Entscheidungsstichwort (Thema)

Ortsangabe im Firmennamen einer Steuerberatungsgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Zulässigkeit einer Ortsangabe im Firmennamen einer Steuerberatungsgesellschaft.

 

Leitsatz (redaktionell)

Es bestimmt sich maßgeblich nach der Verkehrsauffassung, wie ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Ortsbezeichnung im Rahmen des gesamten Firmennamens versteht. Je nach den die Verkehrsauffassung prägenden Umständen des Einzelfalls können daher geographische Bezeichnungen eine reine Ortsangabe oder geeignet sein, den Eindruck zu erwecken, daß dem so gekennzeichneten Unternehmen eine geschäftliche Sonderstellung zukommt, sei es, daß dieses für besonders bedeutsam, sei es, daß es für führend oder gar für das einzige am Ort und in dessen Umgebung gehalten wird. Von einer dahingehenden Wirkung einer in einem Firmennamen verwendeten Ortsbezeichnung kann jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

 

Normenkette

StBerG § 43 Abs. 4 S. 2, § 53; UWG § 1

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 10.09.1987; Aktenzeichen 4 U 223/86)

LG Waldshut-Tiengen (Urteil vom 10.07.1986; Aktenzeichen 1 O 229/86)

 

Tatbestand

Die klagende Steuerberaterkammer verlangt von der Beklagten, einer Steuerberatungsgesellschaft, gestützt auf § 1 UWG die Unterlassung der Führung des Firmennamens „Treuhand B. GmbH Steuerberatungsgesellschaft”. Die Klägerin hat geltend gemacht, eine geographische Angabe im Firmennamen, hier die Ortsangabe „B.”, werde vom Verkehr nicht nur als Hinweis auf den Firmensitz verstanden, sondern auch und vor allem als Hinweis auf die besondere Bedeutung und Leistungsfähigkeit des Unternehmens in dem genannten Gebiet. Derartige Hinweise auf die geschäftliche Sonderstellung seien den Angehörigen der steuerberatenden Berufe nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG untersagt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der diese ihr Verbotsbegehren weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG im Streitfall nicht für gegeben erachtet, weil der Firmenbestandteil „B.” vorliegend vom Verkehr als eine reine Ortsbezeichnung aufgefaßt werde und keine besondere Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Beklagten zum Ausdruck bringe. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Als Steuerberatungsgesellschaft ist die Beklagte in ihrem Recht, Firmennamen und Tätigkeitsbezeichnung frei wählen zu können, beschränkt. Nach § 53 StBerG hat sie die Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” in ihre Firma aufzunehmen, ohne dabei andere auf steuerberatende Tätigkeiten hinweisende Bezeichnungen verwenden zu dürfen (§ 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG; BGHZ 79, 390, 397 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft; BGH, Urt. v. 9.7.1987 – I ZR 161/85, GRUR 1987, 834, 835 = ZIP 1987, 1249, 1250 – Data-Tax-Control). Sinn und Zweck der Regelung ist es, auf Gleichheit der für die wettbewerbliche Ausgangslage maßgebenden Bedingungen und insoweit auf Chancengleichheit der Wettbewerber hinzuwirken und dafür zu sorgen, daß die zur Steuerberatung befugten Personen und Vereinigungen nach ihrer Leistung und nicht nach der Firmierung ausgewählt werden. Darüber hinaus soll zugleich der Gefahr einer Irreführung des Verkehrs vorgebeugt werden, die sich daraus ergeben kann, daß eine Häufung von berufs- oder tätigkeitsbezogenen Bezeichnungen und Zusätzen zu der unzutreffenden Annahme führt, der so Firmierende sei entsprechend seinen Hinweisen zur Steuerberatung in besonderer Weise qualifiziert (BGHZ 79, 390, 396 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft; BGHZ 103, 355, 356 – Buchführungs- und Steuerstelle m.w.N.; vgl. auch die amtliche Begründung zum Steuerberatungsgesetz, BT-Drucks. III/128 Nr. 42).

Mit dieser Zielsetzung des Gesetzes stehen Firmenbestandteile, die allein der Namensgebung und nicht der Tätigkeitsbeschreibung oder der Herausstellung einer geschäftlichen Sonderstellung dienen, nicht in Widerspruch. Auch Ortsangaben oder sonstige geographische Firmenbestandteile, die so gefaßt sind, daß der Verkehr sie nicht als Hinweise auf steuerberatende Tätigkeiten auffaßt, verstoßen nicht gegen die genannten Gesetzeszwecke (BGH, Urt. v. 9.7.1987 – I ZR 161/85, aaO – Data-Tax-Control; BGHZ 103, 355, 357 – Buchführungs- und Steuerstelle). Handelt es sich dagegen um Zusätze, die neben den vorgeschriebenen bzw. erlaubten Tätigkeitsbezeichnungen eine auf den Beruf bezogene Sonderstellung wie eine besondere Leistungsfähigkeit oder geschäftliche Bedeutung oder spezielle Fach- und Branchenkenntnisse zum Ausdruck bringen, widerspricht das dem gesetzgeberischen Anliegen, durch das Verbot der Herausstellung solcher Hinweise die Gleichheit der wettbewerblichen Ausgangslage zu gewährleisten und der Gefahr einer Irreführung des Verkehrs vorzubeugen (BGHZ 103, 355, 357 – Buchführungs- und Steuerstelle, m.w.N.; BFH BStBl. 1987 II S. 346, 348 – Landtreuhand-Steuerberatungsgesellschaft; BFHE 150, 110 = BStBl. II 1987 S. 606, 607 – A-dorfer Treuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft).

2. Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Seine Ansicht, daß der Firmenbestandteil „B.” vorliegend nicht wie ein nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG unzulässiger Tätigkeitshinweis wirke, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, ein Firmenbestandteil, der – wie hier – eine Ortsangabe in unveränderter, substantivischer Form „B.'er”) und nicht in attributiver Form „Bad Säckinger … Steuerberatungsgesellschaft”) zum Ausdruck bringe, sei eine reine Ortsbezeichnung, mit der keine Steuerberatungstätigkeit angesprochen werde. Auch werde die in Rede stehende Ortsangabe von den weiteren Firmenbestandteilen „Treuhand” und „Steuerberatungsgesellschaft” eingerahmt und entfalte keine besonders ins Auge springende Wirkung. Zwar deute die Ortsbezeichnung darauf hin, daß die Beklagte nach Ausstattung und Umsatz über eine Ein-Mann-Gesellschaft hinausgehe und sowohl im Umfang ihrer Geschäftstätigkeit und ihrer Leistungsfähigkeit als auch im Hinblick auf die Anzahl ihrer zu verantwortlicher Steuerberatung zur Verfügung stehenden Personen auf die Stadt B. zugeschnitten sei. Damit gelange aber nur eine Ortsbezogenheit der Tätigkeit der Beklagten und nicht eine Inanspruchnahme besonderer Qualifikationen und Spezialkenntnisse zum Ausdruck.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts tragen seine Feststellung, daß dem Firmenbestandteil „B.” vorliegend lediglich eine nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG zulässige namensmäßig-unterscheidende Bedeutung zukommt. Ob eine Ortsbezeichnung in einem Firmennamen nur in dieser Weise wirkt oder ob sie weitergehend auf eine besondere Qualifikation und Leistungsfähigkeit hinweist, bestimmt sich maßgeblich nach der Verkehrsauffassung, also danach, wie ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Ortsbezeichnung im Rahmen des gesamten Firmennamens versteht. Je nach den die Verkehrsauffassung prägenden Umständen des Einzelfalls können daher geographische Bezeichnungen – und damit auch eine solche, wie sie vorliegend in Rede steht – geeignet sein, den Eindruck zu erwecken, daß dem so gekennzeichneten Unternehmen eine geschäftliche Sonderstellung zukommt, sei es, daß dieses für besonders bedeutsam, sei es, daß es für führend oder gar für das einzige am Ort und in dessen Umgebung gehalten wird (BGH, Urt. v. 29.11.1963 – Ib ZR 33/62, GRUR 1964, 314, 315 = WRP 1964, 131, 132 – Kiesbaggerei; Urt. v. 24.1.1975 – I ZR 85/73, GRUR 1975, 380, 381 = WRP 1975, 296, 297 – Die Oberhessische; BFH BStBl. 1987 II S. 346, 349 – Landtreuhand-Steuerberatungsgesellschaft; BFHE 150, 108, 111 = BStBl. 1987 II S. 606, 608 – A-dorfer Treuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft; vgl. auch BayObLG WM 1986, 968, 969; OLG Düsseldorf GRUR 1979, 315, 316; OLG Frankfurt StB 1980, 114, 115; DIHT, firmenrechtlicher Leitsatz: Geographische Zusätze, BB 1967, 1100). Von einer dahingehenden Wirkung einer in einem Firmennamen verwendeten Ortsbezeichnung kann jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Eine Vermutung oder ein Erfahrungssatz, daß eine in einem Firmennamen verwendete Ortsangabe von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs regelmäßig im Sinne einer Alleinstellungsbehauptung oder als Behauptung einer führenden oder besonders maßgeblichen Stellung verstanden werde, besteht nicht. Vielmehr bedarf es in jedem Einzelfall ausreichender tatsächlicher Anhaltspunkte, die die Annahme eines derartigen Verkehrsverständnisses tragen. Daran fehlt es im Streitfall, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Ohne Rechtsverstoß hat es insoweit berücksichtigt, daß es vorliegend nicht um die Verwendung einer Ortsangabe in attributiver Form geht, die eher als die bloß substantivische Wiedergabe einer geographischen Bezeichnung geeignet wäre, als Inanspruchnahme einer Sonderstellung zu wirken. Auch seine weitere Erwägung, daß die zwischen den Firmenbestandteilen „Treuhand” und „Steuerberatungsgesellschaft” stehende Ortsangabe neben diesen keine besonders ins Auge springende Wirkung entfalte, begegnet keinen Bedenken. Im Hinblick darauf kann es schließlich aus Rechtsgründen auch nicht beanstandet werden, daß das Berufungsgericht gemeint hat, der angegriffene Zusatz wirke nur wie die – zulässige – Angabe eines Firmensitzes und drücke lediglich aus, daß die geschäftliche Tätigkeit und Bedeutung der Beklagten auf einen Ort von der Größe B.'s zugeschnitten sei, ohne über die damit zum Ausdruck gebrachte Ortsbezogenheit hinaus eine besondere geschäftliche Bedeutung, Qualifikation oder sonstige Sonderstellung in Anspruch zu nehmen. Solche Angaben im Firmennamen einer Steuerberatungsgesellschaft stehen aber zu § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG nicht in Widerspruch.

3. Danach war die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

GRUR 1990, 52

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