Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Darlegung von Gründen für die Zulassung der Revision

 

Leitsatz (NV)

1. Eine nach Ansicht des Beschwerdeführers lediglich unzutreffende Rechtsansicht des Finanzgerichts in der Vorentscheidung rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

2. Die Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen kann der Beschwerdesenat nicht deswegen verringern, weil das angegriffene finanzgerichtliche Urteil im Ergebnis rechtlich unzutreffend sein könnte.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 1988 den von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von 2249,57 DM nicht zum Abzug zu, weil er eine Rechnung über 16 068,33 DM (netto) nicht vorgelegt hatte, in der dieser Steuerbetrag ausgewiesen worden war. Dagegen hatte der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch den zum Einzelrichter bestimmten Berichterstatter ab, obwohl der Kläger die Kopie einer Rechnung der Firma L -- Gartenbaugestaltung -- vom 10. Juni 1988 über Bauarbeiten mit dem gesonderten Ausweis von 2249,57 DM Umsatzsteuer vorgelegt hatte. Zur Begründung führte das FG u. a. aus, der Kläger brauche nicht -- wie vom FA gefordert -- die Originalrechnung vorzulegen. Er habe jedoch die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug mit den verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln nicht auf andere Weise geführt. So habe der Kläger nicht nachgewiesen, daß auf der Rechnungskopie Leistungen beschrieben würden, die für sein Unternehmen erbracht worden seien. Die Rechnungskopie gebe als Empfänger von Bauleistungen nicht den Namen des Klägers an, sondern sei auf "A", "B-Straße 1" ausgestellt worden. Selbst wenn der Kläger einen ... -Handel unter dieser Bezeichnung auf dem angegebenen, ihm gehörenden Grundstück betrieben habe, vermag "dieser Tatsachenvortrag ... jedoch für sich allein genommen nicht den formellen Mangel der vorgelegten Unterlagen zu beheben, daß als Rechnungsadressat nicht der Name des Klägers genannt ist". Auf einer Zahlungsbestätigung der Firma L vom 10. Juni 1988 sei zwar der Name des Klägers angebracht worden. Dies sei aber nachträglich durch den Kläger geschehen und habe keine Beweiskraft. Da der Kläger den begehrten Vorsteuerabzug erstmals mit seinem Schriftsatz vom 23. August 1996 um einen in Anspruch genommenen Skontoabzug berichtigt habe, bestünden auch Zweifel, ob er die Rechnung bezahlt habe.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision. Er stützt sein Begehren auf die in §115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten Zulassungsgründe. Er wiederholt dafür die "Aussagen des Finanzgerichts"und legt dar, daß diese unzutreffend seien.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es vertritt die Auffassung, daß die Ausführungen in der Beschwerdeschrift den gesetzlichen Anforderungen für die Zulassung der Revision nicht genügten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache fordert §115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO, daß der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte -- abstrakte -- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt und deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dartut (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. Oktober 1996 VIII B 11/96, BFH/NV 1997, 459; vom 22. November 1995 VIII B 13/95, BFH/NV 1996, 348; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. April 1996 2 BvR 48/96, Der Steuer-Eildienst 1996, 410). Dazu muß erläutert werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. März 1994 VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812; vom 17. Februar 1993 II B 118/92, BFH/NV 1994, 123), welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage hat. Im Streitfall hat der Kläger in diesem Zusammenhang keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage hervorgehoben, sondern lediglich ohne weitere Begründung dargelegt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich aus der von ihm angenommenen Abweichung von dem Urteil des BFH vom 5. August 1988 X R 55/81 (BFHE 154, 477, BStBl II 1989, 120). Abgesehen davon, daß das FG dieses Urteil seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist damit noch keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung dargelegt; denn die bloße sachliche Unrichtigkeit der Vorentscheidung ist nicht mit der in §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bezeichneten grundsätzlichen Bedeutung gleichzusetzen. Eine unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Fall rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschluß vom 14. Oktober 1992 III B 16/92, BFH/NV 1993, 546).

2. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) beantragt, weil das FG von der Rechtsprechung des BFH in den von ihm bezeichneten Entscheidungen abgewichen sei, entspricht die Beschwerde ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergenzfähigen Entscheidungen des BFH so genau bezeichnen, daß eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Der Kläger bezeichnet keine Abweichung, sondern behauptet sie nur.

3. Soweit der Kläger Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt, genügt seine Begründung ebenfalls nicht den Anforderungen, die §115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Bezeichnung des Verfahrensmangels stellt.

Der Kläger bezeichnet nicht ausdrücklich, welcher Verfahrensmangel vorliegt. Sofern er die Verletzung der Aufklärungspflicht hat rügen wollen, hätte er im einzelnen die ermittlungsbedürftigen Tatsachen, die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen genau bezeichnen müssen. Er hätte darlegen müssen, inwiefern die unterlassene Sachaufklärung zu der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG geführt haben konnte, sowie schließlich, daß die unzureichende Sachaufklärung vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem hätte gerügt werden können (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562).

Der Senat kann die Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen auch nicht deswegen verringern, weil das angefochtene finanzgerichtliche Urteil im Ergebnis rechtlich unzutreffend sein könnte. Dem Kläger bleibt es im Streitfall unbenommen, dem FA eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung des leistenden Unternehmers über die für sein Unternehmen bezogenen Bauleistungen vorzulegen und daraus den Vorsteuerabzug zu begehren.

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 341

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