Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Unterschrift

 

Leitsatz (NV)

Für die nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO einzuhaltende Schriftform der Revision ist eine handschriftliche Unterschrift erforderlich. Die Unterschrift muß einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend klarstellenden, individuell gestalteten Schriftzug aufweisen, der aber weder lesbar noch voll ausgeschrieben sein muß.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt. Er erhob in eigener Sache - und zwar wegen der gesonderten Gewinnfeststellung 1981 und wegen Festsetzung von Verspätungszuschlägen (Umsatzsteuer 1983, gesonderte Gewinnfeststellung 1982 und 1983) sowie wegen Aussetzung der Vollziehung (hinsichtlich der Festsetzung von Verspätungszuschlägen) - Klagen. Das Finanzgericht (FG) wies sämtliche Klagen zunächst durch Vorbescheide vom 4. September 1986 als unzulässig ab, da die Klageschriften nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden seien. Mit Schreiben vom 28. September 1986 beantragte der Kläger mündliche Verhandlung.

Aufgrund einer hierauf anberaumten mündlichen Verhandlung vom 25. November 1986 entschied das FG, daß die Vorbescheide vom 4. September 1986 als Urteile wirkten und die Anträge auf mündliche Verhandlung unzulässig seien. Zur Begründung führte das FG aus, die Anträge auf mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) seien schriftlich zu stellen. Schriftlichkeit verlange eine eigenhändige Unterschrift. Die Unterschrift des Klägers genüge den an Unterschriften zu stellenden Anforderungen indessen nicht.

Gegen diese Entscheidungen richten sich die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revisionen. Die Revisionen weisen als Unterschrift den Schriftzug auf, mit dem auch die Klageschriftsätze und die Anträge auf mündliche Verhandlung unterzeichnet worden waren. Es handelt sich um einen leicht gebogenen schräg verlaufenden Auf- (oder Ab-)Strich von etwa 3 cm Länge, einem vom unteren Ende dieses Striches etwa 1 cm entfernten Punkt (der bei einigen Unterschriften durch einen kleinen Aufstrich ersetzt ist) und einem nach rechts offenen Haken, dessen unterer Teil etwas stärker betont ist.

Zur Begründung seiner Revisionen führte der Kläger aus, eine Unterschrift müsse sich allgemein darstellen als ,,das schriftliche Bekenntnis zum Inhalt einer Urkunde durch den eigenhändigen Namenszug, der nicht unbedingt lesbar sein, jedoch charakteristische Besonderheiten aufweisen muß". Seine Unterschrift erfülle diese Voraussetzungen auch in rechtlicher Hinsicht. Er sehe im übrigen auch keine Möglichkeit, im Rechtsleben anders zu unterzeichnen, da sich sowohl in seinem Reisepaß als auch in seinem Personalausweis sowie in sämtlichen seiner Identifizierung dienenden Ausweiskarten seine vom FG beanstandete Unterschrift befände.

Der Kläger beantragt, die FG-Urteile aufzuheben und festzustellen, daß die Klagen rechtswirksam erhoben worden seien.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Revisionen als unzulässig zu verwerfen.

Die Revisionen, die gemäß § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sachen an das FG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind zulässig; sie wahren insbesondere die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform.

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision schriftlich einzulegen. Die Schriftform ist nur eingehalten, wenn die Revision handschriftlich unterschrieben ist. Bei der Unterschrift muß es sich um einen die Identität des Unterzeichnenden ausreichend klarstellenden, individuell gestalteten Schriftzug handeln, der aber weder lesbar noch voll ausgeschrieben sein muß (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1984 IV R 274/83, BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367, und vom 16. Januar 1986 III R 50/84, BStBl II 1986, 489). Da die Unterschrift lediglich sicherstellen soll, daß das Schriftstück auch vom Unterzeichner stammt, reicht es aus, daß ein individuell gestalteter Namensteil vorliegt, der die Absicht einer Unterschrift erkennen läßt, selbst wenn er nur flüchtig geschrieben worden ist. Es müssen allerdings mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt; ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, muß diesen Namen aus dem Schriftzug noch herauslesen können (BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367; BStBl II 1986, 489).

Nach diesen Beurteilungsmerkmalen ist der Schriftzug unter den Revisionen des Klägers als Unterschrift anzusehen. Der leicht gebogene Auf- (oder Ab-)Strich ist als . . . anzusehen, mit dem der Name des Klägers . . . beginnt. Der darauf folgende Punkt (in manchen Unterschriftfällen: der kleine Aufstrich) kann als . . . und der am Ende des Unterschriftszuges befindliche Haken mit der Betonung des unteren Hakenteils als . . . gedeutet werden. Diese Schriftführung weist einen individuellen Charakter auf und soll ersichtlich den ganzen Namen des Klägers darstellen. Damit läßt sich der Schriftzug noch als Unterschrift - und nicht als bloßes Handzeichen - ansehen.

2. Die zulässigen Revisionen sind auch begründet. Die Annahme des FG, die Klageschriftsätze sowie die Anträge auf mündliche Verhandlung seien nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden, ist unzutreffend. Der Kläger hat alle Schriftsätze mit dem gleichen Schriftzug unterzeichnet, mit dem er auch die Revisionen unterzeichnet hat. Da dieser Schriftzug den Anforderungen des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO für eine Revision genügt, erfüllt er in gleicher Weise auch die Anforderungen, die an die Schriftlichkeit einer Klageerhebung und eines Antrags auf mündliche Verhandlung zu stellen sind.

Die dazu notwendigen tatsächlichen Feststellungen konnte der Senat selbst treffen, ohne an die Würdigung durch das FG gebunden zu sein. Da die Sachurteilsvoraussetzungen und damit auch die Einhaltung der Form bei der Erhebung der Klage sowie bei der Stellung des Antrags auf mündliche Verhandlung von Amts wegen zu überprüfen sind, ist das Revisionsgericht insoweit Tatsacheninstanz (vgl. BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367).

Die Vorentscheidungen, die auf einer anderen Beurteilung des Sachverhalts beruhen, sind aufzuheben. Die Sachen sind nicht entscheidungsreif und daher an das FG zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415151

BFH/NV 1988, 781

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