Leitsatz (amtlich)

1. Die Grunderwerbsteuer aus einem Kaufvertrag entsteht nicht, wenn erforderliche behördliche Genehmigungen bewußt nicht eingeholt und die Leistungen aus dem Kaufvertrag nicht erbracht werden, dieser vielmehr aufgehoben wird.

2. Der Kaufvertrag hindert in diesem Falle aber nicht die Besteuerung aus § 1 Abs. 2 GrEStG, wenn dessen Merkmale erfüllt sind.

3. Zur Anwendung des § 17 Abs. 4 GrEStG, wenn zwar der später aufgehobene Kaufvertrag dem FA angezeigt war, nicht aber die auf § 1 Abs. 2 GrEStG hinweisenden Abreden.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2, 1 Nr. 1, § 17 Abs. 4; StAnpG § 3 Abs. 5 Nr. 5 Buchst. b

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer ist Grundstücksmakler. Er hat am 3. März 1966 ein Grundstück von 25 000 qm zum Preis von 400 000 DM (also 16 DM je qm) gekauft; ihm wurde eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übereignung bewilligt. Der beurkundende Notar wurde angewiesen, den Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz und dem Bundesbaugesetz erst einzureichen, wenn der Käufer darum nachsucht. Das ist nicht geschehen.

Am Tage des Abschlusses des Kaufvertrages wurde dem Beschwerdeführer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die notariell beurkundete Vollmacht erteilt, die Eigentümer beim Verkauf des Grundstücks im ganzen oder in Teilflächen zu vertreten, sofern dabei ein Mindestpreis von 20 DM je Quadratmeter erzielt werde. Aufgrund dieser Vollmacht hat der Beschwerdeführer in mehreren Einzelakten insgesamt 20 000 qm zum Preis von 20.50 DM je Quadratmeter namens der Eigentümer verkauft. Einer zuvor getroffenen Abrede entsprechend erhielten die Eigentümer davon 15,50 DM je Quadratmeter, der Beschwerdeführer den Rest.

Jeweils nach Verkauf eines Teilstücks wurde der Kaufvertrag zwischen den Eigentümern und dem Beschwerdeführer insoweit aufgehoben. Am 12. Februar 1968 wurde der ganze Kaufvertrag aufgehoben.

Das Finanzamt – FA – (Beschwerdegegner) hatte gegen den Beschwerdeführer aus dem Kaufpreis von 400 000 DM eine Grunderwerbsteuer von 28 000 DM festgesetzt. Diesen Betrag hat es in der Einspruchsentscheidung auf 22 400 DM ermäßigt. Dabei ging es von einer Besteuerungsgrundlage von 320 000 DM aus als dem Erwerbspreis für die weiterveräußerte Grundstücksfläche von 20 000 qm. Nach erhobener Klage hat das Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist im wesentlichen unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO) in der Fassung der Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 FGO) bestehen nur hinsichtlich eines kleinen Teils der Besteuerungsgrundlage.

Soweit ersichtlich, bedurfte der Kaufvertrag vom 3. März 1966 behördlicher Genehmigungen. Diese sind nicht beantragt und nicht erteilt worden. Der im Steuerbescheid genannte § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG scheidet somit, soweit bislang ersichtlich, als Grundlage für die Entstehung der Grunderwerbsteuer aus (§ 3 Abs. 5 Nr. 5 Buchstabe b StAnpG). Das FG hat sich jedoch zu Recht auf § 1 Abs. 2 GrEStG bezogen.

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Nach dem derzeit erkennbaren Sachverhalt hatte der Beschwerdeführer vorliegend die rechtliche Verwertungsmöglichkeit erlangt.

Kraft der ihm erteilten Vollmacht war der Beschwerdeführer in der Lage, das Grundstück nach Parzellierung in Teilstücken namens der Eigentümer zu veräußern (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Geschäfte sollten auf Rechnung des Beschwerdeführers gehen. Denn die Eigentümer begnügten sich von vornherein mit einem bestimmten Mindestpreis; der Mehrertrag von mindestens 4 DM je Quadratmeter (20 DM weniger 16 DM) – im Ergebnis dann 5 DM je Quadratmeter (20,50 DM weniger 15,50 DM) – sollte dem Beschwerdeführer zufließen.

Zweifelhaft kann allerdings sein, ob der Beschwerdeführer bürgerlich-rechtlich den Eigentümern gegenüber befugt war, das Grundstück in der Weise zu verwerten, wie es geschehen ist. Möglicherweise waren trotz Beurkundung einerseits des Kaufvertrags, andererseits der Vollmacht mit der Folge der §§ 125, 139, 154 BGB nicht alle wesentlichen Vereinbarungen beurkundet (§ 313 Satz 1 BGB). Dieser Formmangel stünde jedoch der Besteuerung nicht entgegen (§ 5 Abs. 3 StAnpG).

Ernstlich zweifelhaft (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO) ist gleichwohl, ob der Beschwerdeführer aus einem Quadratmeterpreis von 16 DM oder nur aus einem solchen von 15,50 DM zur Steuer herangezogen werden kann. Die Anwendung des § 17 Abs. 4 ErEStG, auf den sich das FG bezogen hat, ist problematisch. Die Steuer aus dem Kaufvertrag (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) ist, soweit ersichtlich, nie entstanden (§ 3 Abs. 5 Nr. 5 Buchstabe b StAnpG), brauchte also auch nicht ermäßigt (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) zu werden. Innerhalb der Besteuerung aus § 1 Abs. 2 GrEStG ist der Kaufvertrag nur insofern von Belang, als er die Eigentümer im Ergebnis gebunden hatte, dem Beschwerdeführer die Verwertungsbefugnis zu belassen. Ob der in § 1 Abs. 2 GrEStG bezeichnete Tatbestand jemals für ein Geschäft mit einem Quadratmeterpreis von 16 DM erfüllt war oder erst für eines solches zum Quadratmeterpreis von 15,50 DM erfüllt worden ist, müßte erst erhoben werden. Damit kann vorläufig dahingestellt bleiben, ob § 17 Abs. 4 GrEStG unter allen Umständen Platz greift, wenn ein dem § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegender Rechtsvorgang als solcher nicht angezeigt worden ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStDV), wohl aber ein diesem gleichwertiges, unter § 1 Abs. 1 GrEStG fallendes Rechtsgeschäft (§ 2 GrEStDV), das als solches noch nicht zur Besteuerung geführt hat, wohl aber im Zusammenhang des § 1 Abs. 2 GrEStG bedeutsam ist.

Demzufolge ist die Vollziehung des Steuerbescheides (in der Fassung der Einspruchsentscheidung) insoweit, als in der Besteuerungsgrundlage ein höherer Preis von 15,50 DM je Quadratmeter angesetzt ist, auszusetzen. Der angefochtene Beschluß war dementsprechend abzuändern; die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514543

BFHE 1969, 359

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