Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Beurteilung von Incentive-Reisen mit Betreuungsaufgaben als Arbeitslohn

 

Leitsatz (NV)

Die für die Beurteilung von sog. Incentive- Reisen als Arbeitslohn von der Rechtsprechung für Außendienstmitarbeiter entwikelten Grundsätze gelten auch, wenn an solchen Reisen Innendienstmitarbeiter teilnehmen (Anschluß an BFH-Urteil vom 25. März 1993 VI R 58/92, BFHE 171, 210, BStBl II 1993, 639).

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 16, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1981 und 1982 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war bei der I-AG als Leiter der Objektbeschaffung und Objektaufbereitung nichtselbständig tätig. Seine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, neue Objekte zu beschaffen und zu konzipieren, die dann durch selbständige Außendienstmitarbeiter an Kunden vermittelt wurden. In den Streitjahren organisierte die I-AG sog. Incentivereisen, mit denen die selbständigen Außendienstmitarbeiter bei Überschreiten bestimmter Umsatzgrenzen belohnt wurden. Neben den Außendienstmitarbeitern nahmen an den Reisen auch Vorstandsmitglieder und einige Innendienstmitarbeiter zusammen mit ihren Ehefrauen, darunter auch beide Kläger, teil. Die in 1981 veranstaltete Reise war eine Kreuzfahrt in Westindien. 1982 führte die Reise nach Mexiko. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) bewertete die Reisen für die Kläger als private Vergnügungsreisen und rechnete den Wert der Reisen dem Arbeitslohn des Klägers hinzu (1981: 16 272 DM; 1982: 15 743 DM).

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit im wesentlichen folgenden Gründen ab: Durch seine Teilnahme an den Reisen seien dem Kläger geldwerte Vorteile zugeflossen, die durch sein Dienstverhältnis veranlaßt und daher als Bezüge i. S. des § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu beurteilen seien. Der Kläger sei objektiv bereichert worden, und zwar unabhängig davon, daß er sich die Reisen sonst nicht selbst geleistet hätte und daß er über den Bezug der Leistungen nicht habe frei verfügen können. Es liege auch kein Fall der aufgedrängten Bereicherung vor. Der Kläger habe an den Reisen ein erhebliches Eigeninteresse gehabt. Dies ergebe sich aus dem Charakter der Reisen als Vergnügungsreisen. Der vom Kläger angeführte Zwang zur Teilnahme sei durch die in Aussicht gestellten Annehmlichkeiten völlig in den Hintergrund getreten. Dies gelte um so mehr, als auch die Ehefrauen teilgenommen hätten. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger in einer dienstlichen Funktion (z. B. als Reiseleiter) hätte teilnehmen müssen, seien nicht erkennbar. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der I-AG als Arbeitgeberin sei nicht gegeben gewesen. Die Reisen seien wesentlich durch Besichtigungsfahrten, kulturelle Veranstaltungen und Freiraum zur individuellen Gestaltung gekennzeichnet gewesen. Die betriebsbezogenen Gesichtspunkte, wie persönliche Kontakte, Erfahrungsaustausch und Motivation der Außendienstmitarbeiter, seien hinter dem hohen Erlebniswert der Reisen zurückgetreten. Im Vordergrund habe der Belohnungscharakter gestanden.

Mit der Revision begehren die Kläger die Aufhebung der Vorentscheidung sowie die Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1981 und 1982. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor: Die Vorentscheidung verstoße gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH); danach spreche gegen die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn einem Arbeitnehmer ein Vorteil derart aufgedrängt werde, daß er sich dem, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen, nicht entziehen könne. Im Klageverfahren sei unwidersprochen vorgetragen worden, daß die I-AG den Kläger im Rahmen des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts zur Teilnahme an den Reisen verpflichtet habe. Ohne Verletzung des Arbeitsvertrages habe er sich dieser Weisung nicht entziehen können. Sofern dies das FG nicht für erheblich gehalten habe, weil die Teilnahme an den Reisen ein attraktives und erstrebenswertes Ziel gewesen sei, handle es sich um reine Spekulation. Da er, der Kläger, kein Außendienstmitarbeiter gewesen sei, also keine Umsätze vermittelt habe, habe er nicht etwa einen Anspruch auf die Reise erlangt. Insoweit unterscheide sich der Streitfall von dem vom BFH durch Urteil vom 9. März 1990 VI R 48/87 (BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711) entschiedenen Fall, in welchem die betreffenden Arbeitnehmer selbst durch ihre berufliche Tätigkeit die Zugangsvoraussetzungen für die Reise erfüllt hätten. Mit der Begleitung der Vertriebsbeauftragten durch Innendienstmitarbeiter habe die I-AG nicht nur eine dauernde Präsenz von Firmenangehörigen bezweckt, sondern man habe über persönliche Kontakte die Verbesserung der Geschäftsbeziehungen zu den selbständigen Außendienstmitarbeitern erreichen wollen. Für ihn habe sich die Teilnahme an den Reisen als eine zeitlich begrenzte Verlagerung des Arbeitsplatzes mit einer erweiterten Aufgabenstellung dargestellt. Soweit das FG davon ausgegangen sei, seine beruflichen Erfolge seien maßgebend für die Weisung gewesen, an der Reise teilzunehmen, sei diese Folgerung durch den in den Rechtsstreit eingeführten Sachverhalt nicht gedeckt und bedeute damit einen Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht.

Das FA tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend die auf die Kläger entfallenden Reisekosten dem Arbeitslohn des Klägers zugerechnet. Die Vorentscheidung liegt auf der Linie des Urteils des Senats vom 25. März 1993 VI R 58/92 (BFHE 171, 210, BStBl II 1993, 639). Der Senat hat dort zu erkennen gegeben, daß als ein Indiz gegen die Annahme von Arbeitslohn gelten kann, wenn der mitreisende Arbeitnehmer für den reibungslosen organisatorischen Ablauf der Reise zu sorgen hat. Das FG hat für den Senat aber bindend festgestellt, daß der Kläger keine Reiseleiterfunktionen wahrzunehmen hatte.

Zutreffend hat das FG aus der Teilnahme der Ehefrauen der Innendienstmitarbeiter auf die Annehmlichkeiten und den Erlebniswert der Reisen geschlossen und die Bedeutung dieser Umstände für die Annahme von Arbeitslohn hervorgehoben. Insbesondere die Teilnahme auch der Klägerin an den Reisen ist Indiz für das erhebliche Eigeninteresse des Klägers. Die Reisen hatten damit für den Kläger nicht etwa ganz überwiegend Arbeitscharakter, sondern sie waren privaten Gruppenurlaubs reisen vergleichbar. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die weiteren Gründe des oben genannten Urteils ver wiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420067

BFH/NV 1995, 22

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