Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfeantrag beim Bundesfinanzhof durch nicht postulationsfähigen Antragsteller

 

Leitsatz (NV)

1. Ein beim Bundesfinanzhof als Prozeßgericht zu stellender Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe sowie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse müssen innerhalb der Rechtsmittelfrist beim Bundesfinanzhof eingereicht werden. Soweit nicht besondere Umstände (z. B. Erfahrungen des Antragstellers aus vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten) etwas anderes ergeben, ist dem nicht vertretenen Antragsteller wegen Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

2. Ist die Revision nicht zugelassen, hat der Bundesfinanzhof als Prozeßgericht im Prozeßkostenhilfe-Verfahren anhand der Vorentscheidung summarisch zu prüfen, ob eine durch eine postulationsfähige Person einzulegende zulassungsfreie Revision oder eine Nichtzulassungsbeschwerde hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 142; ZPO § 114

 

Tatbestand

Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) hat gegen den Vermögensteuerbescheid des Beklagten (Finanzamt -- FA --) auf den 1. Januar 1989 vom 7. Februar 1994 Klage erhoben, ohne diese zu begründen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da der Antragsteller auch nach Aufforderung durch das Gericht den Gegenstand des Klagebegehrens nicht bezeichnet habe (§ 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Revision hat das FG nicht zugelassen.

Die Entscheidung wurde dem Antragsteller am 8. Juni 1995 zugestellt.

Mit dem am 6. Juli 1995 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte der nicht postulationsfähige Antragsteller persönlich gegen das Urteil des FG Rechtsmittel ein und beantragte zugleich "Rechtsbeihilfe", da er arbeitslos sei und das verfügbare Einkommen für die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht ausreiche. Der Antrag ist beim Bundesfinanzhof (BFH) am 17. Juli 1995 eingegangen.

Das FG hat dem als Nichtzulassungsbeschwerde behandelten Rechtsmittel nicht abgeholfen.

Der Antragsteller hat auf Aufforderung der Geschäftsstelle des Senats vom 24. Juli 1995 mit Schreiben vom 25. August 1995 auf amtlichem Vordruck eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat wertet den Antrag auf "Rechtsbeihilfe" als Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) für ein noch durchzuführendes Rechtsmittelverfahren gegen die Entscheidung des FG.

Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt, da die von dem Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1. Nach § 142 FGO i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Für den beim BFH als Prozeßgericht zu stellenden Antrag besteht kein Vertretungszwang (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1991 II S 17/90, BFH/NV 1991, 338; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 142 Tz. 11 m. w. N.).

Wird PKH für die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens beantragt und wird nicht zugleich innerhalb der Rechtsmittelfrist durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person -- Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer -- (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --) Revision oder Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt, kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn damit zu rechnen ist, daß dem Antragsteller wegen unverschuldeter Versäumung der Rechtsmittelfristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Das ist nur dann der Fall, wenn ein Antragsteller innerhalb der Rechtsmittelfrist sein PKH-Gesuch zusammen mit einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege (§ 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO) auf dem dafür vorgesehenen Vordruck (§ 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 4 ZPO) vorgelegt hat (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 30. Juli 1985 VII S 4--5/85, BFH/NV 1985, 47; vom 11. Dezember 1985 I B 44/85, BFH/NV 1986, 557, und vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631; Gräber/Ruban, a. a. O., § 142 Tz. 12 m. w. N.). Soweit nicht besondere Umstände (z. B. Erfahrungen des Antragstellers aus vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten) etwas anderes ergeben, ist dem nicht vertretenen Antragsteller auch wegen Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (BFH in BFH/NV 1991, 338).

2. Selbst wenn der Senat davon ausgeht, daß der Antrag des Antragstellers auf PKH zulässig ist, weil dem rechtsunkundigen und nicht vertretenen Antragsteller trotz verspäteten Eingangs des Antrags auf Bewilligung von PKH und verspäteter Abgabe seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgesehenen Formblatt insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (vgl. zu den näheren Voraussetzungen insbesondere die Entscheidung des Senats in BFH/NV 1991, 338), ist das Gesuch des Antragstellers jedoch offensichtlich unbegründet.

Denn weder eine durch eine postulationsfähige Person einzulegende allenfalls denkbare zulassungsfreie Revision (§ 116 FGO) noch eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 FGO) versprechen bei der im PKH- Verfahren anhand der Vorentscheidung vorzunehmenden summarischen Prüfung durch den erkennenden Senat (vgl. BFH- Beschluß vom 5. April 1994 IV S 7/93, BFH/NV 1995, 31) hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Wesentliche Mängel des Verfahrens vor dem FG i. S. von § 116 Abs. 1 FGO sind nicht erkennbar. Auch die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht erfolgversprechend. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Entscheidung des FG mit einem nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend zu machenden Verfahrensfehler behaftet sein könnte. Für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder Abweichung von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) sind ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 252

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