Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Glaubhaftmachung der Absendung einer Revisionsschrift

 

Leitsatz (NV)

Die Vorlage oder Ablichtung einer Revisionsschrift genügt nicht zur Glaubhaftmachung ihrer rechtzeitigen Absendung; das gilt auch für die bloße Behauptung, die Revisionsschrift sei laut Postausgangsbuch an das FG abgesandt worden, wenn weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, wann, in welcher Weise und durch welche Person die Revision zur Post oder möglicherweise unmittelbar zu Gericht gebracht worden ist (Anschluß an BFH - Beschluß vom 24. September 1991 XI R 38/88, BFH/ NV 1992, 258).

 

Normenkette

FGO § 56

 

Tatbestand

Mit Urteil vom 15. März 1990 hat das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) abgewiesen. Durch Beschluß vom 28. Juni 1991 hat der erkennende Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Beschluß wurde lt. Postzustellungsurkunde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 19. Juli 1991 zugestellt. Nachdem eine Revision nicht vorgelegt worden war, sandte die Geschäftsstelle des Senats die gesamten Akten an das FG mit Anschreiben vom 14. Okober 1991 zurück. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers erhielt entsprechende Abgabenachricht. Mit Telefax vom 31. Oktober 1991 übersandte dieser dem Bundesfinanzhof (BFH) eine Kopie der Revisionsschrift nebst Begründung vom 6. August 1991 und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung der beantragten Wiedereinsetzung führte er aus, entgegen der ihm am 17. Oktober 1991 zugestellten Abgabenachricht vom 14. Oktober 1991 habe er eine Revision vorgelegt. Ausweislich seines Postausgangsbuches habe er die Revisonsschrift am 6. August 1991 an das FG abgesandt.

Die Geschäftsstelle des FG teilte daraufhin dem BFH mit, der Eingang der angeblich am 6. August 1991 zur Post gegebenen Revisionsschrift sei nicht festzustellen. Weder befinde sich eine entsprechende Eintragung über den Eingang einer per Einschreiben an das FG gesandten Revisonsschrift im Einlieferungsbuch für Wert- und Einschreibesendungen noch enthalte das Journal über die eingehenden Telefaxschreiben eine entsprechende Eintragung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig; sie ist gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluß zu verwerfen.

Der Kläger hat die Revisionsfrist von einem Monat versäumt (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils oder nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision schriftlich beim FG einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen.

Im Streitfall war die Revision durch Beschluß des erkennenden Senats vom 28. Juni 1991 zugelassen worden. Laut Postzustellungsurkunde war dieser Beschluß in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten dessen Bediensteten X am 19. Juli 1991 übergeben worden. Die Revisionsfrist lief mithin am Montag, den 19. August 1991 (§ 54 i.V.m. § 222 der Zivilprozeßordnung - ZPO - und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) und die Revisionsbegründungsfrist am Donnerstag, den 19. September 1991 ab (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Mit Ablauf der Revisionsfrist am 19. August 1991 war jedoch die Revisionsfrist nicht beim FG eingegangen; ihr Eingang läßt sich beim FG bis heute nicht feststellen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren (§ 56 Abs. 1 FGO), weil die Nichteinhaltung der Revisionsfrist nicht unverschuldet ist. Zwar hat der Prozeßbevollmächtigte für den Kläger mit Telefax vom 31. Oktober 1991 binnen zwei Wochen nach Erhalt (angeblich am 17. Oktober 1991 zugestellt) des Hinweises der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 14. Oktober 1991 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Aber Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, sind nicht - wie nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO erforderlich - hinreichend vorgetragen oder zumindest doch nicht glaubhaft gemacht worden. Die Vorlage oder Ablichtung einer Revisionsschrift stellt für sich allein keine Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Absendung der Revision dar (BFH-Beschluß vom 24. September 1991 XI R 38/88, BFH/NV 1992, 258). Es entspricht der Lebenserfahrung, daß hin und wieder fertig geschriebene und unterzeichnete Schriftsätze versehentlich nicht abgesandt werden. Auch die bloße Behauptung, die Revisionsschrift sei lt. Postausgangsbuch am 6. August 1991 an das FG abgesandt worden, reicht dazu nicht aus. Es wird weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, wann, in welcher Weise und durch welche Person die Revisionsschrift zur Post oder möglicherweise unmittelbar zu Gericht gebracht wurde (BFH-Beschlüsse in BFH/ NV 1992, 258 und vom 28. Februar 1985 VIII R 261/84, BFH/NV 1986, 30 und Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1990 VII ZB 9/90, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 619). Der Kläger hat nicht einmal Kopien des Postausgangsbuches oder den Protokollstreifen über den Abgang der Revisionsschrift am 6. August 1991 vorgelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO; sie erfaßt auch die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (BFH- Urteil vom 6. Februar 1991 II R 36/87, BFHE 163, 125, BStBl II 1991, 367).

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 553

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