Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer/Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Liegen die Geschäftsanteile zweier Kapitalgesellschaften im gleichen Verhältnis in den Händen der gleichen Personen (Gesellschafter), so ist zwischen den beiden Unternehmen für die Körperschaftsteuer ein Organverhältnis ebensowenig anzunehmen wie für die Umsatzsteuer.

Liefert eine Kapitalgesellschaft an eine ausländische Kapitalgesellschaft, deren Geschäftsanteile treuhänderisch für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer gehalten werden, Waren unter Preis, um die ausländische Kapitalgesellschaft finanziell zu stärken, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

 

Normenkette

KStG § 6; EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig sind bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1954 und 1955 der Revisionsklägerinnen, zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Steuerpflichtige - Stpfl. zu 1 und Stpfl. zu 2 -), deren Berufungen (nach § 263 AO a. F.) das Finanzgericht (FG) zu gemeinsamer Entscheidung verbunden hat,

das Vorliegen eines Organverhältnisses und die Anerkennung eines zwischen den Stpfl. geschlossenen Ergebnisabführungsvertrages,

die Anerkennung einer Teilwertabschreibung aktiv abgegrenzter Insertionskosten der Stpfl. zu 1 - in Punkt 2 und 3 des Urteils als Stpfl. bezeichnet -,

die Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen im Zusammenhang mit Lieferungen der Stpfl. zu 1 an die Firma R-GmbH in Zürich.

Zu 1.: Mit notariellem Vertrag vom 5. März 1955 erwarben der Chemiker Dr. S. und seine Ehefrau (Gesellschafter der Stpfl. zu 1 und mit 90 bzw. 10 v. H. an deren Stammkapital beteiligt) als Gesellschafter der zu gründenden und am 19. März 1955 gegründeten Firma "D-GmbH" das Unternehmen der Einzelfirma D. Die neugegründete GmbH (Stpfl. zu 2) wurde am 28. September 1955 nach einer am 6. September 1955 erfolgten änderung der Firma in das Handelsregister beim Amtsgericht S. eingetragen. Ihre Geschäftsanteile lagen mit 90 bzw. 10 v. H. in den Händen der Gesellschafter der Stpfl., die ihre Anteile mit Wirkung vom 21. Dezember 1956 zu je 75 v. H. auf die Stpfl. zu 1 übertrugen.

Unter dem 15. Juni 1956 überreichte die Stpfl. zu 1 dem Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) einen vom 10. Mai 1955 datierten Gewinn- und Verlustausschließungsvertrag, den sie als Organträger mit der Stpfl. zu 2 geschlossen hatte. Seine Rückdatierung ist inzwischen nicht mehr streitig; über sein zeitliches Zustandekommen hat das FG Beweis erhoben. FA und FG erkannten den Vertrag für 1955 nicht als steuerlich wirksam an. Das FG begründet seine Entscheidung wie folgt:

Im Streitfall fehle es an der erforderlichen finanziellen Eingliederung der Stpfl. zu 2 in das Unternehmen der Stpfl. zu 1, da ihre Geschäftsanteile während des Jahres 1955 nicht bei dieser, sondern bei deren Gesellschaftern gelegen hätten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - I 62/59 S vom 25. Oktober 1960, BStBl 1961 III S. 69, Slg. Bd. 72 S. 185). Im übrigen habe die Stpfl. zu 1 nicht nachweisen können, daß der Vertrag noch vor dem 1. Januar 1956 abgeschlossen worden sei. Dem Hilfsantrag, bei Nichtanerkennung der Verlustübernahme eine Teilwertabschreibung auf ihre (dann gegebenen) Forderungen gegen die Stpfl. zu 2 zuzulassen, könne nicht entsprochen werden. Die Gesellschafter der Stpfl. zu 1 seien sich über die Notwendigkeit, Anfangsverluste der Stpfl. zu 2 ausgleichen zu müssen, im klaren gewesen; ein der Gesellschaft fremder Dritter hätte ihr die Geldmittel nicht zur Verfügung gestellt, so daß die Hingabe der Mittel durch die Stpfl. zu 1 wirtschaftlich als Einlage ihrer Gesellschafter zu behandeln sei.

Mit ihrer Rb. (Revision) macht die Stpfl. zu 1 geltend, daß ihre Gesellschafter die Geschäftsanteile der Stpfl. zu 2 lediglich treuhänderisch für sie - die Stpfl. zu 1 - gehalten hätten. Dies zeige die Firmierung der Stpfl. zu 2 und die übertragung der Geschäftsanteile im Vertrag vom 21. Dezember 1956.

Darüber hinaus könne es nach der Definition der Organschaft, wie sie zur Zeit des Abschlusses des Ergebnisabführungsvertrages allgemein verstanden worden sei (vgl. Blümich-Klein-Steinbring, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl. Anm. 57b zu § 1), nicht auf die kapitalmäßige Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, sondern allein auf deren finanzielle Eingliederung in den Betrieb des Organträgers ankommen. Der Begriff der finanziellen Eingliederung sei wirtschaftlich zu verstehen, so daß sie auch durch die finanzielle Abhängigkeit von einem Großgläubiger begründet sein könne (so auch Grieger, Sonderbeilage Nr. 6/1965 zu Teil IV Nr. 48 vom 27. November 1965 der Wertpapier-Mitteilungen). In diesem weiteren Sinne hätte bis zum Ergehen des BFH-Urteils I 62/59 S nach allgemeiner Auffassung auch eine kapitalmäßige Beteiligung der Gesellschafter des Organträgers an der Organgesellschaft zur Anerkennung der finanziellen Abhängigkeit ausgereicht. Der Ergebnisabführungsvertrag vom 10. Mai 1955 habe in seinem § 5 eine den Anforderungen der Finanzverwaltung entsprechende änderungsmöglichkeit vorgesehen und sei später dementsprechend auch geändert worden. Schließlich müsse bei der Beurteilung auch die Zuführung nicht unerheblicher Mittel als verdecktes Stammkapital berücksichtigt werden.

Der für die Herbeiführung der steuerlichen Wirksamkeit des Organverhältnisses erforderliche Ergebnisabführungsvertrag habe am 31. Dezember 1955 vorgelegen. Sein Zustandekommen ergebe sich zweifelsfrei aus den verschiedenen Zeugenaussagen. Daß die schriftliche Formulierung erst im Jahre 1956 abschließend festgelegt worden sei, ändere am Zustandekommen des Vertrages im Jahre 1955 nichts, zumal die Entwürfe in dem wichtigsten Punkt, dem Umfang des abzuführenden Gewinns bzw. des zu übernehmenden Verlustes, nicht voneinander abwichen. Außerdem bedürfe es nach der Rechtsprechung der Schriftform des Vertrages nicht. Der Vertrag sei auch in tatsächlicher Hinsicht durch die übernahme des Verlustes der Stpfl. zu 2 durch den Organträger durchgeführt worden.

Hilfsweise beantrage sie die Zulassung einer Teilwertabschreibung auf ihre Forderungen gegen die Stpfl. zu 2.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision in diesem Punkt ist nicht begründet.

Der Stpfl. zu 1 ist zuzugeben, daß der Ergebnisabführungsvertrag, der ein Organverhältnis zu körperschaftsteuerlicher Wirkung bringt, der Schriftform nicht bedarf (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - I 15/44 vom 9. Mai 1944, RStBl 1944 S. 539), obwohl sie sich aus Gründen der Klarstellung empfiehlt.

Im Streitfall waren indes weder ein Organverhältnis gegeben noch auch die Voraussetzungen für die Annahme eines Organverhältnisses hinsichtlich der finanziellen Abhängigkeit der Stpfl. zu 2 von der Stpfl. zu 1 erfüllt.

Soweit die Stpfl. zu 1 sich selbst - an Stelle ihrer Gesellschafter - als Beteiligte am Stammkapital der Stpfl. zu 2 ansieht, vermochte ihr der Senat nicht zu folgen. Ein Treuhandverhältnis, kraft dessen ihre Gesellschafter die Anteile der Stpfl. zu 2 für die Stpfl. zu 1 besessen hätten, lag nicht vor. Die Beteiligung ist in der Bilanz der Stpfl. zu 1 vom 31. Dezember 1955 nicht ausgewiesen, sondern noch in der Körperschaftsteuererklärung der Stpfl. zu 2 für 1955 (am 1. März 1957) als Eigentum der gemeinsamen Gesellschafter dargestellt worden (ß 11 Ziff. 3 StAnpG). Darüber hinaus hätte es angesichts der Fassung der notariellen Verträge vom 5. und 19. März 1955 einer klaren und von vornherein getroffenen Regelung bedurft, aus der sich das Treuhandverhältnis ergab (BFH-Urteil I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 288, Slg. Bd. 63 S. 237).

Im Streitjahr lagen somit die Anteile beider Stpfl. zu gleichem Verhältnis in den Händen ihrer Gesellschafter. Die Unternehmen der Stpfl. standen also eindeutig im Verhältnis der Nebenordnung, nicht der über- und Unterordnung; Führung und Willensbildung lagen für beide Unternehmen in der Person ihres gemeinsamen Gesellschafter-Geschäftsführers, Dr. S. Die beiden Stpfl. standen also nicht in einem Organverhältnis, sondern bildeten eine dieses ausschließende "Unternehmereinheit" (siehe BFH-Urteile V 162/52 S vom 8. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 113, Slg. Bd. 60 S. 294; V 66/57 U vom 23. April 1959, BStBl 1959 III S. 256, Slg. Bd. 68 S. 677). Die in diesen Urteilen für das Umsatzsteuerrecht entwickelten und schon im Streitjahr gültigen Grundsätze sind durch den § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG in der Fassung des 11. änderungsgesetzes vom 16. August 1961 (BGBl 1961 I S. 1330) bestätigt. Danach ist jetzt zur Anerkennung einer Organschaft bei der Umsatzsteuer eine finanzielle Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft in Höhe von mindestens 75 v. H. des Kapitals oder des Stimmrechts erforderlich.

Dieser Grundsatz des Umsatzsteuerrechts, nach dem zwischen gleichgeordneten Unternehmen, deren Anteile in der Hand der gleichen Gesellschafter liegen (die nicht ihrerseits ein Unternehmen bilden), kein Organverhältnis gegeben sein kann, kann auch für die Körperschaftsteuer nicht außer Betracht bleiben. Schon im Urteil I 62/59 S hat der Senat ausgeführt, der Umstand, daß bei der Körperschaftsteuer - im Gegensatz zur Umsatzsteuer - die subjektive Steuerpflicht der abhängigen Kapitalgesellschaft stets aufrechterhalten sei, spreche dafür, daß gerade hier ein Organverhältnis nur anzuerkennen sei, wenn die Organträgerin nach bürgerlichem Recht die Mehrheit der Anteile der Untergesellschaft unmittelbar besitze. Außerdem setzt auch der zur Anerkennung der Organschaft im Körperschaftsteuerrecht - im Gegensatz zum Umsatzsteuerrecht - zusätzlich geforderte bürgerlich-rechtliche Gewinn- und Verlustausschlußvertrag als ein Vorgang in der gesellschaftsrechtlichen Sphäre (vgl. § 256 des Aktiengesetzes - AktG - 1937, § 293 AktG 1965, §§ 45, 46 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) eine beherrschende finanzielle Beteiligung des Organträgers am Organunternehmen voraus. Der Senat hat daher in seiner Rechtsprechung zur Körperschaftsteuer in den Urteilen I 62/59 S und I 210/60 S vom 18. April 1961 (BStBl 1961 III S. 368, Slg. Bd. 73 S. 278) eine eigene unmittelbare Beteiligung des Organträgers am Stammkapital oder an den Stimmrechten des Organunternehmens als dem Begriff der finanziellen Beteiligung wesentlich festgestellt. Eine Rechtsprechung des BFH zur Körperschaftsteuer, nach der die Beteiligung der gleichen Gesellschafter an zwei Kapitalgesellschaften als Grundlage für die Anerkennung der Organschaft in Betracht komme, ist nicht feststellbar. Diese Auffassung ist insbesondere weder dem Urteil I 62/59 S noch den Urteilen V 162/52 S und V 66/57 U zu entnehmen. Angesichts des grundlegenden Urteils zur Umsatzsteuer V 162/52 S vom 8. Februar 1955 erscheint es auch nach dem Dargelegten kaum möglich, daß der BFH für die Körperschaftsteuer bei "Unternehmereinheiten" im Gegensatz zum Umsatzsteuerrecht die Organschaft anerkannt hätte. Die Aufgabe einer ständigen Rechtsprechung erst im Jahre 1960 und eine Enttäuschung des in sie gesetzten Vertrauens der Stpfl. sind also nicht festzustellen. Die von den Stpfl. für die Behandlung des vorliegenden Falles geforderte Gleichstellung von Gesellschaftern und Gesellschaft wäre im übrigen als ein unzulässiger Durchgriff durch die juristische Person abzulehnen (Urteile des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58 und 1 BvR 232/60, BStBl 1962 I S. 500, 506).

Da die finanzielle Beteiligung nicht gegeben ist, bedarf die Frage, ob, wie weiter erforderlich, der Betrieb des Organunternehmens im Innenverhältnis für Rechnung und Gefahr und nach den Weisungen des Organträgers geführt wird (wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung), keiner Erörterung.

Dem Hilfsantrag der Stpfl. zu 1 konnte nicht entsprochen werden. Die steuerliche Nichtanerkennung des Vertrages vom 10. Mai 1955 läßt dessen bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit im Verhältnis zwischen den Beteiligungen unberührt. Daß er aufgehoben worden sei, ist nicht vorgetragen worden und hätte dem Hauptantrag der Stpfl. die Grundlage entzogen. Damit bestanden seitens der Stpfl. zu 1 keine Forderungen gegen die Stpfl. zu 2, deren Wertansatz hätte streitig sein können.

Zu 2.: Die Stpfl. hatte im Jahre 1953 eine Reihe langfristiger Insertionsverträge abgeschlossen. Im Jahre 1954 hatte sie - zum Teil auf ihren ausdrücklichen Wunsch - Voraus-, Proforma- und Dispositionsrechnungen erhalten, deren Beträge sie im gleichen Jahr in voller Höhe passivierte. Da die Inserate jedoch im Jahre 1954 noch nicht erschienen waren, berichtigte die Stpfl. auf die Beanstandung des FA, daß Verpflichtungen aus schwebenden Verträgen nicht passiviert werden dürften, ihre Bilanz durch die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens. Auf diesen begehrt sie eine Abschreibung, weil sie mit dem 31. Dezember 1954 zur unmittelbaren ärztewerbung übergegangen sei, die - verglichen mit der Umsatzsteigerung im Jahre 1954 bei einer gleichzeitigen Steigerung der Insertionskosten - eine Senkung des Werbeaufwands und eine weit stärkere Umsatzsteigerung erbracht habe.

Das FA hält eine Fehldisposition nicht für gegeben, da der Werbeaufwand (1953 = 18 v. H., 1954 = 20 v. H. des Umsatzes) sich im Rahmen des Vorjahres gehalten habe. Das FG wies die Berufung als unbegründet zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führt es aus:

Die von der Stpfl. geleisteten Vorauszahlungen auf Insertionsrechnungen seien hinsichtlich ihrer aktiven Rechnungsabgrenzung nicht anders als Miet-, Pacht- oder Zinsvorauszahlungen zu behandeln, die erst in einem späteren Jahr als dem Jahr ihrer Verausgabung Aufwand würden. Der mit der Abgrenzung erzielte Effekt werde durch eine Teilwertabschreibung aufgehoben. Das Verlangen einer Teilwertabschreibung gehe aber von der unzutreffenden Annahme aus, daß die Werbewirkung aktiviert worden sei, während die Aktivierung tatsächlich nur der zutreffenden Aufwandsverteilung diene.

Mit ihrer Rb. (Revision) bestätigt die Stpfl., daß sie die für das Jahr 1955 bestimmten Anzeigenaufträge bereits vor dem 31. Dezember 1954 erteilt hatte. Sie seien im voraus in Rechnung gestellt und passiviert worden, da es sich insoweit um schwebende, beiderseits noch nicht erfüllte Geschäfte handele, aus denen sich für sie in Anbetracht der Umstellung ihrer Werbung am 31. Dezember 1954 Verluste abzeichneten, die in der Bilanz zum 31. Dezember 1954 zu berücksichtigen seien.

Die Revision in diesem Punkt führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.

Das FG scheint angesichts der Buchung einer aktiven Rechnungsabgrenzung davon ausgegangen zu sein, daß die von der Stpfl. angeforderten Rechnungen nicht passiviert, sondern als Aufwand gebucht, d. h. bereits bezahlt waren. Das war aber nach dem Sachvortrag der Stpfl. nicht der Fall.

Buchmäßig würde es sich - ausgehend mit dem FG von der Annahme, daß die Rechnungen am 31. Dezember 1954 in Höhe des der Rechnungsabgrenzung zugewiesenen Betrages bezahlt waren - zunächst grundsätzlich nur um eine periodengerechte Aufteilung von Aufwendungen handeln, die als solche das Betriebsvermögen der Stpfl. bereits gemindert hatten. Geht man dagegen mit der Stpfl. davon aus, daß die Zahlung am 31. Dezember 1954 in Höhe des sowohl passivierten als auch der "Rechnungsabgrenzung" zugewiesenen Betrages noch geschuldet wurde, so handelte es sich um ein schwebendes, von beiden Seiten noch nicht erfülltes, jedoch auf längere Dauer abgestelltes Rechtsverhältnis, für dessen Bilanzierung kein Raum ist, dessen Auswirkungen aber, wenn sie bilanziert werden, voll zu erfassen sind (BFH-Urteil I 69/62 U vom 15. Mai 1963, BStBl 1963 III S. 503, Slg. Bd. 77 S. 499).

Solche Auswirkungen will die Stpfl. geltend machen, wenn sie vorträgt, daß die mit dem 31. Dezember 1954 erfolgte Umstellung ihrer Werbung die an sich das Jahr 1955 berührenden Insertionskosten als wertlosen Aufwand (Verlust) kennzeichne, der nach der Rechtsprechung des BFH zur Frage der Berücksichtigung drohender Verluste aus schwebenden Verträgen zum 31. Dezember 1954 steuerlich zu berücksichtigen sei.

Wie das FG mit Recht ausgeführt hat, handelt es sich im Streitfall - anders als beim Erwerb eines Wirtschaftsgutes, aus dessen späterer Weiterveräußerung infolge eines zwischenzeitlich eingetretenen allgemeinen Preisrückganges bereits am Bilanzstichtag ein Verlust zu erwarten ist (BFH-Urteil IV 164/63 U vom 29. Juli 1965, BStBl 1965 III S. 648) - um Werbeaufwand, der nicht in seiner (nicht vorhandenen) Eigenschaft als Wirtschaftsgut, sondern in seiner Eigenschaft als reiner Unkostenfaktor entweder in der Verlust- und Gewinnrechnung oder in der Bilanz erfaßt wird. Ein solcher Unkostenfaktor kann über seinen - regelmäßig jeweils dem Wirtschaftsjahr, dem er zugehört, zuzurechnenden - Nennbetrag hinaus keinen Verlust begründen.

Eine andere Frage aber ist es, ob dieser Aufwand bereits zu einem früheren Zeitpunkt gewinnmindernd berücksichtigt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der von ihm erwartete Erfolg - in diesem früheren Zeitpunkt erkennbar - schlechthin nicht eintreten wird.

Das FG wird deshalb zu prüfen haben, ob die Stpfl. ihre im Jahre 1953 begründeten Verpflichtungen aus den Insertionsverträgen im Jahre 1955 erfüllt hat, obwohl sie die Wertlosigkeit der Verträge und ihrer Erfüllung für ihr Unternehmen kannte. Es wird weiter zu prüfen haben, ob und inwieweit bei Erfüllung der Verträge der von der Stpfl. hieraus erwartete Erfolg bereits am 31. Dezember 1954 erkennbar schlechthin mit Null anzusetzen war; denn ein gewisses Risiko schließt jeder Werbeaufwand insofern ein, als ein ziffernmäßig zu begrenzender Erfolg von ihm nicht zu erwarten ist. Nur wenn dies bejaht werden kann, ist eine Berücksichtigung des an sich das Jahr 1955 belastenden Aufwandes als drohender Verlust bereits am 31. Dezember 1954 möglich.

Zu 3.: Die Stpfl. lieferte in den Streitjahren Waren an die am 10. September 1953 gegründete Firma "R-GmbH" in Zürich, deren Gesellschafter die Eheleute R. in Zürich waren; diese hielten jedoch ihre Geschäftsanteile als Treuhänder des Hauptgesellschafters der Stpfl. und waren nach den ebenfalls am 10. September 1953 abgeschlossenen Mandatsverträgen verpflichtet, ihr Mandat seinen Weisungen entsprechend zu verwalten. Bei diesen Warenlieferungen stellte die Stpfl. der Züricher Firma Unterpreise in Rechnung, die insgesamt unstreitig für 1954 auf 9.000 DM, für 1955 auf 13.000 DM angenommen wurden. Das FA sah hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung, während die Stpfl. eine Bereicherung ihres Gesellschafters als nicht gegeben ansieht. Die Schweizer Firma habe gegen starke Konkurrenz der großen Chemiekonzerne ins Geschäft gebracht werden müssen.

Die Berufung der Stpfl. blieb ohne Erfolg. Das FG begründet seine Entscheidung wie folgt:

Eine verdeckte Gewinnausschüttung sei jeder Vorteil, den eine Erwerbsgesellschaft einem oder mehreren ihrer Gesellschafter oder den Gesellschaftern nahestehenden Personen mit Rücksicht auf deren Gesellschaftereigenschaft zuwende (BFH-Urteil I 12/55 U vom 16. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 43, Slg. Bd. 62 S. 111). Solche nahestehenden Personen könnten auch juristische Personen sein (BFH-Urteil I 203/61 S vom 9. März 1962, BStBl 1962 III S. 338, Slg. Bd. 75 S. 193). Im Streitfall hätte die Stpfl. angesichts der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung ihrem Gesellschafter gegenüber auf einen Teil des Kaufpreises verzichtet; daß die Anteile der Züricher Firma für den Gesellschafter der Stpfl. treuhänderisch verwaltet wurden, ändere nichts an der tatsächlichen und wirtschaftlichen Beherrschung der Züricher Gesellschaft durch ihn.

In ihrer Rb. (Revision) führt die Stpfl. hiergegen aus, daß die Vermögensverschiebung zwischen Kapitalgesellschaften keine verdeckte Gewinnausschüttung sei, da es an einer Bereicherung des Gesellschafters fehle. Die Gründe der Unterfakturierung seien allgemeinwirtschaftlicher Art gewesen, nicht eine Vorteilszuwendung an ihren Gesellschafter.

Die Revision in diesem Punkt ist nicht begründet. Wie die Stpfl. selbst ausführt, lag der Zweck der Unterfakturierung darin, der Züricher Gesellschaft den Ausbau ihrer Marktstellung und die Bildung entsprechenden Eigenkapitals zu ermöglichen. Der Wunsch, sich im Interesse der Sicherung ihres Exportgeschäfts auf dem Schweizer Markt durchzusetzen, habe sie veranlaßt, "eine von uns abhängige Gesellschaft in Zürich" zu gründen. Damit scheiden überlegungen, die eine Unterfakturierung gegenüber einer fremden Firma begründen (Dumping zum Zwecke der vollen Kapazitätsausnutzung, des Absatzes von überproduktion oder zur Bekämpfung ausländischer Konkurrenz), im Streitfalle aus.

Der Stpfl. wäre zuzustimmen, wenn sie selbst Treugeberin der Geschäftsanteile der Züricher Firma gewesen wäre. In diesem Falle würden die von ihr vorgetragenen Gründe anzuerkennen und in Anbetracht der von ihr verfolgten Eigeninteressen für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung kein Raum sein. Tatsächlich ist aber Treugeber der Geschäftsanteile ihr Gesellschafter und sind die vorgetragenen Momente (Schaffung einer abhängigen Gesellschaft in der Schweiz) von ihm, nicht von der Stpfl. selbst verwirklicht worden. Damit sind die hier verfolgten Interessen aber als solche des Gesellschafters der Stpfl. gekennzeichnet und die im Ergebnis der Züricher Gesellschaft zugewendeten Vorteile so zu beurteilen, als ob sie von der Stpfl. dem Gesellschafter und von diesem der Züricher Firma zugewendet worden seien. Denn ohne die Beteiligung ihres Hauptgesellschafters an der Stpfl. hätte für diese kein Anlaß bestanden, einen ihr fremden, nicht von ihr - unmittelbar oder mittelbar - abhängigen Firma in der Schweiz einen derartigen Vorteil zuzuwenden (BFH-Urteil I 325/61 S vom 25. Oktober 1963, BStBl 1964 III S. 17, Slg. Bd. 78 S. 46).

 

Fundstellen

Haufe-Index 411967

BStBl III 1966, 285

BFHE 1966, 205

BFHE 85, 205

BB 1966, 973

DB 1966, 925

DStR 1966, 348

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