Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretung durch früheren Gebrechlichkeitspfleger

 

Leitsatz (NV)

Legt ein Rechtsanwalt und Steuerberater Revision ein, ohne eine Vollmacht vorzulegen, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt und Steuerberater zum Gebrechlichkeitspfleger bestallt war, die Pflegschaft aber vor Einlegung der Revision aufgehoben worden ist. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Rechtsanwalt und Steuerberater zu tragen.

 

Normenkette

FGO § 62; BGB § 1910 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), vertreten durch den zum Gebrechlichkeitspfleger (§ 1910 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) bestallten Notar, Rechtsanwalt und Steuerberater A, wurde vom Finanzgericht (FG) durch Urteil vom 15. März 1991 als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Das Amtsgericht B hat die Pflegschaft durch Beschluß vom 2. Mai 1991 aufgehoben.

Schließlich hat Notar, Rechtsanwalt und Steuerberater A im Namen der Klägerin am 8. Juli 1991 Revision eingelegt. Seinem Antrag um Fristverlängerung für die Begründung der Revision hat der Senat entsprochen, und zwar unbeschadet seiner Rechtsauffassung zur Zulässigkeit der Revision. Die Geschäftsstelle des Senats hat Notar, Rechtsanwalt und Steuerberater A unter Hinweis auf § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfolglos um Übersendung einer Prozeßvollmacht bis zum 28. September 1991 gebeten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Läßt sich ein Beteiligter im Prozeß durch einen Bevollmächtigten vertreten (§ 62 FGO), so hat er eine schriftliche Vollmacht zu erteilen (§ 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Vollmacht kann nach § 62 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz FGO nachgereicht werden. Das Vorliegen dieser Prozeßvollmacht ist von Amts wegen zu prüfen.

Trotz der Aufforderung der zuständigen Geschäftsstelle hat der als Prozeßbevollmächtigter Aufgetretene nicht den Nachweis erbracht, daß ihm schriftliche Vollmacht erteilt worden ist (vgl. § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO). Die Revision war daher wegen Fehlens einer Sachentscheidungsvoraussetzung unzulässig (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5; BFH-Urteil vom 1. April 1971 IV R 208/69, BFHE 102, 442, BStBl II 1971, 689).

Notar, Rechtsanwalt und Steuerberater A war durch den Hoheitsakt der Bestallung zum Gebrechlichkeitspfleger der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin geworden. Seine Bevollmächtigung beruhte nicht auf der Erteilung einer Vollmacht (BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1982 IV R 113/82, BFHE 137, 3, BStBl II 1983, 239; Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 28. April 1967 IV ZB 448/66, BGHZ 48, 147 ff., 161; BGH-Urteil vom 24. Juni 1987 IV b ZR 5/86, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 49). Infolge der Aufhebung der Gebrechlichkeitspflegschaft durch den Beschluß des Amtsgerichts B vom 2. Mai 1991 hatte er seine Stellung als Prozeßbevollmächtigter vor Einlegung der Revision (8. Juli 1991) wieder verloren.

Die Entscheidung ergeht gegen die Klägerin als Beteiligte, für die der vollmachtlose Vertreter A aufgetreten ist (BFH in BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5).

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind dem vollmachtlosen Vertreter A aufzuerlegen, der die erfolglose Anrufung des BFH veranlaßt hat (BFH-Beschluß vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5; vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438, und vom 11. Juli 1975 III R 124/74, BFHE 116, 110, BStBl II 1975, 714).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418147

BFH/NV 1992, 404

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