Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis einer Steuerberaterkammer gegen Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. wegen wettbewerbswidrigem Zusatz in der Firmenbezeichnung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Steuerberaterkammern sind im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 76 StBerG klageberechtigt i.S. von § 13 Abs. 1 UWG.

b) Eine Steuerberatungsgesellschaft, die durch ihre Firmenbezeichnung eine besondere Sachkunde für bestimmte Branchen oder Kundenkreise in Anspruch nimmt, verstößt gegen §§ 43 Abs. 4 Satz 2 und § 57 Abs. 1 StBerG und zugleich gegen § 1 UWG.

 

Leitsatz (redaktionell)

Für Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH gilt § 4 GmbHG im Hinblick auf die besonderen Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes nicht uneingeschränkt. Nach § 53 StBerG ist die Verwendung der Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” zwingend vorgeschrieben, und nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG ist es unzulässig, zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit andere Bezeichnungen zu verwenden. Bei einer Steuerberatungs-GmbH können danach zwar die Namen von Gesellschaftern oder der Ort des Sitzes der Gesellschaft in die Firma aufgenommen werden, nicht aber Zusätze, die wie „… Treuhandgesellschaft Deutscher Apotheken und pharmazeutischer Betriebe…” nach der besonderen Regelung des Steuerberatungsgesetzes unzulässig sind.

 

Normenkette

StBerG i.d.F. v. 4. November 1975, BGBl I S. 2735 § 43; StBerG i.d.F. v. 4. November 1975, BGBl I S. 2735 § 57 Abs. 1; UWG §§ 1, 13 Abs. 1; StBerG § 76

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 18.01.1979)

LG München I

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 1979 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist eine Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in Hannover. Sie unterhält in München eine auswärtige Beratungsstelle. Ihre Tätigkeit übt sie unter der Bezeichnung „Firma Treuhandgesellschaft D. A. und pharmazeutischer Betriebe mbH S.gesellschaft” aus.

Die klagende Steuerberaterkammer München, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, beanstandet an der Firma der Beklagten den Zusatz „Deutscher Apotheken und pharmazeutischer Betriebe”. In dem Gebrauch dieser Firmenbestandteile erblickt sie einen Verstoß gegen §§ 43 und 57 des Steuerberatungsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1975 (BGBl I S. 2735) – StBerG – und zugleich gegen § 1 UWG.

Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagten zu verbieten, in ihrer Firmierung den Zusatz „D. A. und pharmazeutischer Betriebe” zu verwenden.

Die Beklagte hat die Klagebefugnis der Klägerin in Abrede gestellt. Den Angriffen auf ihre Firma ist sie entgegengetreten: Der Zusatz „D. A. und pharmazeutischer Betriebe”, den sie im Zusammenhang mit der vorgeschriebenen Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” verwende, bringe lediglich zum Ausdruck, daß sie überwiegend für Apotheken und pharmazeutische Betriebe tätig sei. Ein solcher Zusatz sei weder durch die Vorschriften über die Berufsbezeichnungen der steuerberatenden Berufe (§ 43 StBerG) untersagt, noch verletze er das Verbot berufswidriger Werbung (§ 57 StBerG) oder die Richtlinien für die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Standesrichtlinien). Ihre Firmierung könne aus diesen Gründen auch nicht als wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG beanstandet werden. Dem Klagebegehren stehe überdies der Einwand der Verwirkung entgegen. Die angegriffenen Firmenbestandteile habe sie in ihrer Firma seit ihrer Zulassung als Steuerberatungsgesellschaft durch die Oberfinanzdirektion Hannover am 4. August 1960 und ihrer Eintragung in das Handelsregister am 23. Oktober 1961 jahrelang unbeanstandet geführt. Erstmals mit Schreiben vom 1. Juli 1977 habe die Klägerin den Gebrauch dieser Firmenbestandteile abgemahnt. Zu dieser Zeit habe sie aber bereits einen wertvollen Besitzstand an ihrer Firma erlangt, der auch durch die Bestimmungen des Grundgesetzes – insbesondere durch Art. 12 und 14 – geschützt werde.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte, so hat es ausgeführt, verstoße mit dem Gebrauch der beanstandeten Firmenbestandteile gegen § 1 UWG. Nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG sei es unzulässig, zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit neben der Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” andere Bezeichnungen zu verwenden. Das gelte auch für Firmenzusätze der hier in Rede stehenden Art. Darüber hinaus liege im Gebrauch der angegriffenen Firmenbestandteile ein Verstoß gegen das Verbot berufswidriger Werbung im Sinne des § 57 Abs. 1 StBerG, wie es auch in Ziff. 52 der Standesrichtlinien seinen Niederschlag gefunden habe. Auf den Schutz von Grundrechten und auf Verwirkung könne sich die Beklagte nicht berufen. Seit Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes 1961 firmiere die Beklagte unerlaubt, auch wenn das längere Zeit hindurch nicht beanstandet worden sei.

Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren bisherigen Antrag, die Klage abzuweisen, weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsklage der ordentliche Rechtsweg offensteht. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 13 GVG, für die der Weg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist, liegt vor, wenn sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen als Folge eines Sachverhalts darstellt, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist (BGHZ 66, 229, 232 = GRUR 1976, 658, 659 – Studenten-Versicherung). So liegt es hier. Die Klägerin stützt ihr Unterlassungsbegehren auf die Behauptung, daß die Beklagte durch den Gebrauch bestimmter Firmenbestandteile in wettbewerbswidriger Weise gegen ihre Pflichten als Wettbewerber aus § 1 UWG verstoße. Damit verlangt sie – auf dem Boden der Gleichordnung – eine Rechtsfolge, die nicht nach öffentlichem Recht, sondern nach den privatrechtlichen Grundsätzen des Wettbewerbsrechts zu beurteilen ist. Entgegen der Meinung der Revision schließt auch die Möglichkeit, aufgrund desselben Sachverhalts das berufsgerichtliche Verfahren einzuleiten, den ordentlichen Rechtsweg nicht aus. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – das beanstandete Verhalten nach der Klagebegründung neben einer Verletzung beruflicher Pflichten auch einen Verstoß gegen die allgemeinen Regeln des Wettbewerbs enthält und aus diesem Verstoß die geltend gemachte Rechtsfolge hergeleitet wird (BGH GRUR 1957, 131, 132 – Arzneimittel; 1972, 607 – Steuerbevollmächtigter).

2. Auch die Prozeßführungsbefugnis und die Aktivlegitimation der Klägerin gemäß § 13 Abs. 1 UWG hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß bejaht. Wiederholt hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die Kammern freier Berufe – ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung – als Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG angesehen (RGSt 35, 267: Ärztekammer; RGSt 43, 44, 46-48: Handwerkskammer; RGSt 44, 348: Ärztekammer; BGHSt 2, 396, 400: Handwerkskammer; BGH GRUR 1957, 425, 426 – Ratgeber: Rechtsanwaltskammer; BGH GRUR 1972, 607 – Steuerbevollmächtigter: Berufskammer der Steuerbevollmächtigten; BGH GRUR 1980, 855, 856 – Innenarchitektur: Architektenkammer). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Aufgabe der Klägerin als einer Berufskammer der Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften (vgl. §§ 73, 74 StBerG) besteht nach § 76 StBerG allgemein darin, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren. Dazu gehört – gegebenenfalls durch Erhebung der Unterlassungsklage – die Abwehr solcher Wettbewerbsverstöße, die einen nicht rechtmäßigen Gebrauch der Berufsbezeichnung betreffen, wenn dadurch die von der Steuerberaterkammer zu wahrenden Belange berührt werden. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier. Die Klägerin verlangt die Einhaltung der Vorschriften über die Berufsbezeichnung der steuerberatenden Berufe (§§ 43, 53 StBerG). Diese Vorschriften treffen eine generelle Regelung für sämtliche dem Steuerberatungsgesetz unterfallenden Personen und rühren damit an die Belange des gesamten Berufsstandes. Es ist Sache der Berufskammern zu entscheiden, wie sie diese Belange wahren. Daß sie darauf beschränkt wären, ausschließlich gegen Kammermitglieder allein mit öffentlichrechtlichen Mitteln vorzugehen, folgt weder aus § 76 Abs. 1 StBerG noch sonst aus dem Gesetz. Im Hinblick darauf, daß das Steuerberatungsgesetz Beschränkungen insoweit nicht ausspricht, ergibt sich vielmehr, daß die Steuerberaterkammern einem unzulässigen Gebrauch der Berufsbezeichnung auch auf privatrechtlichem Wege entgegenzutreten befugt sind. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich dabei um eine legitime öffentliche Aufgabe, die unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Klägerin übertragen werden konnte (vgl. BVerfGE 10, 89; 15, 235; BGH GRUR 1980, 855, 856 – Innenarchitektur). Bedeutung und Aufgaben der Klägerin als einer Steuerberaterkammer stehen dem nicht entgegen. Bei dieser handelt es sich zwar um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder Pflichtmitglieder kraft Gesetzes und deren Aufgaben öffentlich-rechtlicher Natur sind. Das besagt aber nicht, daß sie im Rahmen ihrer Aufgaben – insbesondere dann, wenn es, wie hier, darum geht, die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren – kein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG sein könnte. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf eine Anmerkung von Redeker zum Urteil des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 1979 (NJW 1980, 186, 187; vgl. dazu auch die Anmerkung von Scharf, NJW 1980, 1844) meint, daß es den Kammern freier Berufe als Körperschaften des öffentlichen Rechts im Hinblick auf deren Aufgabenstellung verwehrt sei, wettbewerbliche Unterlassungsansprüche gegen Kammermitglieder oder Außenstehende geltend zu machen, übersieht sie, daß das Steuerberatungsgesetz den Berufskammern generell zur Aufgabe gemacht hat, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren (§ 75 Abs. 1 StBerG), und daß die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen nicht nur im Interesse der unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt (BGH GRUR 1964, 397, 398 – Damenmäntel; 1975, 75, 76 – Wirtschaftsanzeigen). Daß die Steuerberaterkammern gleichwohl auf Aufsichts- und Überwachungsaufgaben oder sonstige Maßnahmen öffentlich-rechtlicher Art. d.h. vorwiegend auf die Ahndung begangener Verstöße gegen die Berufspflichten beschränkt seien und nicht die Möglichkeit hätten, im Wege der Unterlassungsklage auch für die Zukunft Wettbewerbsverstößen vorzubeugen, die den Berufsstand als Ganzen betreffen, ergibt sich weder unmittelbar aus Wortlaut und Sinn des Gesetzes noch aus seiner Entstehungsgeschichte. In § 34 des Steuerberatungsgesetzes vom 16. August 1961 – StBerG 1961 – (BGBl I S. 1301) war ausdrücklich ausgesprochen, daß es die Aufgabe der Berufskammern ist, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder „zu fördern”. Im Hinblick darauf hat der Senat in seinem Urteil vom 26. Mai 1972 (GRUR 1972, 607 – Steuerbevollmächtigter) die Berufskammern der Steuerbevollmächtigten als Verband im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG angesehen. An der für diese Entscheidung maßgebenden Rechtslage hat sich durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 11. August 1972 – StBerG 1972 – (BGBl I S. 1401) und durch das StBerG 1975 nichts geändert. Wie aus dem schriftlichen Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Entwurf des StBerG 1972 hervorgeht (Drucksache VI/3456, S. 7), handelte es sich bei der Neufassung des § 34 StBerG 1961 (jetzt: § 76 StBerG 1975) lediglich um eine nähere Konkretisierung und Klarstellung der Aufgaben der Steuerberaterkammern. Damit ist nicht zum Ausdruck gelangt, daß in Abkehr von der bisherigen Gesetzeslage und der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die den Kammern freier Berufe Verbändeeigenschaft im Sinne des § 13 Abs. 1 UWG beigemessen hatte, die Steuerberaterkammern in der Wahl ihrer Mittel bei Erfüllung ihrer Aufgaben nunmehr beschränkt sein sollten.

Schließlich steht der Klagebefugnis der Klägerin nicht entgegen, daß die Beklagte ihren Sitz außerhalb des Kammerbezirks der Klägerin – in Hannover – hat. Die von der Klägerin zu wahrenden beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder sind allein schon dadurch berührt, daß die Beklagte unter der angegriffenen Firma mit ihrer auswärtigen Beratungsstelle in München eine steuerberatende Tätigkeit ausübt.

3. Das Berufungsgericht hat in dem Gebrauch der angegriffenen Firmenbestandteile einen Verstoß gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG erblickt, weil es nach dieser Vorschrift unzulässig sei, zu der vorgeschriebenen Berufsbezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” andere Hinweise auf eine steuerberatende Tätigkeit zu verwenden. Dieses Verbot gelte auch für den beanstandeten Zusatz „D. A. und pharmazeutischer Betriebe”. Mit ihm bringe die Beklagte zum Ausdruck, daß sie ihre berufliche Tätigkeit auf die Anforderungen bestimmter Berufszweige ausgerichtet habe. Dadurch erreiche sie es, daß ihr von Apotheken und pharmazeutischen Betrieben vielfach der Vorzug vor anderen Angehörigen steuerberatender Berufe gegeben werde, die nicht auf eine besondere Ausrichtung ihrer Tätigkeit hinwiesen. Indessen stehe das mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang, weil es der Sinn der Vorschrift sei, die zur Steuerberatung befugten Personen nach ihrer Leistung und nicht nach der Berufsbezeichnung auszuwählen.

Die gegen diese Ausführungen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

a) Nach § 43 Abs. 1 und 2 StBerG ist Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten der Gebrauch ihrer Berufsbezeichnungen nur nach Maßgabe dieser Vorschriften erlaubt. Durch sie sind Zulässigkeit und Umfang der Führung der Berufsbezeichnungen für diese Berufe abschließend geregelt. Das bedeutet, daß Steuerberater und Steuerbevollmächtigte – ähnlich wie Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer (vgl. § 18 der Wirtschaftsprüferordnung vom 5. November 1975 (BGBl I S. 2803) – in ihrem Recht, die Berufsbezeichnung frei wählen zu können, gesetzlich beschränkt sind und daß sie neben den durch § 43 Abs. 1 Satz 1 StBerG vorgeschriebenen Berufsbezeichnungen „Steuerberater” und „Steuerbevollmächtigte” keine anderen Bezeichnungen und Zusätze als die nach § 43 Abs. 2 StBerG zugelassenen führen dürfen. Wie der Senat im Urteil vom 26. Mai 1972 (GRUR 1972, 607 – Steuerbevollmächtigter) ausgesprochen hat, unterfallen dieser Regelung auch solche Zusätze, die auf eine gemäß § 57 Abs. 3 StBerG mit dem Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten vereinbare Tätigkeit hinweisen. Die Erwägungen, die dieser Entscheidung zugrunde liegen, treffen aber auch auf Berufsbezeichnungen zu, die zum Ausdruck bringen, daß sich der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte auf eine Tätigkeit für bestimmte Branchen oder Gewerbezweige spezialisiert hat. Wie schon im Gesetzgebungsverfahren betont, ist es Sinn und Zweck der in Rede stehenden Vorschrift, die Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes zu wahren und zugleich der Gefahr einer Irreführung des Publikums, die sich aus der eine besondere Sachkompetenz zum Ausdruck bringenden Berufsbezeichnung ergibt, entgegenzuwirken (vgl. die amtliche Begründung zum Steuerberatungsgesetz, BT-Drucks. III/128 Nr. 42; BGH GRUR 1972, 607, 608 – Steuerbevollmächtigter). Mit diesen Gesetzeszwecken würde aber eine Hervorhebung von Spezialkenntnissen, wie sie hier von der Beklagten ohne eine besondere gesetzliche Prüfungsqualifikation in Anspruch genommen werden, nicht in Einklang stehen.

b) Den hiernach für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte geltenden Vorschriften, im Zusammenhang mit der Berufsbezeichnung nicht auf Spezialkenntnisse oder andere nach § 57 Abs. 3 StBerG erlaubte Berufstätigkeiten hinzuweisen, entspricht die Verpflichtung der Steuerberatungsgesellschaften, die nach § 53 StBerG vorgeschriebene Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” in die Firma aufzunehmen, ohne dabei andere, auf eine steuerberatende Tätigkeit hinweisende Bezeichnungen zu verwenden (§ 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG). Mit dem Gebrauch des beanstandeten Zusatzes „D. A. und pharmazeutischer Betriebe”, der die steuerberatende Tätigkeit in besonderer Weise umschreibt und ergänzt, handelt die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dieser Verpflichtung zuwider und verletzt das Verbot berufswidriger Werbung (§ 57 Abs. 1 StBerG). Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Der Zweck des Gesetzes, durch das Verbot der Hervorhebung von Spezialkenntnissen die Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes zu wahren und der Gefahr einer Irreführung des Publikums vorzubeugen, trifft auf Steuerberatungsgesellschaften ebenso zu wie auf Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. Soweit die Revision demgegenüber meint, § 43 Abs. 4 StBerG wende sich ausschließlich an Personen, die nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt seien, und untersage lediglich diesen die Führung der Berufsbezeichnung sowie andere Hinweise auf eine steuerberatende Tätigkeit, übersieht sie, daß dieser Auslegung bereits der Wortlaut des § 43 Abs. 4 Satz 2 und die Regelung in Satz 3 dieser Vorschrift entgegenstehen, und daß für die nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen die Verbote des § 161 StBerG und des § 132 a Abs. 1 Nr. 2 StGB gelten. § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG hat zwar im Hinblick auf die Bestimmung des § 43 Abs. 2 Satz 2 keine besondere Bedeutung für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, wohl aber für Steuerberatungsgesellschaften und die nach §§ 3 Nr. 2 und 4 StBerG sonst noch zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen. Vor allem aber muß im Hinblick auf den Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes berücksichtigt werden, daß eine Auslegung des § 43 Abs. 4 StBerG, die es Steuerberatungsgesellschaften und anderen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen gestattete, Hinweise auf eine andere oder spezialisierte Berufstätigkeit in die Berufsbezeichnung aufzunehmen, darauf hinausliefe, lediglich die Steuerberater und Steuerbevollmächtigten im Gebrauch ihrer Berufsbezeichnungen zu beschränken. Eine solche unterschiedliche Behandlung innerhalb der steuerberatenden Berufe würde aber mit dem genannten Gesetzeszweck, durch das Verbot der Hervorhebung von Spezialkenntnissen die Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes zu wahren, nicht in Einklang stehen. Darüber hinaus hätte es – bei einer derartigen Auslegung – der Vorschrift des § 44 StBerG insoweit nicht bedurft, als darin auch für Steuerberatungsgesellschaften und andere zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassene Vereinigungen die Möglichkeit des Gebrauchs der Bezeichnung „Landwirtschaftliche Buchstelle” unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen ist.

c) Steuerberatungsgesellschaften, die wie die Beklagte in der Rechtsform der GmbH auftreten, können sich bei der Verwendung von Firmenbestandteilen, die – wie hier mit dem Zusatz „Deutscher Apotheken und pharmazeutischer Betriebe” – eine Spezialisierung ihrer steuerberatenden Tätigkeit zum Ausdruck bringen, auch nicht auf die Vorschriften des GmbH-Gesetzes über die Firma berufen. Nach § 4 GmbHG muß zwar die Firma der Gesellschaft neben dem die Rechtsform kennzeichnenden Zusatz „mit beschränkter Haftung” von dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sein, wenn sie nicht den Namen zumindest eines der Gesellschafter mit einem das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeutenden Zusatz enthält. Für Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH gilt diese Bestimmung im Hinblick auf die besonderen Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes aber nicht uneingeschränkt. Nach § 53 StBerG ist die Verwendung der Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft” zwingend vorgeschrieben, und nach § 43 Abs. 4 Satz 2 StBerG ist es unzulässig, zum Hinweis auf eine steuerberatende Tätigkeit andere Bezeichnungen zu verwenden. Bei einer Steuerberatungs-GmbH können danach zwar die Namen von Gesellschaftern oder der Ort des Sitzes der Gesellschaft in die Firma aufgenommen werden, nicht aber Zusätze, die – wie die hier beanstandeten Firmenbestandteile – nach der besonderen Regelung des Steuerberatungsgesetzes unzulässig sind.

d) Gegenüber dieser Regelung kann sich die Revision nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Beklagte bei Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes am 1. November 1961 unter der von der Klägerin beanstandeten Firma durch die zuständige Oberfinanzdirektion bereits zugelassen und tätig und im Handelsregister eingetragen war. Mangels eines im Gesetz zum Ausdruck gelangten Vorbehalts gelten die Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes über die Berufsbezeichnungen vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an für alle ihm unterliegenden steuerberatenden Berufe. Ein anderes kann die Revision weder aus § 111 StBerG 1961 und 1972 noch aus § 155 StBerG 1975 herleiten. Mit diesen Bestimmungen ist lediglich geregelt worden, daß und unter welchen Voraussetzungen Steuerberatungsgesellschaften, die der vom Gesetz (§ 16 StBerG 1961 und 1972; § 49 StBerG 1975) vor geschriebenen Rechtsform nicht mehr entsprechen, ihre Tätigkeit auch über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes hinaus hatten fortsetzen dürfen. Ausnahmen von den Vorschriften über die Berufsbezeichnung oder die Firma von Steuerberatungsgesellschaften enthalten diese Sonderregelungen nicht.

4. Das Verbot, die angegriffenen Firmenbestandteile zu führen, ist auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Insbesondere verletzt es das Grundrecht der Beklagten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf freie Berufsausübung nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls das als zweckmäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 7, 377, 405; 21, 150, 159, 160). Von solchen Erwägungen werden auch die hier in Rede stehenden Vorschriften des § 43 StBerG getragen. Diese rechtfertigen sich, wie bereits dargelegt aus dem Gesichtspunkt der Sicherung der Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes der steuerberatenden Berufe und dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren einer Irreführung durch das Verbot der Hervorhebung in Anspruch genommener Spezialkenntnisse.

Darüber hinaus liegt in der Beschränkung des Rechts, die Berufsbezeichnung frei wählen zu können, kein Verlust von Eigentum im Sinne des Art. 14 GG. Allein die Beschränkung der Möglichkeit zur Nutzung weiterer Erwerbschancen ist keine Entziehung verfassungsrechtlich geschützten Eigentums (BVerfGE 17, 232, 248).

5. Der Verstoß der Beklagten gegen § 43 Abs. 4 Satz 2 und § 57 Abs. 1 StBerG rechtfertigt ohne weiteres die Unterlassungsklage nach § 1 UWG. Wie bereits dargelegt, dienen diese Vorschriften der Sicherung der Wettbewerbsgleichheit der steuerberatenden Berufe und dem Schutz der Allgemeinheit vor Irreführung. Ein Verstoß gegen sie ist deshalb zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG, ohne daß es dafür noch auf das Vorliegen weiterer Umstände ankommt (vgl. BGH GRUR 1972, 607, 608, 609 – Steuerbevollmächtigter). Eines besonderen Eingehens auf die von der Revision weiterhin angestellten Erwägungen zu der Frage, ob vorliegend auch ein Verstoß gegen die Standesrichtlinien der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten unter dem Gesichtspunkt des Verbots der berufswidrigen Werbung (vgl. § 57 Abs. 1 StBerG) das auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsbegehren rechtfertigen könnte, bedarf es danach nicht.

6. Zum Verwirkungseinwand der Beklagten hat das Berufungsgericht ausgeführt, dieser greife nicht durch, weil wesentliche Interessen der Allgemeinheit ihm entgegenstünden. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt die Annahme zugrunde, daß sich der Verletzter in Fällen der Irreführung des Verkehrs auf die Schutzwürdigkeit eines erworbenen Besitzstandes regelmäßig nicht berufen könne (BGH GRUR 1966, 267, 271 – White Horse; 1971, 365, 368 – Wörterbuch; 1975, 658, 660 – Sonnenhof) und daß von diesem Rechtsgrundsatz auch im Streitfall auszugehen sei. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt, ist es Sinn und Zweck der Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes über die Berufsbezeichnungen, neben dem Gesichtspunkt der Sicherung der Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit vor den Gefahren einer Irreführung, wie sie sich aus der eine besondere Sachkompetenz in Anspruch nehmenden Berufsbezeichnung ergeben, Rechnung zu tragen und einen Firmengebrauch zu unterbinden, wie ihn die Klägerin hier beanstandet hat.

Der bei den steuerberatenden Berufen danach im Allgemeininteresse liegenden Beschränkung des Rechts, die Berufsbezeichnung frei wählen zu können, kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß die Beklagte seit ihrer Zulassung als Steuerberatungsgesellschaft durch die zuständige Oberfinanzdirektion am 4. August 1960 und seit der Eintragung ihrer Firma in das Handelsregister am 23. Oktober 1961 die angegriffenen Firmenbestandteile bis Juli 1977 unbeanstandet geführt und in dieser Zeit einen wertvollen Besitzstand an ihrer Firma erlangt habe. Bereits im Zeitpunkt der Eintragung ihrer Firma in das Handelsregister hatte sich die Beklagte klar darüber sein müssen, daß die angegriffenen Firmenbestandteile mit den Vorschriften des schon vorher (am 16. August 1961) verkündeten Steuerberatungsgesetzes nicht in Einklang stehen und mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (am 1. November 1961) unzulässig sein würden. Auf die Benutzung dieser Firmenbestandteile seither kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung ihres Verwirkungseinwands schon aus diesen Gründen nicht berufen. Auch wenn die Benutzung bis Juli 1977 unbeanstandet geblieben war, so ergibt sich daraus nichts zugunsten der Beklagten, weil sie mit Beanstandungen, wie sie die Klägerin hier erhoben hat, jederzeit hatte rechnen müssen.

Aber auch auf die Benutzung der beanstandeten Firmenbestandteile in der Zeit vor der Eintragung der Firma der Beklagten in das Handelsregister kann die Revision nicht mit Erfolg verweisen. Wie bereits dargelegt, hat das Steuerberatungsgesetz vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an (1. November 1961) die Berufsbezeichnungen der steuerberatenden Berufe allgemein auf eine neue Grundlage gestellt, ohne dabei die Weiterbenutzung der bisher verwendeten Bezeichnungen zu gestatten, soweit diese mit den Vorschriften der neuen Regelung nicht mehr in Einklang stehen. Es ist nicht unzumutbar für die Beklagte, wenn auch auf sie diese Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes angewendet werden. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat sie die Firmenbestandteile, um die es hier geht, erstmals seit dem 18. Februar 1959 – dem Zeitpunkt ihrer Umwandlung in die Rechtsform der GmbH – in ihre Firma aufgenommen, während sie vorher unter der anderslautenden Bezeichnung „Deutsche Apothekenbuchstelle” tätig geworden war. Ein beachtenswerter Besitzstand der Beklagten an den angegriffenen Firmenbestandteilen könnte danach allenfalls für die Zeit ab 18. Februar 1959 in Betracht kommen. Ein anderes hat auch die Revision nicht geltend gemacht. Im Hinblick auf die nur verhältnismäßig kurze Zeitspanne zwischen diesem Zeitpunkt und dem des Inkrafttretens des Steuerberatungsgesetzes (1. November 1961) ist es aber nicht gerechtfertigt, die Interessen der Allgemeinheit an der Beachtung der Vorschriften über die Berufsbezeichnungen der steuerberatenden Berufe hinter die der Beklagten an einer Weiterführung der vom Gesetz mißbilligten Firmenbestandteile zurücktreten zu lassen.

7. Die Revision der Beklagten war danach als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

BGHZ

BGHZ, 390

NJW 1981, 2519

GRUR 1981, 596

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