Entscheidungsstichwort (Thema)

Eröffnung des Konkursverfahrens in der Revisionsinstanz. Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits durch den Konkursverwalter. Passivprozess. GmbH & Co KG als Alleingesellschafterin einer GmbH. Sicherheit über den Inhalt eines von der Einpersonen-Gesellschaft gefassten Beschlusses. Schriftliche Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers. Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Protokollierungsgebot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird über das Vermögen des wegen eines Zahlungs- und eines Feststellungsbegehrens in Anspruch genommenen, in den Vorinstanzen unterlegenen Beklagten in der Revisionsinstanz das Konkursverfahren eröffnet, dann kann der unterbrochene Rechtsstreit von dem Konkursverwalter nur hinsichtlich des Zahlungsanspruchs und auch nur dann aufgenommen werden, wenn der Gemeinschuldner zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat; bezüglich des Feststellungsausspruchs liegt ein Passivprozeß vor, der nur nach Anmeldung des Begehrens mit einem gem KO § 69 geschätzten Wert unter den besonderen Voraussetzungen des KO § 146 aufgenommen werden kann.

2. Entscheidungen über Bestellung und Abberufung sowie Anstellung und Kündigung eines Geschäftsführers einer GmbH trifft die Gesellschafterversammlung; ist eine GmbH & Co KG Alleingesellschafterin der GmbH, faßt den Beschluß der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

3. Der Beschluß des Alleingesellschafters einer GmbH, dem Geschäftsführer fristlos zu kündigen, bedarf zu seiner Wirksamkeit nicht der Protokollierung nach GmbHG § 48 Abs 3, wenn die Kündigung schriftlich von ihm ausgesprochen worden ist und damit der Sinn der Vorschrift, Sicherheit über den Inhalt eines von der Einpersonen-Gesellschaft gefaßten Beschlusses zu schaffen und nachträgliche Manipulationen zu Lasten Dritter auszuschließen, mit der gleichen Gewißheit erreicht ist, als wäre eine Niederschrift nach GmbHG § 48 Abs 3 gefertigt worden.

 

Normenkette

KO § 10 Abs. 1 S. 1, §§ 240, 250, 146 Abs. 3, 6, § 139; ZPO § 240; GmbHG § 38 Abs. 1, § 46 Nr. 5, § 48 Abs. 3; BGB § 626 Abs. 2

 

Tenor

I.

1. Die von dem Beklagten erklärte Aufnahme des durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der T. GmbH unterbrochenen Rechtsstreits wird zurückgewiesen, soweit sich der Beklagte mit der Revision gegen die gerichtliche Feststellung wendet, daß der Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der T. GmbH nicht durch die fristlose Kündigung vom 18. Februar 1992 beendet ist und daß die T. GmbH verpflichtet ist, die Kosten des Dienstwagens, der Unfall- und der Direktversicherung des Klägers (Nr. 1., 3. und 4. des Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 10. November 1992) zu tragen. Im übrigen (Nr. 2. des genannten Urteils) ist die Aufnahme wirksam.

2. Die auf die Feststellung der Wirksamkeit der am 18. Februar 1992 ausgesprochenen Kündigung des Anstellungsvertrages gerichtete Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.

II.

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Juni 1993 aufgehoben, soweit der Beklagte den durch Konkurseröffnung unterbrochenen Rechtsstreit wirksam aufgenommen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren bleibt dem Schlußurteil des Senats vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Über das Vermögen der früheren Beklagten, der T. GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) ist während des Revisionsverfahrens das Konkursverfahren eröffnet worden. Der jetzige Beklagte ist zum Konkursverwalter bestellt worden und hat die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin war die A. M. GmbH & Co. KG. Der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH, der A. Werkzeug GmbH, war Herr H.-G. M. Dieser war neben dem Kläger auch in der Gemeinschuldnerin zum Geschäftsführer bestellt.

Nach seinem am 10. April 1989 geschlossenen und zunächst bis zum 31. Dezember 1994 laufenden Anstellungsvertrag konnte der Kläger jederzeit abberufen werden, die Abberufung galt als Kündigung des Anstellungsvertrages zum nächst zulässigen Zeitpunkt. Ab Januar 1992 stand dem Kläger eine monatliche Vergütung von 18.000,– DM zu; außerdem hatte er Anspruch auf einen von der Gemeinschuldnerin zu stellenden und zu unterhaltenden Dienstwagen sowie auf Abschluß einer Unfall- und einer Direktversicherung.

Am 30. Januar 1992 hielt Herr H.-G. M. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärin der alleinigen Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin eine Gesellschafterversammlung ab und beschloß – unter Fertigung einer Niederschrift – die Abberufung des Klägers und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers. Mit Datum vom 18. Februar 1992 sprach Herr M. unter Verwendung eines Firmenbogens der Gemeinschuldnerin als deren Geschäftsführer die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers aus. Dieser hält die Kündigung aus verschiedenen Gründen für unwirksam und hat, nachdem eine Verständigung nicht hat herbeigeführt werden können, eine Reihe von gerichtlichen Verfahren gegen die Gemeinschuldnerin eingeleitet. In dem vorliegenden Rechtsstreit hat er die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, die Fortzahlung seiner Bezüge bis zum 31. Dezember 1994 sowie die Feststellung begehrt, daß die Gemeinschuldnerin verpflichtet ist, die Kosten des Dienstwagens und der Unfall- und der Direktversicherung zu tragen.

Das Landgericht hat der Klage entsprochen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Gemeinschuldnerin zurückgewiesen (BB 1993, 1388). Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision.

 

Entscheidungsgründe

I. 1. Die von dem Beklagten erklärte Aufnahme des durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin unterbrochenen Rechtsstreits ist nur zum Teil wirksam. Nach §§ 10 Abs. 1 Satz 1 KO, 240, 250 ZPO kann der Beklagte als Konkursverwalter nur einen solchen Rechtsstreit aufnehmen, in dem zur Zeit der Konkurseröffnung ein Recht für den Gemeinschuldner in Anspruch genommen worden ist (sog. Aktivprozeß – vgl. BGHZ 36, 258, 260; Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl. § 10 RdNr. 106; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. § 10 RdNr. 2; Kilger/K. Schmidt, KO, 16. Aufl. § 10 Anm. 4). Diese nicht aufgrund der Parteirolle im Rechtsstreit, sondern nach dem materiellen Inhalt des Begehrens zu beurteilende Voraussetzung (vgl. Jaeger/Henckel aaO § 10 RdNr. 106; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 10 RdNr. 2 jew. m.w.N.) ist hier nur erfüllt, soweit sich die Revision gegen die Verurteilung der Gemeinschuldnerin zur Zahlung der in dem Anstellungsvertrag versprochenen Bezüge des Klägers wendet. Denn insofern hat die Gemeinschuldnerin nur zur Abwehr der Zwangsvollstreckung des Klägers aus den für vorläufig vollstreckbar erklärten, nicht rechtskräftig gewordenen vorinstanzlichen Entscheidungen gezahlt. Im jetzigen Stadium des Rechtsstreits geht es darum, ob der Kläger die an ihn gezahlten Beträge behalten darf oder ob er sie zur Konkursmasse zurückgewähren muß. Da dieser von dem Beklagten als Revisionskläger verfolgte Anspruch der Vermehrung der Teilungsmasse dient, ist der ursprüngliche Passivprozeß in einen Aktivprozeß im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 KO umgeschlagen (vgl. BGHZ 36, 258, 264; BGH, Urt. v. 5. Dezember 1985 – VII ZR 284/83, NJW-RR 1986, 672, 673; Jaeger/Henckel aaO § 10 RdNr. 108; Kilger/K. Schmidt aaO § 10 Anm. 4).

Die Erklärung des Beklagten über die Aufnahme des Rechtsstreits ist dagegen – ungeachtet der von dem Kläger erklärten Zustimmung – unwirksam, soweit sie sich auch auf die von dem früheren Geschäftsführer erwirkten Feststellungen erstreckt, die fristlose Kündigung sei unwirksam und die Gemeinschuldnerin sei zur Tragung der Kosten für seinen Dienstwagen, seine Unfall- und seine Direktversicherung verpflichtet. Insofern handelt es sich nämlich nach wie vor um einen Passivprozeß, den vor Beendigung des Konkurses der Beklagte keinesfalls, der Kläger jedoch nur aufnehmen kann, soweit die besonderen Voraussetzungen des § 146 Abs. 3 bzw. Abs. 6 KO vorliegen (vgl. Kuhn/Uhlenbruck aaO § 146 RdNr. 16 ff.; Kilger/K. Schmidt aaO § 146 Anm. 1 b, 2 d). Das ist hier nicht der Fall, weil der Kläger nicht, wie nach § 139 KO geboten, seine Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin – die Feststellungsansprüche mit einem nach § 69 KO geschätzten Wert – im Konkursverfahren angemeldet hat (vgl. RGZ 65, 132, 133; Kuhn/Uhlenbruck aaO § 146 RdNr. 16c und 16e). Die von ihm erklärte Zustimmung zur Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten geht deswegen ebenso ins Leere, als wenn er selbst den Rechtsstreit hinsichtlich der Feststellungsansprüche aufgenommen hätte.

Das gilt auch, soweit mit dem Klageantrag zu 1. die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehrt wird. Zwar handelt es sich mit Rücksicht auf die übrigen Klageanträge lediglich um eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO), sie betrifft aber im Hinblick auf die weiteren im Wege der Feststellungsklage verfolgten Ansprüche des Klägers – in einem weiteren Rechtsstreit soll außerdem um die Zahlung einer Abfindung gestritten werden – ebenfalls die Konkursmasse im Sinne von § 240 ZPO (vgl. RGZ 132, 363, 363 f.; RGZ 141, 427 f.; Zöller/Greger aaO § 240 RdNr. 4; ferner Kuhn/Uhlenbruck aaO § 3 RdNr. 16).

2. Da der die Unwirksamkeit der Kündigung betreffende Feststellungsantrag des Klägers mangels wirksamer Aufnahme des durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der T. GmbH unterbrochenen Rechtsstreits bei dem Senat anhängig bleibt, ist der Beklagte gehindert, eine spiegelbildliche Widerklage zu erheben (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO; vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl. § 261 RdNr. 13).

II. Soweit der Rechtsstreit wirksam aufgenommen worden ist, ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die von dem Geschäftsführer M. der Gemeinschuldnerin am 18. Februar 1992 ausgesprochene fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers allein dann wirksam ist, wenn ihr ein Beschluß der Gesellschafterversammlung der GmbH zugrundeliegt. Dies hält entgegen der Meinung des Beklagten im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.

a) Nach der Meinung der Revision soll für die von dem Geschäftsführer M. der Gemeinschuldnerin ausgesprochene fristlose Kündigung eine Entschließung der Gesellschafterversammlung entbehrlich sein, weil der Kläger im Zeitpunkt der Kündigung bereits wirksam abberufen war und sich in einem normalen Angestelltenverhältnis zu der GmbH befunden habe. Ob der Kläger wirksam bereits Ende Januar 1992 abberufen worden ist, hat das Berufungsgericht nicht abschließend geklärt, vielmehr die Abberufung lediglich unterstellt und angenommen, daß zwischen der Beendigung der Organstellung und der fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehe, der eine Entschließung der Gesellschafterversammlung der Gemeinschuldnerin auch bezüglich der Kündigung erforderlich mache.

Dies ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend. Auf die Frage, ob der Kläger schon Ende Januar 1992 abberufen worden ist – wofür jedenfalls spricht, daß er seit dieser Zeit für die Gemeinschuldnerin nicht mehr tätig, sondern bis zum Auslaufen seines Anstellungsvertrages unter Fortzahlung seiner Bezüge beurlaubt war – oder ob bei der hier gegebenen Sachlage jedenfalls in der Erklärung der mit der Erteilung von Hausverbot verbundenen fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages auch die Abberufung liegt (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 15. Aufl. § 38 RdNr. 39; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, 8. Aufl. § 38 RdNr. 5 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. § 38 RdNr. 40), kommt es nicht an. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 113, 237 ≪zum Verein≫; Sen.Urt. v. 25. März 1991 – II ZR 169/90, LM Nr. 24 zu § 35 GmbHG = ZIP 1991, 580 m. Anm. Riegger EWiR 1991, 583; Henze, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Recht der GmbH S. 313, 315 f.; zutreffend auch Zimmermann, EWiR 1993, 783) ist § 46 Nr. 5 GmbHG dahin zu verstehen, daß nicht nur die Kompetenz für die Begründung oder Beendigung des Organverhältnisses, sondern auch diejenige für das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers stets in die Hand der Gesellschafterversammlung gelegt ist, ohne daß es auf den in früheren Erkenntnissen des Senats (vgl. Nachweise bei Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl. § 46 RdNr. 49; Henze aaO S. 313) herausgestellten engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung ankommt.

b) Eine andere Beurteilung kommt allein dann in Betracht, wenn es nicht (mehr) um die Kündigung des Anstellungsvertrages des – abberufenen – Geschäftsführers geht, sondern die von dem Geschäftsführer der GmbH ausgesprochene Maßnahme ein normales, nicht mit dem Geschäftsführeramt zusammenhängendes Dienstverhältnis betrifft (Sen.Urt. v. 13. Februar 1984 – II ZR 2/83, WM 1984, 532, 533 f.). Dann nämlich besteht nicht die Gefahr, der der Senat mit seiner neueren Rechtsprechung begegnen will, daß der die Kündigung aussprechende Geschäftsführer die Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung einengen oder unterlaufen kann.

Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt ein solcher Fall hier nicht vor. Der Kläger ist, geht man mit dem Beklagten von einer wirksamen Abberufung bereits am 29./30. Januar 1992 aus, nicht in ein neues, von seinem bisherigen Anstellungsverhältnis zu unterscheidendes Vertragsverhältnis mit der Gemeinschuldnerin getreten, ihm sind insbesondere nicht an Stelle der bisher ihm obliegenden Geschäftsleitungsaufgaben andere Pflichten übertragen worden. Vielmehr hatte die Aufrechterhaltung des Dienstvertrages die soziale Absicherung des Klägers zum Ziel, wie dies in § 38 Abs. 1 GmbHG als Ausgleich für die jederzeitige Abberufbarkeit des Geschäftsführers im Grundsatz angelegt ist. Diese Entscheidung kann nicht von derjenigen über die Abberufung getrennt werden, so daß der verbliebene oder neue Geschäftsführer in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung eingriffe, kündigte er von sich aus das Anstellungsverhältnis des Abberufenen mit der Begründung, nach der Abberufung liege nur noch ein normales Angestelltenverhältnis vor.

c) Den danach aufzustellenden Erfordernissen hat der gegenüber dem Kläger handelnde Herr M. Rechnung getragen. Er konnte, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt und was die Revision als ihr günstig nicht angreift, als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärin der Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin den Beschluß der Gesellschafterversammlung im Sinne von § 46 Nr. 5 GmbHG fassen (Sen.Urt. v. 18. November 1968 – II ZR 121/67, LM Nr. 9 zu § 46 Nr. 5 GmbHG; Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 17; Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 RdNr. 4), ohne daß es dazu der Einberufung einer förmlichen Gesellschafterversammlung bedurfte (BGHZ 12, 337, 339; vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 RdNr. 28; Lutter/Hommelhoff aaO § 48 RdNr. 16; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 40 III 2 c S. 1031; Henze aaO S. 330).

2. Seine Annahme, die fristlose Kündigung vom 18. Februar 1992 sei unwirksam, hat das Berufungsgericht entscheidend damit begründet, daß der Beschluß, sich mit sofortiger Wirkung von dem Kläger zu trennen, nicht in der nach § 48 Abs. 3 GmbHG erforderlichen Weise dokumentiert worden sei. Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Recht.

a) Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Beklagten, die genannte Vorschrift sei hier schon deswegen unanwendbar, weil es sich bei der Gemeinschuldnerin nicht um eine sog. Einpersonen-Gesellschaft handele, für die allein das Protokollierungserfordernis von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung aufgestellt worden ist. Es entspricht anerkannter Rechtsauffassung, daß eine Einpersonen-GmbH auch dann vorliegt, wenn sämtliche Geschäftsanteile in der Hand einer Kommanditgesellschaft liegen (Flume, Allgemeiner Teil Bd. I/1 § 4 II S. 54 ff.; Baumbach/Hueck aaO § 1 RdNr. 31, 48; Hachenburg/Ulmer aaO § 2 RdNr. 79 m.w.N.; Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 64; Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl. § 1 RdNr. 29, § 2 RdNr. 49; Roth, GmbHG, 2. Aufl. § 1 Anm. 5.3; Lutter/Hommelhoff aaO § 1 RdNr. 14). Ob sich dies aus der in §§ 161 Abs. 2, 124 HGB zum Ausdruck gekommenen Verselbständigung der Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern ergibt (so etwa Scholz/Emmerich aaO § 2 RdNr. 49; Baumbach/Hueck aaO § 1 RdNr. 31) oder sich besser nach der Lehre von der Gesamthand als Gruppe (so Flume aaO; Hachenburg/Ulmer aaO § 2 RdNr. 79 m.w.N) begründen läßt, bedarf keiner Entscheidung. Dem Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, daß bei einer Personenhandelsgesellschaft als Alleingesellschafterin einer GmbH die Gefahren nicht auftreten können, denen der Gesetzgeber mit der Dokumentationspflicht nach § 48 Abs. 3 GmbHG begegnen will (zutreffend Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 64).

b) Auch wenn danach von der Gemeinschuldnerin grundsätzlich das Protokollierungserfordernis zu beachten war, hat hier das Fehlen einer von Herrn M. als dem für die Komplementärin der Alleingesellschafterin handelnden Organ unterzeichneten förmlichen Niederschrift des Hergangs und des Inhalts der Beschlußfassung (Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 66; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 7. Aufl. § 48 RdNr. 77) nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, zur Folge, daß sich die Gemeinschuldnerin so behandeln lassen muß, als sei der erforderliche Beschluß der Gesellschafterversammlung nicht gefaßt worden.

aa) Über die Folgen eines Verstoßes gegen das Protokollierungsgebot schweigt das Gesetz. Im Schrifttum besteht deswegen, nachdem im Gesetzgebungsverfahren die im Gesetzentwurf noch vorgesehene Nichtigkeitsfolge gestrichen worden ist (BT.-Drucks. 8/3908 S. 75 zu Nr. 19), Streit, ob einem ohne Errichtung einer Niederschrift gefaßten Beschluß jede Wirksamkeit abzusprechen ist (Lutter, DB 1980, 1317, 1320), ob es sich bei § 48 Abs. 3 GmbHG um eine bloße Ordnungsvorschrift (Niehues/Meyer-Landrut, GmbHG § 48 RdNr. 33) oder – wie das Schrifttum überwiegend annimmt – um eine Bestimmung handelt, die die Gesellschaft hindert, die Beschlußfassung gegenüber Dritten in anderer Weise als durch die Niederschrift zu beweisen (vgl. etwa Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 67; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 2. Aufl. § 48 RdNr. 23; Lutter/Hommelhoff aaO § 48 RdNr. 17 f.; zweifelnd aber Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 RdNr. 29 und Roth aaO § 48 Anm. 6.2).

bb) In seiner Entscheidung vom 5. Februar 1990 (II ZR 309/88, LM Nr. 11 zu § 15 HGB = WM 1990, 638, 640) hat der Senat zu dieser Frage nicht Stellung nehmen müssen. Auch der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer abschließenden Aussage. Der Gesetzgeber hat aus wohlerwogenen Gründen, nämlich um der Gesellschaft zu verwehren, sich nachträglich auf einen Formmangel zu berufen und sich so einer etwa eingegangenen Selbstbindung zu entziehen, abgelehnt, die im Regierungsentwurf vorgesehene Nichtigkeitsfolge bei unterbliebener Protokollierung in das Gesetz zu übernehmen (BT.-Drucks. 8/3908 zu Nr. 19 S. 75). Für die Annahme, ein nicht in einer förmlichen Niederschrift festgehaltener Beschluß sei nichtig, ist danach kein Raum.

Dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie sie in der Ausschußbegründung niedergelegt worden ist (BT.-Drucks. aaO S. 75), entspricht es auf der anderen Seite auch nicht, in § 48 Abs. 3 GmbHG eine bloße Ordnungsvorschrift zu sehen, deren Nichtbeachtung folgenlos bleibt. Damit ist indessen nicht gesagt, welche Konsequenzen eine fehlende Dokumentation im Einzelfall für die Gesellschaft und für außenstehende Dritte hat. Gegen eine generell geltende Beweisregel, wie sie in der Literatur überwiegend befürwortet wird (vgl. Hachenburg/Hüffer aaO § 48 RdNr. 67; Rowedder/Koppensteiner aaO § 48 RdNr. 23; Lutter/Hommelhoff aaO § 48 RdNr. 17 f.), hatte sich schon der Gesetzgeber (BT.-Drucks. aaO S. 75 re. Sp.) ausgesprochen.

Jedenfalls soweit das Ziel der Protokollierung, Sicherheit über den Inhalt eines von der Einpersonen-Gesellschaft gefaßten Beschlusses zu schaffen und vor allem im Interesse Dritter nachträgliche Manipulationen auszuschließen, in anderer Weise als durch die in § 48 Abs. 3 GmbHG vorgeschriebene Dokumentation mit gleicher Gewißheit erreicht werden kann, ist die Gesellschaft nicht gehindert, sich auf einen solchen Beschluß zu berufen (in diesem Sinn auch: Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 RdNr. 29 und Roth aaO § 48 Anm. 6.2). So liegt der hier zu entscheidende Fall, der dadurch gekennzeichnet ist, daß die Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung und die Umsetzung der getroffenen Entscheidung in einem Akt zusammenfallen. Herr M. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH konnte, wie oben ausgeführt, jederzeit und ohne Einberufung einer Gesellschafterversammlung einen Beschluß über die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers fassen und ihn sogleich ausführen. Dementsprechend hat er sich verhalten, indem er in seiner Eigenschaft als – ebenfalls alleinvertretungsberechtigter – Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin schriftlich und unter Verwendung ihres mit Datum, Ort und seiner Unterschrift versehenen Firmenbogens gegenüber dem Kläger die Kündigung ausgesprochen hat. Damit ist für den Kläger – er war obendrein über die inneren Verhältnisse der Gemeinschuldnerin und den Umstand unterrichtet, daß Herr M. als Geschäftsführer der Komplementärin der Alleingesellschafterin die Person war, die in der Gesellschafterversammlung der T. GmbH Beschluß zu fassen hatte – entgegen der zu formalen Betrachtung des Berufungsgerichts zweifelsfrei klar gewesen, daß der für die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages erforderliche Beschluß des zuständigen Gesellschaftsorgans herbeigeführt worden war. Da mit der Kundgabe der Kündigungserklärung nachträgliche Manipulationen der Beschlußfassung ausscheiden, ist dem Zweck des § 48 Abs. 3 GmbHG sogar in einem weitergehenden Umfang Rechnung getragen worden, als wenn lediglich eine Niederschrift abgefaßt und zu den Akten der Gemeinschuldnerin genommen worden wäre. Wollte man – wie das Berufungsgericht – unter diesen Umständen eine Protokollierung des der ausgesprochenen Kündigung zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlusses fordern, liefe dies auf eine unnötige, vom Gesetzeszweck nicht geforderte Förmelei hinaus (i.E. ebenso Lutter/Hommelhoff aaO § 48 RdNr. 18; vgl. ferner Baumbach/Hueck/Zöllner aaO § 48 RdNr. 29; Roth aaO § 48 Anm. 6.2).

III. Da die Verurteilung der Gemeinschuldnerin zur Zahlung der Dienstbezüge davon abhängt, daß die gegenüber dem Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist, die hierfür gegebene Begründung aber nicht trägt, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die in den vorinstanzlichen Erkenntnissen folgerichtig offen gelassene Frage an, ob ein wichtiger Grund vorgelegen hat, wann die zuständigen Organe der Gemeinschuldnerin von ihm gegebenenfalls Kenntnis erlangt haben und ob die fristlose Kündigung innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden ist. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht die Gelegenheit, die fehlenden Feststellungen zu treffen, während die Parteien ihre Anträge der nach Konkurseröffnung geänderten Situation anpassen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 647948

BB 1995, 1102

NJW 1995, 1750

ZIP 1995, 643

GmbHR 1995, 373

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