Leitsatz (amtlich)

1. Ist der vermögensteuerliche Rechtsstreit zum Teil durch übereinstimmende Erklärung in der Hauptsache erledigt und zum anderen Teil die Klage zurückgenommen worden, so hat der Kläger die vollen Kosten zu tragen, wenn er bei Erledigung der Hauptsache durch Änderungsbescheid betragsmäßig voll unterliegt.

2. Bei Klagebegehren auf Herabsetzung der Vermögensteuer ist Streitgegenstand die Höhe der Vermögensteuer, nicht die Einordnung des gleichen Vermögensbetrages zu einer bestimmten Vermögensart.

 

Normenkette

FGO §§ 135, 136 Abs. 2, § 138 Abs. 1-2, § 144

 

Tatbestand

Das FG hatte das Verfahren betreffend Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1961 durch Beschluß eingestellt und den Klägern und Beschwerdeführern (Beschwerdeführer) die Kosten der Klage auferlegt. Es führte in der Begründung aus: Nachdem die Beschwerdeführer

1. die Klage betreffend Ausgleichsforderung gegenüber Kommanditisten auf Grund des vom Beklagten und Beschwerdegegner (FA) gemäß § 218 Abs. 4 AO berichtigten Vermögensteuerbescheides vom 28. August 1972 für erledigt erklärt hätten,

2. den Streit hinsichtlich der im Berichtigungsbescheid zusätzlich berücksichtigten Steuerschulden nicht weiter verfolgt hätten,

3. die Klage betreffend Abzinsung von Steuernachforderungsbeträgen, derentwegen sie den Berichtigungsbescheid vom 28. August 1972 gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hätten, zurückgenommen hätten, seien die materiellen Klagebegehren außer Streit. Gemäß § 143 Abs. 1 FGO habe das FG nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Der Antrag der Beschwerdeführer, durch Kostenentscheidung dem FA gemäß § 138 Abs. 2 FGO die Kosten betreffend Ausgleichsanspruch aufzuerlegen, sei unberechtigt. Bei der Kostenentscheidung sei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Mit der Klage sei der ursprüngliche vorläufige Vermögensteuerbescheid 1961 vom 19. September 1969 in Gestalt der Einspruchsentscheidung mit einer Steuerschuld von X DM angefochten worden. Die Ausgleichsforderung habe der Berichtigungsbescheid vom 28. August 1972 als Ansatzposten nicht geändert. Dem Antrag, die unter Kapitalforderung angesetzte Ausgleichsforderung vom festgestellten Vermögen abzuziehen, sei nicht entsprochen worden. Vielmehr sei ohne Änderung des Rohvermögens der Betrag lediglich aus dem Kapitalvermögen (sonstiges Vermögen) in das Betriebsvermögen übernommen worden. Ein besonderes Feststellungsinteresse für die Vermögensart sei nicht erkennbar.

Die geringe Steuerminderung um 30 DM durch Erhöhung der Schuldbeträge sei zur Kostenfrage nicht geltend gemacht worden. Mit der Erledigung des Streites sei die Klage in diesem nebensächlichen Streitpunkt als zurückgenommen anzusehen.

Die Kostenentscheidung ergebe sich in entsprechender Anwendung des § 144 FGO in Verbindung mit § 136 Abs. 2 FGO.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß legten die Beschwerdeführer mit folgender Begründung Beschwerde ein: Den Beschwerdeführern stehe gemäß § 138 FGO bezüglich der Ausgleichsforderung ein Anspruch auf Kostenerstattung zu. Denn durch die Erledigungserklärung sei dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch, die Ausgleichsforderung nicht zum sonstigen Vermögen zu rechnen, entsprochen worden. Wenn sich auch im Ergebnis die steuerliche Belastung der Beschwerdeführer durch Erhöhung der Beteiligung an der Gesellschaft um die Ausgleichsforderung nicht verändert habe, so habe doch die Kommanditgesellschaft gegen den Feststellungsbescheid auf den 1. Januar 1961 wegen der Aufteilung des Vermögens auf die Gesellschafter Rechtsmittel eingelegt, so daß eine erneute Berichtigung des persönlichen Vermögensteuerbescheides vom 28. August 1972 möglich sei, wenn den Beschwerdeführern ein geringerer Anteil am Betriebsvermögen zugerechnet werden sollte. Es handle sich um unterschiedliche Vermögenselemente, die das FG zu Unrecht saldiere. Nach der ursprünglichen Auffassung des FA habe es sich um Kapitalforderungen in bezifferter Höhe gegen verschiedene Kommanditisten gehandelt, während jetzt die Beschwerdeführer mit einem Anteil am Gesamtvermögen veranlagt würden.

Zugegeben werde die kostenpflichtige Klagerücknahme wegen der Abzinsung der Steuernachforderung. Die Ermäßigung der Vermögensteuer um nur 30 DM durch die Schulderhöhung sei zutreffend.

Das FG half der Beschwerde nicht ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Den materiellen Gegenstand über die Auferlegung der Kosten bildet die Erledigung in der Hauptsache betreffend Ausgleichsforderung. Der demgegenüber geringfügigen Ermäßigung der Vermögensteuer um 30 DM durch Schuldenerhöhung wurde zutreffend vom FG und im Beschwerdeverfahren auch von den Beteiligten keine selbständige Bedeutung zugemessen. Die Klage ist insoweit hinsichtlich dieses nebensächlichen Punktes als zurückgenommen anzusehen (Beschluß des BFH vom 12. Oktober 1967 V B 33/67, BFHE 90, 367, BStBl II 1968, 98).

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Ablehnung der Beschwerde bereits aus § 138 Abs. 1 FGO herleiten läßt. Die Beteiligten gingen von § 138 Abs. 2 FGO aus, der nach Auffassung des Senats anwendbar ist und dazu führt, den Beschwerdeführern die Kosten der Klage aufzuerlegen.

Grundsätzlich ist die Hauptsache eines Rechtsstreits erledigt, wenn dies beide Parteien übereinstimmend erklären (BFH-Entscheidung vom 21. Februar 1968 I B 56/67, BFHE 91, 521, BStBl II 1968, 414). Nachdem im Streitfall die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Oktober 1972 die Klage bezüglich der Abzinsung zurückgenommen und bezüglich der Ausgleichsforderung ausdrücklich für erledigt erklärt und daraus Kostenanträge hergeleitet haven, ergibt sich aus der Stellungnahme des FA zum subsidiären Kostenantrag dessen Zustimmung zur Erledigungserklärung. Es bedarf zudem keiner ausdrücklichen Erledigungserklärung; in der Regel genügen vielmehr schlüssige Handlungen, insbesondere genügt es, wenn sich die beklagte Behörde auf den Kostenantrag beschränkt, nachdem der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat (vgl. Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 72 Anm. 48). Das FG hat zwar diese Beurteilung der Rechtslage nicht herausgestellt, der BFH ist aber im Beschwerdeverfahren für rechtliche und tatsächliche Feststellungen zuständig. Die Beteiligten haben die übereinstimmende Erledigungserklärung zur Hauptsache der Ausgleichsforderung nicht in Zweifel gestellt. Der Grund der Erledigung ist im allgemeinen ohne Bedeutung. Die Kostenfolge ist jedoch für den wichtigsten Fall der Erledigung, nämlich für die Rücknahme oder die Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes, in § 138 Abs. 2 FGO besonders geregelt.

Wird dem Antrag des Pflichtigen durch den ändernden Bescheid nur teilweise entsprochen und erklären die Beteiligten die Hauptsache (hier Ausgleichsforderung) ohne teilweise Klagerücknahme für erledigt, so sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen. Nach der Rechtsprechung des BFH muß das Gericht bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache durch übereinstimmende Erklärung, soweit das FA dem Antrag des Pflichtigen nur teilweise entsprochen hat, über die Kosten des Verfahrens nach § 138 Abs. 1 FGO in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 FGO entscheiden (z. B. BFH-Entscheidung vom 25. April 1968 VI B 47/67, BFHE 92, 469, BStBl II 1968, 608). In Fortführung dieses Rechtsgedankens hat ein Pflichtiger die vollen Kosten zu tragen, wenn er bei Erledigung der Hauptsache durch Änderungsbescheid der Sache nach voll unterliegt. Entscheidend hierfür sind Klageantrag und Begriff des Streitgegenstandes. Voraussetzung für die Höhe des Streitgegenstandes (= Streitwert) ist die Feststellung des Streitgegenstandes. Streitgegenstand ist das Interesse des Klägers an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts. Es bemißt sich grundsätzlich wertmäßig nach dem Steuerbetrag, um den im jeweiligen Verfahren unmittelbar gestritten wird (Ziemer-Birkholz, a. a. O., § 140 Anm. 43, 44 unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 24. Januar 1958 VI 195/56 U, BFHE 66, 318, BStBl III 1958, 122). Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 17. Juli 1967 (GrS 1/66, BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344) ist nicht Streitgegenstand das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheides. Demgemäß ist im Streitfall Streitgegenstand die Höhe der Vermögensteuer. Entsprechend ging das ursprüngliche Klagebegehren der Beschwerdeführer auf Herabsetzung der Vermögensteuer durch Abzug der Ausgleichsforderung vom festgestellten Vermögen und durch Erhöhung der Schuldenseite um höhere Steuerschulden. Der nach Ergehen des Berichtigungsbescheides gestellte Antrag nach § 68 FGO änderte nach seinem klaren Wortlaut an dem Klagebegehren nichts, das - abgesehen von dem nunmehr abweichenden Vermögensteuerausgangsbetrag - weiterhin auf die im ersten Klageantrag begehrte Minderung der Vermögensteuer durch Absetzung der Ausgleichsforderung und Erhöhung der Steuerschulden gerichtet war. Insoweit sind die Beschwerdeführer in vollem Umfange unterlegen. Das von ihnen nunmehr geltend gemachte Interesse an der Einordnung der Forderung in eine bestimmte Vermögensart war für den Rechtsstreit, in dem über den Vermögensteuerbetrag gestritten wurde, nicht von entscheidender Bedeutung. Nach dem o. g. BFH-Urteil VI 195/56 U ist Streitwert nicht das geldwerte Interesse in seiner Gesamtheit, das ein Steuerpflichtiger an der Durchführung des Rechtsmittelverfahrens hat und das kaum einigermaßen zuverlässig festzustellen wäre, sondern der Betrag, um den unmittelbar gestritten wird. Demzufolge sind auch hier für den Streitwert und die Kostenverteilung etwaige im Ergebnis offene und höchstens mittelbar mögliche Auswirkungen der Zurechnung der sog. Ausgleichsforderung zu der einen oder der anderen Vermögensart außer Betracht zu lassen.

Der nichtveröffentlichte Beschluß des BFH vom 10. Juli 1972 IV B 1/67 steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Dort waren die Einkommensteuerbescheide für mehrere Jahre Gegenstand der Klage mit dem Begehren, für einen Teil der Jahre die Steuern zu erhöhen und für den anderen Teil der Jahre die Steuern herabzusetzen. Das FA hatte mit den Änderungsbescheiden dem Begehren des Steuerpflichtigen voll entsprochen.

Hinsichtlich der nicht besonders berücksichtigten Steuerermäßigung um 30 DM hat das FG zutreffend den Standpunkt vertreten, die Beschwerdeführer hätten nach Berichtigung mit der Klagerücknahme auch insoweit die Klage zurückgenommen (Hinweis auf BFH-Entscheidung V B 33/67). Die Beschwerdeführer haben hiergegen in der Beschwerde keine Beanstandungen erhoben.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 246

BFHE 1974, 224

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