Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens

 

Leitsatz (NV)

Ein Wiederaufnahmeverfahren ist grundsätzlich auch gegen Beschlüsse des BFH zulässig. Die Rüge fehlender Sachaufklärung und deshalb versäumter Sachentscheidung begründet keinen der in §134 FGO i.V.m. §§579, 580 ZPO geregelten Wiederaufnahmegründe. Dieses Vorbringen erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer statthaften Gegenvorstellung.

 

Normenkette

FGO § 134; ZPO §§ 579-580

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die (Sprung-)Klage der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) zur Durchführung des Vorverfahrens an das beklagte Finanzamt (FA) zurückgegeben. Das Vorverfahren wurde durchgeführt und mit Einspruchsentscheidung abgeschlossen. Klage wurde dagegen nicht erhoben, so daß die Entscheidung bestandskräftig geworden ist. Dies hat das FG der Antragstellerin auf richterliche Anordnung mitgeteilt. Dagegen hat sich die Antragstellerin mit persönlich an den Bundesfinanzhof (BFH) gerichtetem Schreiben gewendet. Mit diesem Schreiben begehrte sie unter Hinweis auf Art. 95 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und §36 der Finanzgerichtsordnung (FGO), das FG zur Durchführung einer Klage zu veranlassen. Der Senat hat den Antrag als Beschwerde behandelt und mit Beschluß als unzulässig verworfen.

Mit Schriftsatz vom 9. März 1998 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, weil der erkennende Senat es unterlassen habe, eine Sachaufklärung durchzuführen und eine Sachentscheidung zu erlassen. Darin liege eine Außerkraftsetzung der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung und zugleich eine Verletzung der Grundrechte, Menschenrechte und der Menschenwürde der Antragstellerin sowie eine Begünstigung der rechtsstaatswidrigen Pfändung und Vollstreckung des beklagten FA.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist nicht statthaft.

a) Gegen Beschlüsse des BFH ist nach der FGO, die das Verfahren vor dem BFH regelt, kein Rechtsmittel gegeben. Der Beschluß des Senats ist damit formell rechtskräftig.

b) Soweit die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt, kann dem nicht entsprochen werden, weil sie keinen der Gründe vorgetragen hat, die ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigen könnten. Grundsätzlich ist ein Wiederaufnahmeverfahren zwar auch gegen Beschlüsse des BFH möglich. Erforderlich dafür ist aber, daß das Vorliegen einer der in §134 FGO i.V.m. §§579, 580 der Zivilprozeßordnung (ZPO) abschließend aufgeführten Gründe schlüssig vorgetragen wird (BFH-Beschlüsse vom 22. März 1994 VII E 13, 14/93, BFH/NV 1995, 36; vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §134 Rz. 4 und allgemein vor §33 Rz. 13). Die Antragstellerin hat keinen der in diesen Vorschriften genannten Gründe geltend gemacht. Insbesondere gehört die von ihr gerügte fehlende Sachaufklärung und versäumte Sachentscheidung nicht zu den in §134 FGO i.V.m. §§579, 580 ZPO geregelten Wiederaufnahmegründen. Mit dem Vortrag der Antragstellerin ist daher dem Erfordernis einer substantiierten, in sich schlüssigen Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes i.S. der §§579, 580 ZPO nicht Genüge getan.

c) Das Vorbringen der Antragstellerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer statthaften Gegenvorstellung. Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgericht und in einzelnen Entscheidungen der BFH ausnahmsweise die Gegenvorstellung für statthaft halten würden, nämlich dann, wenn das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt oder gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßen worden ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. Dezember 1990 XI S 16/92 und XI S 17/92, BFH/NV 1993, 485; vom 21. Dezember 1990 V B 40/90, BFH/NV 1991, 612, und vom 21. Februar 1996 VII S 19/95, BFH/NV 1996, 621), liegen nicht vor. Daß der Beschluß vom 6. Februar 1998 auf einem solchen gravierenden Rechtsverstoß beruht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

d) Im übrigen ist die Verfahrenshandlung der Antragstellerin auch deshalb unwirksam, weil sie den vor dem BFH bestehenden Vertretungszwang trotz mehrfachem Hinweis durch die Geschäftsstelle des Senats nicht beachtet hat. Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich jeder Beteiligte -- sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt -- vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zu diesem Personenkreis gehört die Antragstellerin nicht. Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung -- hier der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens -- unwirksam.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302963

BFH/NV 1998, 1491

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