Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Revision wegen nicht formgerechter Unterschrift unter der Revisionsschrift

 

Leitsatz (NV)

Dem Erfordernis der ,,schriftlich" eingelegten Revision genügt ein mit einem Buchstaben und einem Strich (Handzeichen) unterzeichneter Schriftsatz nicht.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Streitig ist die Wirksamkeit einer Revisionseinlegung.

Die Klage der Kläger und Revisionkläger (Kläger) gegen die Einkommensteuerbescheide 1979 bis 1981 wurde durch Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 20. Mai 1988 abgewiesen. Gegen das Urteil legten die Kläger durch ihren Prozeßbevollmächtigten fristgerecht Revision ein. Die Revisionsschrift ist mit einem Handzeichen unterschrieben, das außer einem - möglicherweise als ,,G" zu identifizierenden - Anfangsbuchstaben keine weiteren als Buchstaben erkennbare Merkmale enthält. Das gesamte Zeichen setzt sich aus einem Aufstrich, dem möglicherweise ein G darstellenden Zeichen und einem auslaufenden geraden Strich zusammen.

Mit dem gleichen Zeichen ist auch die Revisionsbegründungsschrift unterzeichnet.

Der Vorsitzende des erkennenden Senats wies den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 3. Oktober 1988 darauf hin, daß die Revision möglicherweise unzulässig sei. Es sei zweifelhaft, ob die Unterschriften unter Revisionsschrift und Revisionsbegründungsschrift den Anforderungen entsprächen, die an Unterschriften für bestimmende Schriftsätze zu stellen seien.

Der Kläger erwiderte, daß die Unterschriften ein ,,G" und ein ,,b" erkennen ließen. Die Unterschrift werde auch von Banken anerkannt.

Sollte der Senat die Unterschrift nicht anerkennen, bitte er um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Schuldhaftes Verhalten des Prozeßbevollmächtigten liege nicht vor, da über die Formerfordernisse einer Unterschrift nur subjektiv entschieden werden könne.

Das FA ist der Auffassung, daß die Revision nicht wirksam eingelegt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig und war zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Revisionschrift und Revisionsbegründung entsprechen nicht der gesetzlichen Form.

1. Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision ,,schriftlich einzulegen und . . . zu begründen". Sowohl die Revisionsschrift als auch die Revisionsbegründung müssen handschriftlich unterzeichnet sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Februar 1975 I B 96/74, BFHE 115, 17, BStBl II 1975, 449; vom 8. März 1984 I R 50/81, BFHE 140, 424, BStBl II 1984, 445; vom 13. Dezember 1984 IV R 274/83, BFHE 143, 198, BStBl II 1985, 367; vom 16. April 1985 IX 54/80, BFH/NV 1986, 409; vom 16. Januar 1986 III R 50/84, BFHE 147, 199, BStBl II 1986, 489). Dabei wird in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach einheitlicher Ansicht nicht verlangt, daß die Unterschrift lesbar ist. Es muß sich aber um einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug handeln, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt. Es müssen mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sein, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt (Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 4. Juli 1984 VIII ZB 8/84, Versicherungsrecht - VersR - 1984, 873; BHF-Beschluß vom 30. Mai 1984 I R 2/84, BFHE 141, 223, BStBl II 1984, 669).

Das Schriftzeichen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Es fehlt am Merkmal einer Unterschrift. Das Schriftzeichen kann allenfalls als ein Buchstabe mit einem zusätzlichen Schnörkel gedeutet werden. Es stellt keine Unterzeichnung mit dem vollen aus sieben Buchstaben bestehenden Namen des Prozeßbevollmächtigten dar. Dabei kann dahinstehen, ob das Namenszeichen - wofür manche Anzeichen sprechen - eine Paraphe darstellt. Auch Paraphen können die erforderliche Unterschrift nicht ersetzen (vgl. BFH in BFH/NV 1986, 409).

2. Dem Kläger kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach § 56 Abs. 1 FGO zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei ist dem Prozeßbeteiligten ein Verschulden seines Bevollmächtigten wie eigenes Verschulden zuzurechnen (BFH-Entscheidung vom 10. August 1977 II R 89/77, BFHE 123, 14, BStBl II 1977, 769 m. w. N.).

Der Kläger hat nicht dargelegt, daß sein Prozeßbevollmächtigter ohne Verschulden gehandelt habe. Der BFH und andere oberste Gerichtshöfe des Bundes hatten zur Zeit der Revisionseinlegung bereits seit über zehn Jahren in zahlreichen Urteilen den Begriff der ,,schriftlichen" Revisionseinlegung gleichbleibend ausgelegt (vgl. oben Abschn. II Nr. 1). Es wurden stets die gleichen Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift gestellt. Wenn der Bevollmächtigte des Klägers gleichwohl Revisionsschrift und Revisionsbegründungsschrift nicht mit einer diesen Anforderungen entsprechenden Unterschrift zeichnete, so kann schuldloses Verhalten i. S. von § 56 Abs. 1 FGO nicht angenommen werden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 44

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