Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Glaubhaftmachung der Absendung einer Revision

 

Leitsatz (NV)

Die Vorlage der Ablichtung einer Revisionsschrift stellt für sich allein keine Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Absendung der Revision dar.

 

Normenkette

FGO § 56

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat über die Klage durch Urteil vom 16. Dezember 1986 entschieden. Der Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) über die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 16. Oktober 1987 zugestellt. Nachdem eine Revision gegen das Urteil nicht eingegangen war, erging am 28. Januar 1988 ein Kostenbeschluß, der dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 12. Februar 1988 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 1988, beim BFH eingegangen am 22. Februar 1988, legte der Prozeßbevollmächtigte gegen den Kostenbeschluß Beschwerde ein und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Vorlage der Ablichtung einer Revisionsschrift vom 19. Oktober 1987.

Nachdem der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch den Geschäftsstellenleiter des damals zur Entscheidung zuständigen VIII. Senats am 24. Februar 1988 fernmündlich darauf hingewiesen worden war, daß die versäumte Rechtshandlung nachzuholen und Tatsachen zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags glaubhaft zu machen seien, legte der Prozeßbevollmächtigte mit Schriftsätzen vom selben Tage, beim FG eingegangen am 25. Februar 1988, Revision ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Das Finanzamt (FA) hält die Revision für unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspreche.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, denn sie wurde verspätet eingelegt (§§ 120 Abs. 1, 126 FGO). Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) rechtfertigen würden, sind nicht hinreichend vorgetragen oder, soweit sie vorgetragen wurden, nicht glaubhaft gemacht. Der Prozeßbevollmächtigte trägt lediglich vor, daß ,,unter dem 19. 10. 1987" . . . durch ihn . . . ,,die Revision eingelegt worden" sei. Weder wird vorgetragen noch glaubhaft gemacht, wann und durch welche Person die Revisionsschrift zur Post oder möglicherweise unmittelbar zu Gericht gebracht wurde (vgl. BFH-Beschluß vom 28. Februar 1985 VIII R 261/84, BFH/NV 1986, 30; Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1990 VII ZB 9/90; Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 619). Ein Tatsachenvortrag zu diesen Fragen ist schon bei jeder verspätet bei Gericht eingegangenen Revisionsschrift erforderlich (vgl. BFH-Beschluß vom 28. Januar 1986 VIII R 9/84, BFH/NV 1986, 417), um die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu prüfen. Er ist um so weniger verzichtbar, wenn eine Revisionsschrift überhaupt nicht in den Posteingang des Gerichts gelangt ist.

Die Vorlage der Ablichtung eines Schreibens vom 19. Oktober 1987 stellt für sich allein keine Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Absendung einer Revisionsschrift dar. Denn es entspricht - wie die zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand belegen - der Lebenserfahrung, daß hin und wieder fertig geschriebene und unterzeichnete Schriftsätze versehentlich nicht abgesandt werden. Eine allgemeine Vermutung, daß das Original einer bei den Akten des Prozeßbevollmächtigten befindlichen Ablichtung am Tag des angegebenen Datums oder einen Tag danach an den bezeichneten Empfänger abgesandt wurde, besteht nicht.

Daß der Prozeßbevollmächtigte kein Postausgangsbuch führte, kann nicht zu einer anderen Beurteilung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen. Das Postausgangsbuch wäre allenfalls unterstützend geeignet, die Absendung der Revisionsschrift glaubhaft zu machen. Das Fehlen eines solchen Buches kann aber umgekehrt nicht in irgend einer Weise vermutungsbegründend sein. Es kann insbesondere nicht die Annahme rechtfertigen, jedes zur Absendung bestimmte Schriftstück sei tatsächlich abgesendet worden.

Auch der Hinweis auf einen am 19. Oktober beim FA gestellten Aussetzungsantrag macht nicht glaubhaft, daß gleichzeitig die Revisionsschrift abgesandt wurde. Zum einen ist der Aussetzungsantrag selbst nicht glaubhaft gemacht worden. Die Bemerkung, daß ,,dies amtsseitig nachgeprüft werden" könne, reicht hierfür nicht aus. Zum anderen belegt die Absendung eines Schriftstücks an den Adressaten A nicht, daß ein zeitgleich verfaßtes Schreiben an den Adressaten B ebenfalls abgesandt wurde.

Da die Revision bereits wegen Fristversäumnis unzulässig ist, kann auf sich beruhen, ob die Revisionsbegründung inhaltlich den in § 120 Abs. 2 FGO vorgeschriebenen Erfordernissen entspricht, insbesondere, ob es - wie das FA meint - an der vorgeschriebenen Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm fehlt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418024

BFH/NV 1992, 258

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