Zusammenfassung

Im Juli 2021 ist es durch Starkregen und Hochwasser 2021 bei vielen Unternehmen zu erheblichen Schäden und dadurch bedingte Betriebsunterbrechungen gekommen. Damit stehen bei einer Vielzahl von Betrieben eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit und die damit verbundene Insolvenzantragspflicht im Raum. Der Gesetzgeber hat darauf mit dem Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 reagiert.

"Ziel des vorgeschlagenen Gesetzes ist es, den geschädigten Unternehmen und ihren organschaftlichen Vertreterinnen und Vertretern Zeit zu geben, um die notwendigen Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen zu führen, wenn die Insolvenz durch mögliche öffentliche Hilfen, Entschädigungsleistungen, Versicherungsleistungen, Zins- und Tilgungsmoratorien oder auf andere Weise abgewendet werden kann." (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/FH_Aussetzung_Insolvenzantragspflicht.html) Deshalb sollen die betroffenen Unternehmen vorübergehend von der Pflicht befreit werden, einen Insolvenzantrag zu stellen. Durch § 1 wird die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt:

"Beruht der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, so ist die nach § 15a der Insolvenzordnung und § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt, solange die Antragspflichtigen ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen führen und solange dadurch begründete Aussichten auf Sanierung bestehen. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ist längstens bis zum 31. Januar 2022 ausgesetzt."

1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

Mit Inkrafttreten der neuen Insolvenzordnung (InsO) am 1.1.1999, die die Konkurs- und Vergleichsordnung in den alten Bundesländern sowie die Gesamtvollstreckungsordnung der neuen Bundesländer ablöste, wurden auch die Rechnungslegungspflichten in der Insolvenz neu geregelt. Ein Bedürfnis für eine Reform des Insolvenzrechts bestand insbesondere, da das bis dahin geltende Konkurs- und Vergleichsrecht wegen der Massearmut der Insolvenzen nicht mehr in der Lage war, die ihm gestellten Aufgaben zu erfüllen.[1] Ein Schwerpunkt der Insolvenzrechtsreform lag daher darin, Maßnahmen gegen die Massearmut einzuführen. Insbesondere mit dem neuen Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit[2] sollte der Weg für eine frühzeitige Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereitet werden. Weitere Zielsetzungen bildeten die Förderung der Sanierung, die Stärkung der Gläubigerautonomie, die gerechtere Verteilung der Insolvenzmasse sowie die Einführung eines speziellen Verfahrens für natürliche Personen[3] mit der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung[4].

 

Rz. 2

Allerdings wurde in den Folgejahren immer wieder versucht, Schwachstellen der InsO zu beseitigen. Beispielhaft seien genannt:[5]

  • das Insolvenzänderungsgesetz 2001,
  • das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom März 2012,
  • das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte 2014,
  • das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen 2017,
  • die novellierte Insolvenzordnung nach dem Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) und dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) 2021. So wurde beispielsweise der Prognosezeitraum für die Tatbestände der Überschuldung und der drohenden Zahlungsunfähigkeit gesetzlich konkretisiert und die Insolvenzantragsfrist teilweise verlängert (bei Überschuldung nun sechs Wochen).

    Das StaRuG als erster Teil des SanInsFoG sieht ein von der InsO unabhängiges Verfahren bei drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners innerhalb der nächsten 24 Monate zur Insolvenzvermeidung vor. Hierfür ist die Herbeiführung der Rechtshängigkeit des Restrukturierungssachverhalts durch Anzeige beim Restrukturierungsgericht herbeizuführen. In diesem Verfahren ist der Schuldner zur Vorlage eines Restrukturierungsplanes, der dem Insolvenzplan gemäß §§ 217 ff. InsO (vgl. Rz. 46 ff.) nachgebildet ist, berechtigt.

 

Rz. 3

Die InsO sieht eine Vielzahl von Rechnungslegungserfordernissen – hauptsächlich für den Insolvenzverwalter – vor: Ihn trifft eine dreifache Rechnungslegungspflicht. Er hat eine spezifisch insolvenzrechtliche (interne) Rechnungslegung einerseits und die allgemeine handels- und steuerrechtliche (externe) Rechnungslegung andererseits durchzuführen. Die insolvenzrechtliche Rechnungslegung ergibt sich dabei unmittelbar und ausschließlich aus der InsO. Die insolvenzspezifische Rechnungslegung des Insolvenzverwalters ergibt sich aus § 66 InsO und dient als Grundlage zur Information der Gläubiger, des Schuldners, des Insolvenzgerichts und des Insolvenzverwalters. Sie hat zu Beginn und bei Beendigung des Verfahrens sowie bei Feststellung der Masseunzulänglichkeit oder Wechsel des Insolvenzverwalters zu erfolgen.[6] Die allgemeine handels- un...

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