Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaufpreisminderung bei Kauf eines mit unentgeltlichem Nutzungsrecht belasteten Grundstücks keine Einnahme aus Vermietung und Verpachtung

 

Leitsatz (NV)

Wird dem Käufer eines Grundstücks für die Übernahme eines unentgeltlichen Nutzungsrechts vom Verkäufer eine Kaufpreisminderung (sog. Ausgleichszahlung) gewährt, erzielt der Käufer in Höhe der Ausgleichszahlung keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

 

Normenkette

EStG § 21

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Sie erwarben mit notariell beurkundeten Kaufverträgen Miteigentumsanteile an dem gemischt genutzten Grundstück in X. Zum Zeitpunkt des Erwerbs war das Grundstück zu einem Teil vermietet, zu einem anderen Teil nutzte es die Stadt X unentgeltlich. Der Veräußerer hatte das unentgeltliche Nutzungsrecht der Stadt X vertraglich bis 30. Juni 1980 eingeräumt.

Der Kaufvertrag zwischen dem Veräußerer und den Klägern enthält u.a. folgende Regelungen:

XI. Der Kaufpreis beträgt 1236861,88 DM. Er ist fällig am 20. Dezember 1979, ohne Zins bis dahin.

XIII. Das Vertragsobjekt ist vermietet bzw. wird - teilweise - von der Stadt X voraussichtlich bis zum 30.6. 1980 genutzt. Dem Käufer sind die bestehenden Miet-/Nutzungsverträge bekannt; er tritt in diese Verträge ein. Die Mieteinnahmen stehen ab 20.12. 1979 dem Käufer zu.

XIV. Der Kaufpreis berechnet sich wie folgt:

Teilfläche 800 qm

aus Flurstück 242200 DM

Grundstücksteil 139880 DM

Gebäudeanteil an dem

vorbezeichneten Anwesen 909400 DM

zusammen 1249280 DM

abzüglich Ausgleichs-

zahlung für Nutzung

durch Stadt X für die

Zeit vom 20.12. 1979

bis 30.6. 1980 ./. 12418,32 DM

endgültig 1236861,68 DM

Eine Kopie des Nutzungsvertrages mit der Stadt X ist dieser Urkunde beigeheftet, und zwar als Anlage.

In dem mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag, der in XIII. und XIV. inhaltsgleiche Regelungen enthält, ist der Kaufpreis unter IX. mit (Grundstücksanteil 15500 DM + Gebäudeanteil 100775 DM = 116275 DM ./. Ausgleichszahlung 3638,29 DM =) 112636,71 DM errechnet worden.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ließen die Kläger die Ausgleichszahlungen - 12418,32 DM und 3638,29 DM - bei der Ermittlung der Anschaffungskosen unberücksichtigt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erhöhte bei der geänderten Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr die Anschaffungskosten für die Miteigentumsanteile um die Ausgleichszahlungen und erfaßte diese als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Nach erfolglosem Einspruch hat das Finanzgericht (FG) die Klage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 566 veröffentlichten Urteil abgewiesen.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie meinen, die Ausgleichszahlungen seien keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Die Kläger hätten nach Abschnitt XIII. der Kaufverträge den zwischen dem Veräußerer und der Stadt X abgeschlossenen unentgeltlichen Nutzungsvertrag vom 18. Juli 1978 erfüllen müssen. Diese Verpflichtung mindere den Grundstückswert, was in der Kaufpreisminderung und damit in den Anschaffungskosten für das Grundstück zum Ausdruck komme.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Entscheidung des Senats in der Sache (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Unrecht die Ausgleichszahlungen von 12418,32 DM und 3638,29 DM als Einnahme der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfaßt.

1. Bei der steuerlichen Zuordnung von Einnahmen zu der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung kommt es nicht auf die bürgerlich-rechtliche Form und Bezeichnung der von den Beteiligten geschlossenen Verträge an, sondern auf ihren wirtschaftlichen Gehalt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. Oktober 1973 VIII R 78/70, BFHE 111, 73, BStBl II 1974, 130; Beschluß vom 11. März 1976 IV B 62/75, BFHE 119, 135, BStBl II 1976, 535). Die Zahlung muß Gegenleistung für die zeitliche Überlassung des Gebrauchs oder Nutzung des überlassenen Gegenstandes sein (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 12. Aufl., § 21 Anm. 1; Blümich/Stuhrmann, 14. Aufl., § 21 EStG Rz. 66 Stichwort Allgemeines).

2. Geht man im Streitfall von diesen Grundsätzen aus, so sind die Ausgleichszahlungen entgegen der Ansicht des FG nicht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu beurteilen. Sie sind kein Entgelt für die Überlassung des Grundstücks an die Stadt X.

Grundlage für die Beurteilung sind die von den Klägern mit der Verkäuferin abgeschlossenen Verträge. Nach Abschnitt XIII. des jeweiligen Vertrags waren den Klägern die bestehenden Nutzungsverträge bekannt und damit auch, daß die Stadt X bisher berechtigt war, bestimmte Räume in dem von den Klägern erworbenen Geschäfts- und Wohnhaus unentgeltlich zu nutzen. Es steht ferner fest, daß die Kläger das Grundstück nur erwerben konnten, wenn sie in die bestehenden Verträge eintraten. Das bereits bestehende Nutzungsrecht der Stadt X sollte damit unverändert, und zwar als unentgeltliches, bestehen bleiben. Die vertraglichen Vereinbarungen enthalten keine Anhaltspunkte dafür, daß die Verkäuferin im Zusammenhang mit der Nutzung der fraglichen Räume durch die Stadt zusätzliche Verpflichtungen hat eingehen wollen, oder daß die Rechte der Stadt auf andere Weise verändert, insbesondere erweitert werden sollten. Die Kläger haben damit ein für sie teilweise ertragloses Grundstück erworben. Dem wurde bei der Höhe des Kaufpreises durch einen entsprechenden Abschlag Rechnung getragen. Bei dieser Sachlage können die Ausgleichszahlungen lediglich als Rechenposten bei der Ermittlung der Kaufpreisminderung angesehen werden, nicht jedoch als Nutzungsentgelt von dritter Seite.

3. Das FG ist von einer anderen Auffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif.

Die zutreffende Ermittlung der Einkünfte stellt sich wie folgt dar: (wird ausgeführt).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419288

BFH/NV 1994, 163

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