Neuregelungen zum Insolvenz- und Sanierungsrecht

Das Insolvenz- und Sanierungsrecht steht aktuell unter besonderer Aufmerksamkeit von Gesetzgeber und Standardsetzern.

Am 31.10.2022 hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Abschaffung des Güterrechtsregisters und zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes bereits weitere Anpassung der Regelungen zum Sanierungs- und Insolvenzrecht verabschiedet (BGBl v. 8.11.2022, S. 1.966 ff.), die aber nur bis zum 31.12.2023 befristet sind.

Änderung bei Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung

Inhaltlich wird die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung nach § 15a InsO modifiziert. So ist der Prognosezeitraum für die sogenannte insolvenzrechtliche Fortführungsprognose von 12 auf 4 Monate herabgesetzt worden. Damit wird die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung nach § 15a InsO deutlich abgemildert. Die Regelung gilt auch für Unternehmen, bei denen bereits vor dem Inkrafttreten eine Überschuldung vorlag, der für eine rechtzeitige Insolvenzantragstellung maßgebliche Zeitpunkt aber noch nicht verstrichen ist. Wichtig ist jedoch, dass bereits ab dem 1.9.2023 der ursprüngliche Prognosezeitraum von 12 Monaten wieder relevant werden kann, wenn absehbar ist, dass auf Grundlage der ab dem 1.1.2024 wieder auf einen 12-monatigen Zeitraum zu beziehenden Prognose eine Überschuldung bestehen wird.

Die Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt von der Regelung unberührt.

Weitere Änderungen beim Insolvenzrecht

Zudem wurden die maßgeblichen Planungszeiträume für die Erstellung von Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen bis zum 31.12.2023 von 6 auf 4 Monate verkürzt. Die Höchstfrist für die Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung ist bis zum 31.12.2023 von derzeit 6 auf 8 Wochen hochgesetzt worden. Insolvenzanträge sind jedoch weiterhin ohne schuldhaftes Zögern zu stellen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Höchstfrist darf nicht ausgeschöpft werden, wenn zu einem früheren Zeitpunkt feststeht, dass eine nachhaltige Beseitigung der Überschuldung nicht erwartet werden kann. Die Höchstfrist zur Antragstellung wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt hingegen unberührt.

IDW-Standards zu Insolvenzen und Sanierungen sollen angepasst werden

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat im Dezember nun mehrere Verlautbarungen zur Anpassung der eigenen Standards im Zusammenhang mit Insolvenzen und Sanierungen herausgegeben.

Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen

Der BGH hat mit Urteil vom 28.6.2022 (II ZR 112/21) die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit konkretisiert. Mit dem veröffentlichten Entwurf einer Neufassung des IDW Standards Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW ES 11 n.F.) werden die Regelungen zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit sowie zu den Anforderungen an Cash-Pooling-Systeme aufgegriffen. Bisher sah der BGH zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit eine Art dynamische Bilanz vor, in der künftige Vermögenswerte (sog. Aktiva II) und künftige Verpflichtungen (sog. Passiva II) aufgeführt werden. IDW S 11 hat schon bisher die Ermittlung anhand eines Finanzplans präferiert. Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung stellt klar, dass die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit auf Basis eines Finanzplans bzw. mehrerer aufeinanderfolgender Plan-Finanzstatus zulässig ist. Der Entwurf ist auf der  Website des IDW abrufbar.

Anforderungen an Sanierungskonzepte

Ebenso wird in dem nun veröffentlichten Entwurf einer Neufassung des IDW Standards Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW ES 6 n.F.) klargestellt, dass soweit ESG-Aspekte für das Geschäftsmodell eines Unternehmens oder für dessen weitere Entwicklung relevant sind, darauf auch in Sanierungskonzepten detailliert einzugehen ist. Der Entwurf der Neufassung stellt zudem die Bedeutung von steuerlichen Aspekten für den Sanierungserfolg klarer als bisher heraus. So wird etwa klargestellt, dass im Sanierungskonzept insb. solche Steuern zu berücksichtigen sind, die durch oder im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen ausgelöst werden (bspw. Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG oder Ertragsteuern aufgrund eines Schuldenerlasses, wobei ggf. die Steuerfreiheit des Sanierungsertrages gemäß §§ 3a, 3c Abs. 4 EStG, 7b GewStG und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beachten sind).

Anforderungen an Insolvenzpläne

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) hat der deutsche Gesetzgeber auch Änderungen am Insolvenzplanverfahren vorgenommen. Das IDW hat mit dem Entwurf einer Neufassung des IDW Standards Anforderungen an Insolvenzpläne (IDW ES 2 n.F.) diese Änderungen aufgenommen und klarstellende Hinweise ergänzt. IDW ES 2 n.F. konkretisiert insb. eine Neuregelung zum Obstruktionsverbot: Gemäß § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO dürfen weder ein Nachranggläubiger noch ein Anteilsinhaber einen durch Leistung in das Vermögen des Schuldners nicht vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhalten. IDW ES 2 n.F. stellt klar, dass ein Anteilseigner einen nicht vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält, wenn er nicht mindestens den Wert den unbesicherten Gläubigern über die Plan-Insolvenzquote zur Verfügung stellt, der sich aus einem durch den (vorläufigen) Gläubigerausschuss oder durch die Gläubigerversammlung frei gegebenen M&A-Prozess aus belastbaren Angeboten von Investoren ergibt. Der Entwurf ist hier verfügbar. 

Zu allen Entwürfen können Stellungnahmen abgegeben werden bis zum 15.3.2023.

Schlagworte zum Thema:  IDW, Insolvenz, Sanierung