Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Unterstützungsverein einer GmbH & Co. KG an dieser KG als Kommanditist beteiligt, so sind die Darlehen, die er der KG gewährt hat, bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der KG nicht als Betriebsschulden abzuziehen. 2. Über die Vermögensteuerfreiheit des Unterstützungsvereins sowie über den Erlaß von Steuern, die vom Einheitswert des Betriebsvermögens abhängen, kann in dem Verfahren über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der KG nicht entschieden werden.

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die aus einer GmbH hervorgegangen ist. Diese GmbH wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1959 in eine KG umgewandelt. An der KG waren an den hier maßgebenden Stichtagen eine GmbH als alleinige persönlich haftende Gesellschafterin, ferner der Beigeladene, ein Betriebsunterstützungsverein der Klägerin, und weitere 55 Kommanditisten beteiligt. Der Beigeladene ist dadurch Kommanditist der Klägerin geworden, daß er einen GmbH-Anteil von 10 627 DM an der früheren GmbH hielt, der durch die Umwandlung dieser GmbH in die KG zur Kommanditbeteiligung wurde. Der Beigeladene veräußerte diese Kommanditbeteiligung im Jahr 1961, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) berichtigte im Anschluß an eine Betriebsprüfung nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1959 und 1. Januar 1960. Dabei ließ das FA Darlehensschulden der Klägerin den Beigeladenen nicht zum Abzug zu. Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das FG hat den Beigeladenen nach § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren hinzugezogen.

Die Klägerin beantragt mit der Revision, unter Aufhebung des FG-Urteils den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1959 und 1. Januar 1960 um die Darlehensschulden an den Beigeladenen zu ermäßigen und den Anteil des Beteiligten an den Einheitswerten der Klägerin entsprechend herabzusetzen. Es wird Verletzung des § 59 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG) gerügt. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit des Beigeladenen hätten an den beiden Stichtagen entgegen der Auffassung des FG vorgelegen. Es liege auch entgegen der Meinung des FG ein Ausnahmefall vor, der abweichend von den allgemeinen Grundsätzen den Abzug einer Betriebsschuld rechtfertige. Wenn auch das Darlehen langfristig sei, so habe es doch den Charakter einer Verbindlichkeit an den Mitunternehmer nur für eine kurze Frist, nämlich für 1959 und 1960, gehabt. Der Umwandlung in eine Betriebsschuld habe auch keine darauf gerichtete Willensentscheidung des Beigeladenen zugrunde gelegen. Sie sei eine notwendige Folge der Umwandlung der Rechtsform bei dem Trägerunternehmen. Die Regelung des Abschn. 16 Abs. 3 VStR über den Abzug kurzfristig zur Verfügung gestellter Geldbeträge sei zumindest entsprechend anzuwenden. Das FG habe auch zu Unrecht eine Entscheidung über den Antrag nach § 131 AO verweigert. Das FA habe in seinem an das FG gerichteten Schreiben vom 2. Dezember 1971 die Anwendung von Billigkeitsmaßnahmen abgelehnt, so daß eine Billigkeitsentscheidung vorliege, die nach § 102 FGO vom FG nachzuprüfen gewesen sei.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Streitgegenstand sind im vorliegenden Verfahren die berichtigten Einheitswertbescheide über das Betriebsvermögen der Klägerin zum 1. Januar 1959 und 1. Januar 1960. Diese Bescheide richten sich an die Klägerin und an ihre Gesellschafter. Sie haben eine zweifache Funktion. Der Einheitswert der Klägerin bildet einmal die Grundlage für die Ermittlung des Gewerbekapitals der Klägerin (§ 12 Abs. 1 GewStG). Denn eine KG unterliegt als solche der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG). Das gilt auch für eine GmbH & Co. KG (vgl. Urteil des BFH vom 3. August 1972 IV R 235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799). Der Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin dient zum zweiten aber auch als Grundlage für die Berechnung der Anteile ihrer Gesellschafter an dem Einheitswert, weil die Gesellschafter mit diesen Anteilen, die bei ihnen Betriebsvermögen sind (§ 67 Abs. 1 Nr. 3), der Vermögensteuer unterliegen, während die GmbH & Co. KG als solche nicht vermögensteuerpflichtig ist.

2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Berichtigung der ursprünglichen Einheitswertbescheide nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig war. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung eine Berichtigung der Einheitswerte des Betriebsvermögens zuungunsten des Steuerpflichtigen nach dieser Vorschrift dann für zulässig angesehen, wenn neue Tatsachen "von einigem Gewicht" bekanntgeworden sind. Er hat in dem Urteil vom 16. Oktober 1970 III R 109/68 (BFHE 101, 25, BStBl II 1971, 152) entschieden, daß neue Tatsachen dann von einigem Gewicht sind, wenn sie zu einer Erhöhung des Einheitswerts von mindestens 5 000 DM führen. Diese Grenze ist im Streitfall nach den Feststellungen des FG bei weitem überschritten. Die Klägerin hat auch in der Revision keine substantiierten Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Berichtigungsbescheide mehr erhoben.

3. Es ist dem FG auch darin zuzustimmen, daß die Darlehen, die der Beigeladene der Klägerin gegeben hat, bei der Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Klägerin nicht als Betriebsschulden abgezogen werden können. Der Beigeladene war an den beiden hier maßgebenden Stichtagen Gesellschafter der KG. Die rechtlichen Beziehungen zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern können nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1971 III R 72/70, BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678, unter II 1) bewertungsrechtlich grundsätzlich nur einheitlich unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Beteiligung gewertet werden. Das ergibt sich daraus, daß insoweit Forderungen und Schulden nicht Fremdforderungen und Fremdschulden sind, weil die Gesellschafter an dem Schuldverhältnis auf der Gläubigerseite und auch auf der Schuldnerseite beteiligt sind. Das von einem Gesellschafter der Gesellschaft gegebene Darlehen ist deshalb wie eine Einlage zu behandeln. Es gehört zum Betriebsvermögen der Gesellschaft, ist aber bei der Aufteilung des Betriebsvermögens auf die Gesellschafter dem Gesellschafter vorweg zuzurechnen, der es gegeben hat. Der Senat hat allerdings Ausnahmen von diesen Grundsätzen dann zugelassen, wenn der Gesellschafter einer Personengesellschaft selbst einen Gewerbebetrieb unterhält und zwischen diesem Gewerbebetrieb und der Gesellschaft regelmäßige Geschäftsbeziehungen bestehen. Dann sind nach dem BFH-Urteil vom 14. März 1969 III R 108/67 (BFHE 95, 546, BStBl II 1969, 480) Forderungen und Schulden, die ihre Grundlage in den beiderseitigen regelmäßigen Geschäftsbeziehungen haben, bei der Feststellung der Einheitswerte für das Betriebsvermögen der Gesellschaft und des Gesellschafters anzusetzen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. Eine weitere Ausnahme lassen die VStR in Abschn. 16 Abs. 3 dann zu, wenn ein Mitunternehmer "kurzfristig Geldbeträge für die Gesellschaft (oder umgekehrt die Gesellschaft kurzfristig Geldbeträge für einen Mitunternehmer) ausgelegt hat". Aber auch ein solcher Ausnahmefall liegt entgegen der Auffassung der Klägerin hier nicht vor. Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß man die auf lange Zeit gedachte Zurverfügungstellung hoher Darlehensbeträge, die das Betriebskapital der Klägerin wesentlich verstärkt haben, nicht mit einer kurzfristigen Verauslagung von Geldbeträgen zugunsten der Gesellschaft vergleichen kann. Auch eine entsprechende Behandlung läßt sich nach Auffassung des Senats nicht rechtfertigen, selbst dann nicht, wenn man berücksichtigt, daß der Beigeladene ohne sein Zutun Mitunternehmer der Klägerin geworden ist und bereits 1961 seinen Kommanditanteil wieder veräußert hat. Nach dem im Bewertungsrecht maßgebenden Stichtagsprinzip ist es ausschlaggebend, daß der Beteiligte an den beiden hier in Betracht kommenden Stichtagen Kommanditist der Klägerin war und hohe Darlehensbeträge der Klägerin zur Verfügung gestellt hat. Wie es zu dieser Sachlage kam, ist nicht entscheidungserheblich.

4. Die Entscheidung des FG wird schon durch diese Erwägungen getragen. Einer weiteren Prüfung, ob der Ansatz des Darlehens beim Betriebsvermögen der Klägerin nach § 59 Nr. 1 BewG zu unterbleiben habe, bedurfte es nicht. Nach dieser Vorschrift gehören die Wirtschaftsgüter, die nach den Vorschriften des Vermögensteuergesetzes oder anderer Gesetze von der Vermögensteuer befreit sind, nicht zum Betriebsvermögen. Nach dem Vermögensteuergesetz sind befreit (vgl. Abschn. 24 Abs. 1 Nr. 1 VStR) die Wirtschaftsgüter, die nach § 1 Abs. 2 oder nach § 2 Abs. 3 VStG außer Ansatz bleiben, und die Wirtschaftsgüter, für die sich aus § 3 VStG objektive Befreiungen von der Vermögensteuer ergeben. Aus der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 7 VStG, auf die sich die Klägerin und der Beigeladene berufen, ergibt sich jedoch keine objektive Befreiung von der Vermögensteuer für einzelne Wirtschaftsgüter. Sie enthält vielmehr eine subjektive Steuerbefreiung für die dort genannten Pensions- und Unterstützungskassen. Selbst wenn der Beigeladene nach dieser Vorschrift von der Vermögensteuer befreit wäre, käme § 59 Nr. 1 BewG nicht zum Zuge. Das Darlehen müßte auch dann beim Betriebsvermögen der Klägerin angesetzt werden. Die Klägerin würde damit der Gewerbesteuer unterliegen (vgl. die Ausführungen oben zu 1.). Daraus folgt, daß darüber, ob der Beigeladene trotz seiner Stellung als Mitunternehmer der Klägerin die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Nr. 7 VStG genießt, nicht im vorliegenden Verfahren der Einheitswerte des Betriebsvermögens der Klägerin, sondern im Vermögensteuerveranlagungsverfahren des Beigeladenen zu entscheiden ist.

5. Das FG hat schließlich im Ergebnis zu Recht eine Entscheidung darüber, ob ein Erlaß aus Billigkeitsgründen nach § 131 AO zu gewähren ist, abgelehnt. Der Senat braucht zu der Frage, ob eine solche Entscheidung deswegen nicht möglich ist, weil es an einem Vorverfahren fehlt, nicht abschließend Stellung zu nehmen. Denn eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren ist schon deshalb ausgeschlossen, weil als Billigkeitsmaßnahme nur ein Erlaß der vom Einheitswert abhängigen Steuern in Betracht käme. Über einen solchen Erlaß kann aber nur in dem Veranlagungsverfahren dieser Steuern entschieden werden.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 562

BFHE 1974, 398

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