Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageart, wenn Auszahlung negativer Umsatzsteuer begehrt wird

 

Leitsatz (NV)

Eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage kann nur Erfolg haben, wenn der Auszahlungsanspruch zuvor aufgrund eines abgeschlossenen Vorverfahrens durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist und nur noch seine Erfüllung aussteht.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 1, § 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Mit Schriftsatz vom 2. September 1989 beantragte die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) u. a., den Beklagten, Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) zu verurteilen, an sie, die Antragstellerin, 10 143 DM zu zahlen, ihr Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen und ihr den Prozeßbevollmächtigten beizuordnen. Die Klage sollte nur als erhoben angesehen werden, soweit auch PKH bewilligt werde. Den Zahlungsanspruch leitete die Antragstellerin aus den Bescheiden über Umsatzsteuer für 1983 (festgesetzte negative Steuerschuld 6 313 DM) und für 1984 (festgesetzte negative Steuerschuld 3 707 DM) - jeweils vom 31. März 1989 - ab. Das FA hatte die bezeichneten Beträge auf ein Konto der Antragstellerin bei der . . . Bank überwiesen. Diese hatte den Betrag mit angeblichen Ansprüchen gegen die Antragstellerin verrechnet. Die Antragstellerin erkennt die Überweisung nicht als Erfüllung an, weil das Konto bei der . . . Bank seit Jahren für sie nicht mehr bestanden habe.

Der Vorsitzende des zuständigen Senats des Finanzgerichts (FG) hatte die Antragstellerin durch Verfügung vom 13. November 1989 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Leistungsklage aufmerksam gemacht. Eine Rücknahme dieser Klage und des Antrags auf PKH lehnte die Antragstellerin jedoch ab. Sie stellte mit Schriftsatz vom 1. März 1990 den Antrag, den vom FA inzwischen bekanntgegebenen Abrechnungsbescheid vom 29. Dezember 1989 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 1990 aufzuheben und das FA zur Zahlung von 10 143 DM zu verurteilen sowie ,,über das PKH-Gesuch baldmöglichst zu entscheiden".

Das FG lehnte den Antrag auf PKH für eine Leistungsklage ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Zur Begründung führte das FG u. a. aus, vor einer Entscheidung über eine Leistungsklage müsse eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheids für den Erstattungsanspruch herbeigeführt werden.

Mit der Beschwerde wendet die Antragstellerin ein, über die Leistungsklage dürfe auch ohne vorherige Durchführung eines Abrechnungsverfahrens entschieden werden, weil es im Streitfall nicht um eine Aufrechnung des FA mit anderweitigen Steuerforderungen gehe. Außerdem habe sich der Antrag auf PKH in der Form des Schriftsatzes vom 1. März 1990 auf den neuen angekündigten Antrag bezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Antragstellerin hat PKH für eine Leistungsklage auf Verurteilung des FA zur Zahlung von 10 143 DM beantragt. Sie hat diesen Antrag mit dem Schriftsatz vom 2. September 1989 gestellt und in dem Schriftsatz vom 1. März 1990 aufrechterhalten. In dem zuletzt bezeichneten Schriftsatz hat sie das Leistungsbegehren wiederholt und im übrigen beantragt, über das PKH-Gesuch, das nur in der Form des Schriftsatzes vom 2. September 1989 vorgelegen hatte, baldmöglichst zu entscheiden.

2. Falls die Antragstellerin außerdem PKH für die in dem Schriftsatz vom 1. März 1990 zusätzlich erhobene Anfechtungsklage gegen den Abrechnungsbescheid des FA in der Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 1990 beantragt haben sollte, wird das FG darüber noch zu entscheiden haben. Da insoweit noch keine Vorentscheidung vorliegt, erstreckt sich das Beschwerdeverfahren darauf nicht.

3. Zutreffend hat das FG den Antrag auf Bewilligung von PKH für eine beabsichtigte Leistungsklage abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), kann eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage nur Erfolg haben, wenn der Auszahlungsanspruch zuvor aufgrund eines abgeschlossenen Vorverfahrens durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist und nur noch seine Erfüllung aussteht (vgl. Urteil vom 13. September 1988 V R 207/83, BFH/NV 1989, 353 unter 1.; Beschluß vom 4. Oktober 1988 VII B 121/88, BFH/NV 1989, 285; BFH-Urteil vom 12. Juni 1986 VII R 103/83, BFHE 147, 1, BStBl II 1986, 702). Der von der Antragstellerin geltend gemachte Zahlungsanspruch ist aber nicht durch Verwaltungsakt festgestellt worden. Vielmehr ist er durch den Abrechnungsbescheid vom 29. Dezember 1989 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 1990 nicht festgestellt worden. Die Antragstellerin verkennt, daß durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zu entscheiden ist, wenn Streit über die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 218 Abs. 1 AO 1977) besteht. Dazu zählt auch der über die Verwirklichung eines negativen Umsatzsteueranspruchs (§ 37 Abs. 1 AO 1977) bestehende Streit, der deshalb entstanden ist, weil über das Bestehen oder Erlöschen (§ 47 AO 1977) durch Zahlung (§ 224 AO 1977) unterschiedliche Auffassungen bestehen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 678

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