Entscheidungsstichwort (Thema)

Wert des Streitgegenstands bei Richterablehnung

 

Leitsatz (NV)

Geht es in einem Beschwerdeverfahren um die Frage, ob ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen ist (§ 51 FGO i.V.m. § 43 ZPO), so ist der Wert des Beschwerdegegenstands auf 10 v. H. des Streitwerts in der Hauptsache zu bemessen. Betrifft die Ablehnung mehrere Richter, so ist als Streitwert das entsprechende Vielfache von 10 v. H. anzusetzen.

 

Normenkette

GKG § 13 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) hatte gegen den Kläger und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) Bescheide über die Einkommensteuervorauszahlung 1979 bis 1981, die Einkommensteuer 1979 und 1980 sowie die Einkommensteuervorauszahlung 1982 und 1983 aufgrund von Schätzungen festgesetzt.

Im Rahmen der wegen dieser Steuerfestsetzungen anhängigen Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) stellte der Erinnerungsführer mehrere Anträge auf Ablehnung von Richtern des FG wegen Besorgnis der Befangenheit. Das FG wies die Ablehnungsgesuche zurück. Dagegen erhob der Erinnerungsführer Beschwerden, die der Senat - nach ihrer Verbindung zu gemeinsamer Entscheidung (§ 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) - mit Beschluß vom 13. Juni 1985 IV B 1-4/85 als unbegründet zurückwies; die Kosten der Beschwerdeverfahren wurden dem Erinnerungsführer auferlegt.

Mit Kostenrechnung vom 22. Juli 1985 wurden die vom Erinnerungsführer als Kostenschuldner zu entrichtenden Gerichtskosten für die Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) von der Kostenstelle des BFH gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Höhe von 1 064 DM angesetzt. Die Kostenstelle ging dabei von folgenden Streitwerten aus:

Beschwerdeverfahren IV B 1/85 6 561 DM,

Beschwerdeverfahren IV B 2/85 20 542 DM,

Beschwerdeverfahren IV B 3/85 22 356 DM,

Beschwerdeverfahren IV B 4/85 39 735 DM.

Gegen die Kostenrechnung hat der Erinnerungsführer ,,Beschwerde" erhoben mit der Begründung, die Streitwerte seien zu hoch angesetzt worden.

Der Vertreter der Staatskasse hat von einer Stellungnahme abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Der als ,,Beschwerde" bezeichnete Rechtsbehelf ist als Erinnerung i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG anzusehen. Die Erinnerung ist nicht begründet.

Die Gerichtsgebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstandes, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GKG). Der Streitwert ist in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Geht es in einem Beschwerdeverfahren um die Frage, ob ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen ist (§ 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 43 der Zivilprozeßordnung), so ist der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 10 v. H. des Streitwerts in der Hauptsache zu bemessen (BFH-Beschluß vom 3. August 1976 VII B 17-23, 37/76, BFHE 119, 384, BStBl II 1976, 691). Betrifft die Ablehnung mehrere Richter, so ist als Streitwert das entsprechende Vielfache von 10 v. H. anzusetzen (BFHE 119, 384, BStBl II 1976, 691).

Im Streitfall waren in den Klageverfahren vor dem FG folgende Beträge in der Hauptsache streitig:

Einkommensteuervorauszahlung 1979 bis 198 121 872 DM,

Einkommensteuer 1979 68 474 DM,

Einkommensteuer 1980 74 522 DM,

Einkommensteuervorauszahlung1982 und 1983 132 450 DM.

In sämtlichen Verfahren hat der Erinnerungsführer jeweils drei Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Streitwert der gegen die Zurückweisung der Ablehnungsgesuche gerichteten Beschwerdeverfahren ist bei dieser Sachlage auf 30 v. H. des Streitwerts der jeweiligen Hauptsache anzusetzen, also

für das Beschwerdeverfahren IV B 1/85 (betreffend Ablehnung in der Klagesache Einkommensteuervorauszahlung 1979 bis 1981) 30 v. H. von 21 872 DM = 6 561 DM,

für das Beschwerdeverfahren IV B 2/85 (betreffend Ablehnung in der Klagesache Einkommensteuer 1979) 30 v. H. von 68 474 DM = 20 542 DM,

für das Beschwerdeverfahren IV B 3/85 (betreffend Ablehnung in der Klagesache Einkommensteuer 1980) 30 v. H. von 74 522 DM = 22 356 DM,

für das Beschwerdeverfahren IV B 4/85 (betreffend Ablehnung in der Klagesache Einkommensteuervorauszahlung 1982 und 1983) 30 v. H. von 132 450 DM = 39 735 DM.

Diese Streitwertansätze hat auch die Kostenstelle des BFH ihrer Kostenberechnung zugrunde gelegt.

Die Einwendungen, die der Erinnerungsführer im Laufe des Erinnerungsverfahrens vorgebracht hat, betreffen die Höhe der den Steuerbescheiden zugrunde gelegten Schätzungen. Für die Ermittlung des Streitwerts sind diese Einwendungen ohne rechtserhebliche Bedeutung.

Das Verfahren über die Erinnerung ergeht gebührenfrei (§ 5 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414519

BFH/NV 1988, 516

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