Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretung einer GbR bei schikanöser Verweigerung der Vollmacht durch vertretungsberechtigten Gesellschafter

 

Leitsatz (NV)

Die Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind mangels anderer Vereinbarungen nur gemeinschaftlich klagebefugt; das gilt auch, wenn einer der Gesellschafter für eine im Namen der Gesellschaft erhobene Klage die Erteilung einer Vollmacht schikanös verweigert.

 

Normenkette

FGO § 58 Abs. 2, § 62; BGB § 709 Abs. 1, §§ 714, 730 Abs. 2

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dabei kann dahinstehen, ob ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet worden ist. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

1. Das Finanzgericht (FG) hat angenommen, klagebefugtes Rechtssubjekt sei die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), auch wenn es im Rubrum Frau X als Klägerin bezeichnet. Die "Partei"bezeichnung könne jedoch ausgelegt werden. Dementsprechend hat das FG folgerichtig ausgeführt, daß für die Klage der GbR die Vollmacht aller Gesellschafter erforderlich sei. Mangels entgegenstehender besonderer Vereinbarungen steht die Geschäftsführung einer GbR den Gesellschaftern gemäß § 709 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur gemeinschaftlich zu und sind die Gesellschafter nur gemeinschaftlich i. S. von § 714 BGB zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 6. Oktober 1987 VIII R 330/83, BFH/NV 1988, 184; vom 29. Juni 1989 V R 112/88, V B 72/89, BFHE 157, 308, BStBl II 1989, 850, sowie Urteil vom 10. August 1989 V R 36/84, BFH/NV 1990, 386, und Senatsbeschluß vom 17. Mai 1994 IV B 54/93, BFH/NV 1995, 86). Das gilt nicht nur für die Klage betreffend die Umsatzsteuer, sondern auch für die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung (vgl. z. B. Senatsurteil vom 12. Dezember 1985 IV R 330/84, BFHE 145, 495, BStBl II 1986, 408), und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft nicht mehr bestehen sollte (§ 730 Abs. 2 Satz 2 BGB). Auch wenn die Mitgesellschafterin die Erteilung der Vollmacht schikanös gegenüber der Vollmacht erteilenden Gesellschafterin verweigert haben sollte, wäre es deren Sache gewesen, für eine im Namen der GbR erhobene Klage die Vollmacht der Mitgesellschafterin beizubringen (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1988, 184).

Im übrigen kann dahinstehen, ob ein Verfahrensmangel darin zu sehen ist, daß das FG den Antrag vom 1. September auf Verlegung des für den 2. September 1994 anberaumten Verhandlungstermines abgelehnt hatte. Zwar kann in einem solchen Fall der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sein (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240). In der Beschwerdeschrift ist aber auch jetzt nicht dargelegt, inwiefern durch ein -- lediglich infolge des Verfahrensfehlers des FG -- unterbliebenes Vorbringen die Entscheidung des FG bei Zugrundelegung dessen sachlich-rechtlicher Auffassung hätte anders ausfallen können (BFH-Beschlüsse vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502, und vom 27. April 1993 III B 109/91, BFH/NV 1993, 678). Dazu wird in der Beschwerdeschrift erneut lediglich vorgetragen, die Mitgesellschafterin habe die Erteilung der Vollmacht in schikanöser Absicht versagt. Das war bereits Gegenstand des Vortrags der Klägerin vor dem FG. Das FG brauchte nach seiner Auffassung darauf nicht einzugehen, weil der entsprechend begründete Fristverlängerungsantrag erst nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlußfrist zur Beibringung der Vollmacht gestellt worden war.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420864

BFH/NV 1996, 155

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