Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch der Prozeßbevollmächtigten auf Akteneinsicht in Kanzlei oder Wohnung

 

Leitsatz (NV)

Im finanzgerichtlichen Verfahren haben Rechtsanwälte grundsätzlich keinen Anspruch darauf, die Gerichtsakten in ihrer Wohnung oder in ihren Geschäftsräumen einzusehen (Anschluß an BFH-Beschluß vom 10. August 1978 IV B 20/77, BFHE 126, 1, BStBl II 1978, 677).

§ 102 FGO gilt nur für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen von Behörden, nicht für die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen. Der BFH ist als Beschwerdegericht Tatsacheninstanz und deshalb gehalten, eigenes Ermessen auszuüben (Anschluß an BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475, m.w.N.).

 

Normenkette

FGO § 78 Abs. 1 S. 1, § 102; VwGO § 100 Abs. 2 S. 3; SGG § 120

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Prozeßbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreiben in X eine Rechtsanwalts- und Steuerberaterpraxis. Sie beantragten in dem beim Finanzgericht (FG) Münster anhängigen Rechtsstreit der Kläger, ihnen die Akten zur Einsicht in ihr Büro zu übersenden.

Das FG hat den Antrag abgelehnt. Der Berichterstatter hat jedoch verfügt, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Akten dem Amtsgericht X zum Zweck der Einsichtnahme durch die Prozeßbevollmächtigten zuzuleiten. Das FG führt in seinem Beschluß im wesentlichen aus: Die Entscheidung darüber, ob die Akten einem Rechtsanwalt oder Steuerberater ausnahmsweise in seine Kanzlei überlassen werden könnten, sei eine Ermessensentscheidung. Dabei seien die für und die gegen eine Aktenversendung sprechenden Interessen gegeneinander abzuwägen, hier also das dienstliche Interesse an einem geordneten Geschäftsgang (Vermeidung von Aktenverlusten, jederzeitige Verfügbarkeit der Akten und Wahrung des Steuergeheimnisses gegenüber Dritten) einerseits mit dem privaten Interesse an der Ersparnis von Zeit und Kosten bei Gewährung der Akteneinsicht an der vom Beteiligten oder seinem Prozeßbevollmächtigten gewünschten Stelle andererseits. Bei dem Gebrauch des Ermessens sei der vom Gesetzgeber in § 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gesteckte Ermessensrahmen zu beachten. Danach sei den Beteiligten grundsätzlich zuzumuten, sich zur Ausübung ihres Rechts auf Akteneinsicht zum Gericht zu begeben. Ausnahmen von diesem Grundsatz könnten sich daraus ergeben, daß aufgrund besonderer Umstände eine Einsichtnahme in die Akten in der Geschäftsstelle undurchführbar oder für die Beteiligten unzumutbar sei. Immer müsse es sich jedoch um einen Sonderfall handeln (z.B. körperliche Behinderung des Beteiligten oder seines Prozeßbevollmächtigten). Ein solcher sei nicht etwa schon im Hinblick auf die mit jeder Einsichtnahme bei Gericht verbundenen Zeitaufwendungen, Unbequemlichkeiten oder wirtschaftlichen Nachteile mehr oder minder großen Gewichts gegeben. Anderenfalls würde das vom Gesetzgeber gewollte Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil verkehrt. Nach diesen Grundsätzen rechtfertigten die von den Prozeßbevollmächtigten der Kläger vorgetragenen Gründe - Zuverlässigkeit des Büros, Akteneinsicht in Steuerstrafsachen, Gleichbehandlung mit Richtern, Referendaren und dem Beklagten - nicht die Übersendung der Akten in deren Büroräume.

Mit der Beschwerde tragen die Prozeßbevollmächtigten der Kläger im wesentlichen vor, im Finanzprozeß habe sich das Verfahrensrecht dahin entwickelt, daß die Kläger - auch ihre Prozeßbevollmächtigten - generell einen Rechtsanspruch auf Übersendung der Akten in das Büro des Prozeßbevollmächtigten hätten, wenn dieser als Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, Steuerberatungsgesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder Rechtsanwalt zugelassen sei. Insoweit habe eine Rechtsfortbildung zur Wiederherstellung ausreichenden Rechtsschutzes stattgefunden. Es reiche nicht aus, wenn das FG die Übersendung der Akten in das nächstgelegene Gericht oder Finanzamt (FA) zulasse. Nur in der Kanzlei des Bevollmächtigten könne eine effektive Akteneinsicht gerade auch in Gegenwart der Kläger (- evtl. einschließlich der Hausberater -) stattfinden. Die restriktive Handhabung der Akteneinsicht durch den Bundesfinanzhof (BFH) sei mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO sehe keine örtliche Einschränkung vor. Dem Wortlaut lasse sich nicht entnehmen, daß die Akten nur im Gericht eingesehen werden könnten. Die Einsicht im Büro des Prozeßbevollmächtigten gefährde den Be- und Zustand der Akten nicht. Ein Rechtspflegeorgan gefährde die Akten nicht. Die Postwege in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) seien sicher. Die Akteneinsicht könne auf zwei Wochen befristet werden. Die derzeitige Gerichtspraxis stelle eine unverhältnismäßige Erschwerung zu Lasten des Steuerpflichtigen dar und widerspreche der Fairneß des Verfahrens (vgl. Woring, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1985, 544). Die diskriminierende BFH-Rechtsprechung schränke die Berufsausübung des Anwalts ein. Es gehe nicht um Unbequemlichkeit und Zeitaufwand. Die Aktenauswertung sei auch ineffektiv, weil beim FA und bei Gericht kein Einmann-Arbeitszimmer zur Verfügung stehe. Wenn FÄ die Akten an die FG schickten, drohe offenbar kein postalischer Verlust, auch nicht, wenn die FG diese an die Amtsgerichte sendeten, wohl aber bei Versendung an die Rechtsanwaltsbüros. Dies sei willkürlich und widerspreche dem maßvollen Gesetzesvollzug. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 9. Juli 1991 20 W 201/91 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1992, 846) verdichte sich das Ermessen des Gerichts auf eine Pflicht zur Überlassung der Akten. Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster vom 29. August 1977 X A 1062/77 (NJW 1978, 69) sehe einen guten Sinn darin, Rechtsanwälten und Hochschullehrern die Akten zu übersenden. Nach OLG Hamm vom 1. August 1990 29 W 77/90 (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ - 1991, 93) müsse für die Verweigerung ein annehmbarer Grund gegeben sein. Diese Auslegung gelte auch für die FGO. Hinzuweisen sei auch auf die Entscheidungen des OLG Hamm vom17. März 1989 14 W 21/89 (NJW 1990, 843), des OLG Düsseldorf vom 22. März 1987 18 U 53/87 (Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR - 1987, 768), des Landgerichts Hanau vom 2. Juli 1984 3 T 225/84 (Anwaltsblatt - AnwBl - 1984, 503) und des Landgerichts Hamm vom 20. Juni 1974 8 Ta 56/74 (NJW 74, 1920). Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Dezember 1960 3 ZR 191/59 (NJW 1961, 559) sei überholt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. Juli 1977 5 BJ 124/77 (MDR 1977, 1051) sei in der Regel die Übersendung der Akten in die Geschäftsräume des Rechtsanwalts nicht ausgeschlossen. Zur Vorbereitung einer Verfassungsbeschwerde werde gerügt: Die Diskriminierung (also Gleichheitsverstoß), Rechtsschutzverkürzung (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG -), Verstoß gegen Art. 12 GG und gegen das Rechtsstaatsprinzip. Der Gleichheitsverstoß beziehe sich auch auf die Organe der Rechtspflege. Während die Gerichtsbarkeit laufend entlastet werde, werde der Vertreter der Bürger als Organ der Rechtspflege laufend mehr belastet.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig. Entscheidungen der Finanzgerichte über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht sind keine prozeßleitenden Verfügungen i.S. des § 128 Abs. 2 FGO, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. Die Entscheidung des FG über den Antrag eines Prozeßbevollmächtigten auf Überlassung der Akten in seine Kanzlei nach § 78 FGO unterliegt deshalb der Beschwerde (§ 128 Abs. 1 FGO; vgl. BFH-Beschluß vom 24. März 1981 VII B 64/80, BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475).

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Entgegen der Auffassung der Prozeßbevollmächtigten der Kläger ergibt sich aus dem Begriff einsehen und der Regelung über die Erteilung von Abschriften durch die Geschäftsstelle des Gerichts, daß die Einsichtnahme der Akten bei Gericht die Regel sein soll und eine vorübergehende Überlassung der Akten an den Prozeßbevollmächtigten nur ausnahmsweise in Betracht kommt. § 78 FGO enthält keine dem § 100 Abs. 2 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechende Bestimmung, wonach es im Ermessen des Vorsitzenden steht, die Akten dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zur Mitnahme in seine Wohnung oder in seine Geschäftsräume zu übergeben. Diese Regelung wurde in die FGO nicht aufgenommen, da dies eine Bevorzugung der Rechtsanwälte gegenüber den anderen als Bevollmächtigte in Betracht kommenden Berufsgruppen bedeuten würde (BTDrucks IV/1446, S. 53). Daraus kann zwar nicht gefolgert werden, daß im finanzgerichtlichen Verfahren die Aktenübersendung an den Prozeßbevollmächtigten stets ausgeschlossen werden sollte; es bestätigt aber, daß im finanzgerichtlichen Verfahren Rechtsanwälte grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben, die Gerichtsakten in ihrer Wohnung oder in ihren Geschäftsräumen einzusehen (BFH-Beschluß vom 10. August 1978 IV B 20/77, BFHE 126, 1, BStBl II 1978, 677).

Die Entscheidung darüber, ob die Akten einem Prozeßbevollmächtigten ausnahmsweise zur Einsicht in dessen Geschäftsräume überlassen werden können, ist im finanzgerichtlichen Verfahren eine Ermessensentscheidung. Dabei sind die gegen eine Aktenübersendung sprechenden Interessen (insbesondere Vermeidung von Aktenverlusten, Wahrung des Steuergeheimnisses gegenüber Dritten, jederzeitige Verfügbarkeit der Akten) gegenüber den Interessen des Prozeßbevollmächtigten an der Übersendung abzuwägen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 21. November 1991 VII B 55/91, BFH/NV 1992, 403, m.w.N.).

Der erkennende Senat ist nicht auf eine Überprüfung der Ermessensausübung durch das FG beschränkt. § 102 FGO gilt nur für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen von Behörden, nicht für die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen. Der BFH ist als Beschwerdegericht Tatsacheninstanz und deshalb gehalten, eigenes Ermessen auszuüben (BFHE 133, 8, BStBl II 1981, 475, m.w.N.).

Für die Art und Weise der Ausübung des Ermessens ist das in § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis maßgebend. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat weiterhin anschließt, sind die Ausnahmen auf eng begrenzte Sonderfälle beschränkt. Räumliche Enge bei Gericht und das Fehlen von Kopiermöglichkeiten sind keine Gründe für die Aktenübersendung in die Geschäftsräume eines Prozeßbevollmächtigten (BFH-Beschluß vom 23. Juli 1990 IV B 87/90, BFH/NV 1991, 325). Das gleiche gilt für starke Arbeitsüberlastung und Zeitaufwand für die Fahrt zum Gericht (BFH-Beschluß vom 17. Januar 1989 X B 180/88, BFH/NV 1989, 645; vom 13. Juli 1992 XI B 62/91, XI B 63/91, BFH/NV 1992, 832). Eine größere Entfernung zwischen Gericht und Kanzlei begründet ebenfalls keinen Sonderfall, wenn es möglich ist, die Akten an ein Gericht oder eine Behörde am Sitz des Bevollmächtigten zu übersenden, damit sie dort eingesehen werden können (BFH-Beschluß vom 10. Oktober 1990 II B 73/90, BFH/NV 1991, 332; und in BFH/NV 1992, 403).

Die Einwendungen der Prozeßbevollmächtigten der Kläger gegen diese Rechtsprechung sind nicht geeignet, im finanzgerichtlichen Verfahren in der Regel eine Pflicht zur Überlassung der Akten an den Bevollmächtigten anzunehmen. Die Berufung auf verwaltungsgerichtliche Praxis geht schon deshalb fehl, weil § 100 Abs. 2 Satz 3 VwGO für die Akteneinsicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich die Möglichkeit der Übergabe der Akten an den Rechtsanwalt eröffnet. Abgesehen davon ist die Praxis der Verwaltungsgerichte nicht einheitlich. Nach dem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsge- richtshofs vom 18. Februar 1982 8 C 81 A 2385 (DÖV 1982, 604) hat der Vorsitzende auch im Geltungsbereich der VwGO einen relativ weiten Ermessensspielraum und kann die Herausgabe der Akten in die Kanzlei des Rechtsanwalts auf besondere Ausnahmefälle beschränken.

In § 120 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) fehlt allerdings eine dem § 100 Abs. 2 Satz 3 entsprechende Formulierung. Das BSG geht in seinem Beschluß vom 28. Juli 1977 5 BJ 124/77 (MDR 1977, 1051) zwar nicht vom Regel-Ausnahme-Verhältnis, sondern von einer Ermessenserwägung im Einzelfall aus. Dabei reicht es aber für die Ablehnung der Aktenübersendung schon aus, daß die Einsichtnahme bei Gericht wegen des geringen Umfangs der Akten nicht unzumutbar erscheint.

Der BGH hat zu der § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO entsprechenden Vorschrift des § 299 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) entschieden, daß die Versendung der Akten an den Prozeßbevollmächtigten schon dann abgelehnt werden kann, wenn dafür ein annehmbarer Grund besteht. Andernfalls würde indirekt die Lage hergestellt, die bestünde, wenn ein Recht auf Aktenversendung anzuerkennen wäre (Urteil vom 12. Dezember 1960 3 ZR 191/59, NJW 1961, 559). Soweit andere Zivilgerichte einen großzügigeren Standpunkt vertreten haben, kann dem für das finanzgerichtliche Verfahren nicht gefolgt werden. Die Prozeßakten bei den Zivilgerichten sind mit denen im finanzgerichtlichen Verfahren in aller Regel nicht vergleichbar. In diesem bilden - wie auch die Fassung des § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO (Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten) gegenüber § 299 Abs. 1 ZPO (Prozeßakten) ergibt - die Steuerakten einen wesentlichen Bestandteil der Prozeßakten. Bei ihnen handelt es sich um Originalakten, an deren Bestand und Unversehrtheit der Steuergläubiger - aber auch der Steuerbürger - ein schutzwürdiges Interesse hat. Die mit jeder Versendung verbundene Verlustgefahr ist bei ihnen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Für entsprechende Originalakten wird auch im Zivilprozeß die Akteneinsicht nur bei Gericht gewährt (vgl. Schneider, MDR 1984, 110). Hinzu kommt im finanzgerichtlichen Verfahren - anders als im Zivilprozeß - das Gebot der Wahrung des Steuergeheimnisses. Jede Versendung birgt die Gefahr in sich, daß unbefugte Dritte Kenntnis vom Akteninhalt erlangen und ihn weitergeben. Dieser Gefahr kann, wenn schon eine Übersendung der Akten wegen der Entfernung des Anwalts vom Ort des Gerichts notwendig ist, nur durch Übersendung an eine andere Behörde oder ein Gericht begegnet werden. Die dortigen Bediensteten unterliegen als Amtsträger bzw. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete dem Steuergeheimnis (§ 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Auslegung des § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO teilt der Senat nicht. Eine gleichheitswidrige Bevorzugung des FA im Hinblick auf die Akteneinsicht ist nicht erkennbar. Die Besserstellung in bezug auf Aktenkenntnis und Aktenanforderung ergibt sich daraus, daß es sich bei den Steuerakten um eigene Akten des FA handelt. Inwiefern ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die behauptete Entlastung von Verwaltung und Gerichten im Vergleich zur Belastung der Rechtsanwälte in Betracht kommen könnte, ist mangels Vergleichbarkeit nicht nachvollziehbar. Der Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG beschränkt sich auf die Abwehr an sich verfassungswidriger, weil etwa übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vo 11. Juni 1958 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377). Einen solchen Eingriff stellt die Handhabung der Akteneinsicht in der Finanzgerichtsbarkeit nicht dar. Ebensowenig handelt es sich dabei um eine unzumutbare, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigende Erschwerung des Rechtswegs, die gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen würde. Daß die Ablehnung der Übersendung von Akten in das Büro des Prozeßbevollmächtigten den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt, ist vom BVerfG bereits entschieden (vgl. Beschluß vom 26. August 1981 2 BvR 637/81, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1982, 77, und vom 11. Juli 1984 1 BvR 1523/83, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1984, 478).

Nach den vorstehenden Grundsätzen vermögen die vorgetragenen Gründe die Übersendung der Akten in das Büro der Prozeßbevollmächtigten der Kläger nicht zu rechtfertigen. Diese können die Akten beim Amtsgericht X einsehen. Unbequemlichkeit und - mangels eigenen Arbeitszimmers - beeinträchtigte Ruhe beim Aktenstudium sind Umstände, die regelmäßig mit der Akteneinsicht verbunden sind. Sie allein sind nicht geeignet, die Ausnahme von der Regel der Akteneinsicht bei Gericht zu begründen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 187

BB 1993, 2293

NJW 1994, 751

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