechnung beabsichtigte der Gesetzgeber indes nicht, die Stellungnahmen hierauf zu verengen. Vielmehr soll weiterhin eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Plan erfolgen.[7]

 

Rn 4

Mit der von Amts wegen erfolgenden Zuleitung des Plans ist dessen vollständige Übersendung nebst Anlagen gemeint. Die...

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