Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz

 

Leitsatz (NV)

  1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. genügt nicht die Beschreibung des Rechtsstoffes, der den rechtlichen Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet, auch wenn er in Form eines angeblichen Rechtssatzes dargestellt wird.
  2. Mit der Rüge, das FG habe die vor Gericht abgegebene Erledigungserklärung unrichtig ausgelegt und deshalb falsch entschieden, wird lediglich im Stil einer Revisionsbegründung die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts geltend gemacht, nicht aber die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
  3. Für die Divergenzrüge nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. genügt es nicht, die Auffassung des FG unter Verweis auf einzelne BFH-Urteile als falsch zu bezeichnen. Damit wird allenfalls dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft angewendet hat, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidungen des BFH nicht übereinstimmt.
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) änderte die Steuerbescheide betreffend Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer 1984 bis 1986 entsprechend den Feststellungen einer Außenprüfung; hierbei handelte es sich insbesondere um die Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen aufgrund einer Nachkalkulation sowie die Nichtanerkennung von Betriebsausgaben. Im Rahmen der Einspruchsentscheidungen (EE) vom 27. November 1992 und 10. Dezember 1992 berücksichtigte das FA einen Unsicherheits-Abschlag in Höhe von 30 % von den von der Betriebsprüferin ermittelten Fehlbeträgen.

Nachkalkulation (DM)

Gewinnerhöhung (DM)

EE des FA

(DM)

Ap

FA

Gewerbeertrag

(UmsatzSt)

1984

124 000

124 867

87 667

(56 278)

1985

239 000

312 223

240 523

(80 974)

1986

254 000

373 093

296 893

(81 122)

Im Zuge der Bearbeitung der Einsprüche hatte das FA zuvor den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 22. März 1990 aufgefordert, zum Zwecke der Nachkalkulation "die Unterlagen für das Jahr 1984 einschließlich der Inventuren auf den 31. Dezember 1983 und 31. Dezember 1984 sowie der entsprechenden Speisekarten für 1984" vorzulegen. Die gegen diese Aufforderung angestrengte Klage endete durch Hauptsacheerledigung, nachdem der Kläger erklärt hatte, "er beschränke sein Einspruchsbegehren auf die in der Außenprüfung angesetzten Lebensmittelverluste und auf angeblich doppelt erfasste Wareneinsätze".

Gegen die ―zu einer geringeren Steuerfestsetzung führende― Einspruchsentscheidung erhob der Kläger wiederum Klage. Eine im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1998 erzielte tatsächliche Verständigung der Beteiligten wurde vom FA mit Schreiben vom 8. Januar 1999 auf Grund eines entsprechenden Vorbehalts widerrufen, weil der Kläger entgegen der Vereinbarung keinerlei Zahlungen auf die rückständigen Steuern geleistet habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im Wesentlichen ab.

Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.

Das FA ist der Auffassung, die geltend gemachten Zulassungsgründe seien nicht ordnungsgemäß dargelegt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und zu verwerfen. Sie genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe.

Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften.

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F.).

In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).

a) Der Kläger hat nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. genügt nicht die vom Kläger vorgenommene Beschreibung des Rechtsstoffes, der den Rahmen für die Entscheidung der Streitsache bildet, auch wenn er ―wie auf Seite 9 Mitte seines Schriftsatzes― in Form eines angeblichen Rechtssatzes dargestellt wird.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers müsste zu entnehmen sein, dass, in welchem Umfang und aus welchen Gründen eine Rechtsfrage umstritten ist und worin die Bedeutung einer Entscheidung zu dieser Rechtsfrage durch den BFH für die Fortentwicklung des Rechts im Hinblick auf die Rechtsprechung ―insbesondere des BFH― oder auf gewichtige Auffassungen in der Literatur zu sehen ist. Hierzu äußert sich der Kläger jedoch nicht.

Soweit der Kläger die Frage anspricht, wer unter der Voraussetzung der nicht ordnungsgemäßen Buchführung die objektive Beweislast für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Tatsachen trage, ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen, weshalb die Frage klärungsbedürftig ist. Die Frage der Abziehbarkeit von Taxikosten richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Abzugs von Betriebsausgaben; dass sich speziell mit derartigen Kosten nur wenige Urteile des BFH befassen, ist nicht geeignet, insoweit eine grundsätzliche Bedeutung zu begründen.

Mit seinem Vortrag, das FG habe die Erledigungserklärung unrichtig ausgelegt und deshalb falsch entschieden und das Urteil gehe von falschen Voraussetzungen aus, die mit der geltenden Sach- und Rechtslage nicht begründet werden könnten, rügt der Kläger im Stil einer Revisionsbegründung die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts durch die Vorinstanz. Die Behauptung, ein Urteil sei rechtsfehlerhaft, gibt der Rechtssache jedoch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 18. März 1998 IX B 119/97, BFH/NV 1998, 1114, ständige Rechtsprechung).

b) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung von Entscheidungen des BFH begehrt, hat er nicht abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus den angeführten Urteilen des BFH und abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem angegriffenen FG-Urteil so genau bezeichnet, dass eine Abweichung erkennbar würde (BFH-Beschlüsse vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671, und vom 12. März 1996 VIII B 134/95, BFH/NV 1996, 691).

Für eine solche Divergenz-Bezeichnung genügt es nicht, die Auffassung des FG unter Verweis auf einzelne BFH-Urteile als falsch zu bezeichnen. Damit wird allenfalls dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft angewendet hat, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidungen des BFH nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 30. November 1989 V B 142/88, BFH/NV 1990, 785).

c) Der Kläger hat auch keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Verfahrensrüge erhoben. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt, müssen diese gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. in der Beschwerdeschrift bezeichnet werden. Hierfür bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des Vortrags der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung ―vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG ausgehend― auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 1995 II B 56/94, BFH/NV 1995, 900; vom 22. Juli 1996 XI B 207/95, BFH/NV 1997, 50). Diesen Voraussetzungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

Soweit der Kläger rügt, im Tatbestand des Urteils fehlten erhebliche Sachverhaltsvorträge, hätte er zunächst eine Berichtigung des Tatbestandes nach § 108 FGO beantragen müssen. Die Behauptung, dass diese Sachverhalte im Ergebnis zu einer von der finanzgerichtlichen Beurteilung abweichenden Entscheidung führen, reicht im Übrigen für die Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht aus.

 

Fundstellen

Haufe-Index 664374

BFH/NV 2002, 194

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