Versteuerung bei Zufluss versus Verteilung auf Laufzeit

§ 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 EStG setzt nicht voraus, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist. Die Zeitdauer muss jedoch anhand objektiver Umstände – ggf. im Wege einer Schätzung – zumindest bestimmbar sein (Anschluss an Urteil des BFH v. 4.6.2019, VI R 34/17, BStBl II 2021, S. 5).

Hintergrund: Gesetzliche Regelungen

Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer einem anderen zeitlich begrenzt unbewegliches Vermögen oder Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, gegen Entgelt zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 EStG kann der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

Sachverhalt: Versteuerung sofort bei Zufluss versus Verteilung auf Laufzeit

Der Kläger schloss mit einer GmbH am 25.9.2017 einen Nutzungsvertrag, aufgrund dessen er der GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von sog. Ökopunkten zur Verfügung stellte. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Von dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung unberührt blieb das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Ferner verpflichtete sich der Kläger, zugunsten der GmbH sowie zugunsten der zuständigen Behörde beschränkt persönliche Dienstbarkeiten zu bestellen. Schließlich verpflichtete sich die GmbH, zum Ende der Vertragslaufzeit die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen dinglichen Rechte zu bewilligen und zu beantragen.

Nach den im Rahmen der Veranlagungen vorgelegten Abrechnungen erhielt der Kläger von der GmbH die folgenden Beträge (netto):

2017

2.000 EUR

2018

10.000 EUR

2018

10.000 EUR

2019

19.125 EUR

2019

2.715 EUR

Summe

43.840 EUR

Das FA ordnete diese Beträge in den jeweiligen Streitjahren den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Die beantragte Verteilung der Einnahmen aus dem Nutzungsvertrag auf 20 Jahre lehnte es ab.

Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG wies die Klage ab.

Entscheidung: Revision ist unbegründet

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Zutreffend habe das FG die Zahlungen der GmbH an den Kläger den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugeordnet und deren Aufteilung auf einen Zeitraum von 20 Jahren abgelehnt.

Kläger erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Der Kläger habe aus dem Nutzungsvertrag Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die tatsächliche Würdigung des FG, der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarungen liege in einer Nutzungsüberlassung der Grundstücke, sei nicht zu beanstanden. Das FG hat seine Würdigung auf die vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit der GmbH gestützt. Der hieraus gezogene Schluss, der wirtschaftliche Schwerpunkt des zwischen der GmbH und dem Kläger geschlossenen Vertrags liege auf einer mit einer Vermietung oder Verpachtung vergleichbaren Nutzungsüberlassung des Grundstücks des Klägers, verbunden mit dem Recht der GmbH, die festgesetzten und eingebuchten Ökopunkte zu verwerten, sei möglich und weder durch Denkfehler noch durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst. Diese tatsächliche Würdigung binde den BFH.

Keine Verteilung der Einnahmen geboten

Ebenfalls in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise habe das FG eine Verteilung der Zahlungen der GmbH auf eine Laufzeit von 20 Jahren nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG abgelehnt, da ein (konkreter) Vorauszahlungszeitraum von mehr als 5 Jahren weder bestimmt noch bestimmbar sei.

Im Streitfall liege nach den Feststellungen des FG zwar ein Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als 5 Jahren vor, da die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Vertrags für 30 Jahre ausgeschlossen worden sei. Gleichwohl fehle ein bestimmbarer Vorauszahlungszeitraum.

Bei Bezug der Einnahmen, deren Verteilung in Rede stehe, müsse feststehen, dass der Vorauszahlungszeitraum für die Nutzungsüberlassung mehr als 5  Jahre beträgt. Hierfür genüge nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung. Zwar verlange das Gesetz nicht, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart sei. Erforderlich, aber auch ausreichend sei vielmehr, dass der (5 Jahre überschreitende) Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände – und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung – feststellbar (bestimmbar) sei. Denn die gleichmäßige Verteilung der Vorauszahlung auf den Vorauszahlungszeitraum setze denknotwendig voraus, dass dieser Zeitraum jedenfalls bestimmbar sei. Andernfalls sei eine gleichmäßige Verteilung der Einnahmen auf den Vorauszahlungszeitraum nicht möglich.

Gemessen an diesen Maßstäben und den tatsächlichen Feststellungen des FG sei der Vorauszahlungszeitraum weder bestimmt noch bestimmbar. Zwar stehe im Streitfall aufgrund des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für 30 Jahre ein Mindestnutzungszeitraum fest. Gleichwohl fehlten objektive Anhaltspunkte, anhand derer sich ein Ende der Nutzungsüberlassung bzw. des Vorauszahlungszeitraums – ggf. im Schätzungswege – feststellen ließe.

Dem FG sei zuzustimmen, dass allein der Umstand, eine ordentliche Kündigung (nach Ablauf von 30 Jahren) sei möglich, noch kein objektiver Beleg dafür sei, dass eine Kündigung auch erfolgen werde. Wie das FG zu Recht ausführe, bedürfe es – anders als im Fall einer Befristung – eines aktiven Handelns der Vertragspartner, dessen Eintritt unsicher sei.

Wirtschaftliche Gründe, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen, dass der Vertrag nach Ablauf von 30 Jahren gekündigt würde und damit die Nutzungsüberlassung und der Vorauszahlungszeitraum endeten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Hinweis: Eigene Wertung des Klägers unbeachtlich

Der Vortrag des Klägers, dass eine Kündigung im Streitfall die einzig wirtschaftlich sinnvolle Option sei, stelle lediglich dessen eigene Wertung dar. Objektive Gesichtspunkte, die diesen Schluss zulassen würden, fehlten. So lasse sich dem Vertrag weder entnehmen, für welche konkreten Maßnahmen die vertragsgegenständlichen Flächen zur Verfügung gestellt worden seien, noch sei geregelt, für welche Projekte die – nicht näher bezeichneten – Ökopunkte eingesetzt werden sollten. So sei eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten denkbar.

Anders als in dem Sachverhalt des BFH-Urteils v. 4.6.2019, VI R 34/17, BStBl II 2021, S. 5, fehle vorliegend eine Verknüpfung der Laufzeit eines konkreten Projekts, für das die Ökopunkte eingesetzt würden, mit der Laufzeit der Nutzungsüberlassung. Das FG hat es daher zu Recht abgelehnt, auf die Laufzeit einer üblichen Windkraftanlage abzustellen, da für einen solchen Zusammenhang keine Anhaltspunkte bestehen würden.

BFH, Urteil v. 12.12.2023, IX R 18/22; veröffentlicht am 7.3.2024

Alle am 7.3.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen