Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die selbständige Anfechtung der Kostenentscheidung des FG ist auch dann unzulässig, wenn die zwei Veranlagungszeiträume umfassende einheitliche Entscheidung des FG hinsichtlich eines Veranlagungszeitraums nur im Kostenpunkt und hinsichtlich des anderen Veranlagungszeitraums auch in der Hauptsache angegriffen wird.

Wird im Verfahren vor dem FG die vom Stpfl. wegen Nichtabgabe der Steuererklärung verursachte Schätzung nach § 217 AO im wesentlichen aufrechterhalten, weil sich die während des finanzgerichtlichen Verfahrens vom Stpfl. eingereichte Steuererklärung als so unbrauchbar erweist, daß davon auszugehen ist, daß er seine Erklärungs-, Nachweis- und Mitwirkungspflicht (§§ 166 ff. AO) grob verletzt hat, so trägt er die Kosten nach § 307 Abs. 3 AO a. F. (§ 137 FGO) auch, soweit er obsiegt.

 

Normenkette

AO § 307 Abs. 3, §§ 252, 232, 231; FGO §§ 137, 145 Abs. 1

 

Gründe

Mit seiner Rb. für die Jahre 1957 und 1958 griff der Stpfl. lediglich die Kostenentscheidung des FG an. Eine Revision des Urteils des FG lediglich wegen der Kostenentscheidung ist unzulässig (§ 145 Abs. 1 FGO) - Urteile des BFH VI 112/55 U vom 1. Februar 1957, BFH 64, 237, BStBl III 1957, 90, und I 10/58 S v. 16. Februar 1960, BFH 70, 388, BStBl III 1960, 145 -.

Diese Auffassung muß auch in den Fällen gelten, in denen der Stpfl. das sich auf mehrere Veranlagungszeiträume erstreckende einheitliche Urteil des FG nur wegen eines oder mehrerer, aber nicht wegen aller Veranlagungszeiträume in der Hauptsache, im übrigen nur wegen der Kostenentscheidung angreift. Man könnte einwenden, daß es sich bei Zugrundeliegen einer mehrere Veranlagungszeiträume umfassenden Entscheidung des FG um einen Steuerfall handle, so daß bei einem Veranlagungszeitraum nur die Kostenentscheidung, bei einem anderen auch die Hauptsache betreffenden Anfechtung eine einheitliche Anfechtung der Hauptsache darstelle. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß dann zwecks Nachprüfung der Kostenentscheidung auch die rechtskräftige Entscheidung zu dem in der Hauptsache nicht angegriffenen Veranlagungszeitraum nachgeprüft werden müßte, was im Interesse einer sachgerechten Lösung dieser nunmehr in § 145 Abs. 1 FGO ausdrücklich geregelten Frage durch die Ablehnung selbständiger Anfechtbarkeit einer nicht isolierten Kostenentscheidung vermieden werden soll. Auch bei einem einheitlichen Urteil der Vorinstanz richtet sich der Umfang der Anfechtung nach dem Begehren des Rechtsmittelführers, so daß, wenn dieser das Urteil nur wegen eines oder mehrerer, jedoch nicht wegen aller Veranlagungszeiträume angreift, die Prüfung des Urteils der Vorinstanz nicht auf die übrigen Veranlagungszeiträume ausgedehnt werden kann. Das gilt auch für die Kostenentscheidung des FG, die deshalb nur insoweit geändert werden kann, als der Rechtsmittelführer eine änderung der Vorentscheidung in der Hauptsache erstrebt.

...

Auch die Kostenentscheidung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Mit Recht nahm das FG, soweit der Stpfl. in der Berufung obsiegte, das Vorliegen eines Falles des § 307 Abs. 3 AO a. F. an. Die Vorschrift ist nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit anzuwenden. Es ist unter diesem Gesichtspunkt in der Regel gerechtfertigt, einem Steuerpflichtigen die Kosten nach § 307 Abs. 3 AO a. F. trotz teilweisen Obsiegens aufzuerlegen, wenn er wegen grober Versäumnisse in der Erfüllung seiner ihm nach §§ 167, 171 AO obliegenden Mitwirkungspflichten Anlaß zur Schätzung seiner Besteuerungsgrundlagen gibt, die Schätzung des FA damals in einem vertretbaren Rahmen lag und erst im Rechtsmittelverfahren nach weiterer Verfeinerung der Schätzungsmethode auf einen Betrag herabgesetzt wird, den der Stpfl. bei ordnungsgemäßer Abgabe seiner Steuererklärungen vermutlich von vornherein erreicht hätte (vgl. BFH-Urteil IV 106/59 U vom 21. Mai 1959, BFH 69, 121, BStBl III 1959, 308). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die im Streitjahr 1959 nur verhältnismäßig geringfügige Abweichung der Schätzung des FG von der des Finanzamts (FA) zugunsten des Stpfl. zeigt, daß die Schätzung des FA vertretbar war. Dieser Beurteilung stehen die im Urteil des Senats IV 203/57 U vom 23. Oktober 1958 (BFH 68, 25, BStBl III 1959, 10) entwickelten Grundsätze nicht entgegen, wonach Voraussetzung für die Anwendung des § 307 Abs. 3 AO in Schätzungsfällen ist, daß das FA den Stpfl. zur Einreichung seiner Steuererklärung aufforderte und ihm für den Fall, daß er der Aufforderung nicht nachkommt, die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 217 AO androhte. Der Stpfl. reichte seine Steuererklärungen 1959 erst beim FG ein. Die darin erklärten Besteuerungsgrundlagen weichen mit einem Gewinn von 5.503 DM und einem Umsatz von 230.178 DM so erheblich von den Schätzungen des FA (Gewinn = 17.500 DM; Umsatz 250.026 DM) und des FG (Gewinn = 17.350 DM; Umsatz 247.327 DM) ab, daß keine Rede davon sein kann, daß die erklärten Besteuerungsgrundlagen auch nur annähernd der Besteuerung zugrunde zu legen gewesen wären. Unter diesen Umständen wären dem Stpfl. trotz teilweisen Obsiegens beim FG die Kosten nach § 307 Abs. 3 AO auch dann aufzuerlegen, wenn er seine Steuererklärungen rechtzeitig eingereicht hätte. Das teilweise Obsiegen des Stpfl. vor dem FG beruht dann nicht auf den Angaben seiner Steuererklärung, deren verspätetes Einreichen ihm möglicherweise nach dem Urteil des Senats IV 203/57 U nicht zur Last gelegt werden könnte, weil bei Erfüllung der dem FA dem Stpfl. gegenüber obliegenden Fürsorgepflicht zutreffende Veranlagungen möglich und die Rechtsmittel vermeidbar gewesen wären, sondern allein darauf, daß er Besteuerungsgrundlagen erklärte, die sich als zur Durchführung zutreffender Veranlagungen so unbrauchbar herausstellten, daß von einer groben Verletzung der dem Stpfl. obliegenden Erklärungs-, Nachweis- und Mitwirkungspflicht auszugehen ist und die Schätzung nach § 217 AO durch das FA im wesentlichen auch der Höhe nach unter allen Umständen nötig wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412638

BStBl III 1967, 640

BFHE 1967, 326

BFHE 89, 326

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