Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassungsfreie Revision wegen fehlender Entscheidungsgründe

 

Leitsatz (NV)

Eine zulassungsfreie Revision im Sinne von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO kann nicht darauf gestützt werden, daß das FG bei seiner Entscheidung einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt übergangen habe.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Gründe

Die Revision ist unzulässig, da sie weder vom Finanzgericht (FG) noch vom Bundesfinanzhof (BFH) auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung zugelassen worden ist (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). Die Beschwerde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision hat der Senat durch Beschluß vom heutigen Tage VI B 36/92 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Voraussetzungen einer nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulassungsfreien Revision sind nicht gegeben.

Eine Entscheidung ist i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht mit Gründen versehen, wenn aus ihr nicht zu entnehmen ist, welche rechtlichen Erwägungen für sie maßgebend waren (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 29. April 1991 IV R 22/90, BFH/NV 1991, 698; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, 1986 Rdnr. 82, jeweils m. w. N.). Es reicht aus, wenn erkennbar ist, welcher Grund für die Entscheidung über die einzelnen Ansprüche oder Angriffs- und Verteidigungsmittel maßgebend gewesen ist, mag dieser auch in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht falsch oder in seiner Begründung lückenhaft und unvollständig sein (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 22. April 1986 III R 176/85, BFH/NV 1987, 95; Herrmann, a. a. O. Rdnr. 84).

Das FG hat seine Entscheidung auf verschiedene - selbständig tragende - Erwägungen gestützt. Zum einen darauf, daß der - im Verlaufe des Klageverfahrens ergangene - Berichtigungsbescheid nicht Verfahrensgegenstand geworden sei. Darüber hinaus bestehe wegen des Ergehens dieses - nunmehr die alleinige Besteuerungsgrundlage bildenden - Bescheides für die (nur) auf Aufhebung der Einspruchsentscheidung gerichteten Klage kein Rechtsschutzbdürfnis mehr. Soweit die Kläger demgegenüber geltend machen, das FG habe unberücksichtigt gelassen, daß der Berichtigungsbescheid sowohl nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) berichtigt, als auch gemäß § 165 AO 1977 (teilweise) für vorläufig erklärt worden sei, rügen sie nicht das Übergehen von selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln (vgl. dazu z. B. BFH-Beschluß vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351; Herrmann, a. a. O., 1986 Rdnr. 84). Sie bringen vielmehr vor, daß das FG bei der rechtlichen Würdigung des die Entscheidung bildenden Sachverhalts einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt übergangen habe. Diese Rüge bezeichnet aber keinen Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, sondern richtet sich gegen die unrichtige Anwendung materiellen Rechts (vgl. z. B. BFH-Beschluß in BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351).

Das Vorliegen einer Verböserung i. S. von § 367 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 durch die Einspruchsentscheidung hat das FG in seiner Entscheidung verneint. Es hat bei seinen Erwägungen zwar - wie die Kläger mit ihrer Revision zutreffend geltend machen - das auf die Frage der Auslegung der Einspruchsentscheidung abzielende Klagevorbringen nicht ausdrücklich behandelt. Mit ihrer hiergegen gerichteten Rüge machen die Kläger jedoch wiederum lediglich geltend, daß das FG bei seiner Begründung einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt übergangen habe. Ein Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO wird dadurch - wie dargelegt - nicht bezeichnet. Letzteres ergibt sich im übrigen auch schon daraus, daß die die Frage der Verböserung betreffenden Erwägungen des FG nur den Charakter einer - seiner Entscheidung zusätzlich beigegebenen - Hilfsbegründung haben (vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 116 FGO Tz. 20).

Der Senat bemerkt in diesem Zusammenhang noch, daß durch die Einspruchsentscheidung keine Verböserung erfolgte. Nach dem im Wortlaut eindeutigen und für die Entscheidung des FG allein maßgeblichen Tenor der Einspruchsentscheidung (vgl. dazu Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 3772), wurde in der Einspruchsentscheidung keine vom angefochtenen Bescheid abweichende Steuer festgesetzt, sondern der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 552

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