Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (NV)

Hat der nicht vertretene Antragsteller zu seinem Antrag auf Bewilligung von PKH (hier: für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH durch das FG) nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, so ist bei der Entscheidung über die beantragte PKH mangels gegenteiligen Vortrags davon auszugehen, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (hier: wegen Versäumung der Frist für die ordnungsgemäße Einlegung der Beschwerde durch einen zur Vertretung vor dem BFH berechtigten Prozeßbevollmächtigten) nicht gewährt werden kann und somit die beabsichtigte Rechtsverfolgung schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nicht ausreichend ist jedenfalls die in erster Instanz vorgelegte Erklärung, wenn der Antragsteller vor dem BFH hierauf nicht Bezug nimmt und auch nicht versichert, daß die Verhältnisse seitdem unverändert geblieben sind.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 142 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; ZPO § 117 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Antragsteller beantragt Prozeßkosten hilfe (PKH) unter Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten seiner Wahl für die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG) vom 12. Juli 1994, mit dem sein Antrag auf Gewährung von PKH für ein beabsichtigtes Klageverfahren gegen eine Vollstreckungsmaßnahme des Antragsgegners (Hauptzollamt -- HZA --) abgelehnt wurde.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 Satz 1 letzter Halbsatz der Zivilprozeßordnung -- ZPO --).

Zwar fehlt es an der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht schon deshalb, weil der Antragsteller nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des FG innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde, und zwar formgerecht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigter, eingelegt hat (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --). Verfügt nämlich ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines solchen Bevollmächtigten für die form- und fristgerechte Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so besteht, nachdem ihm PKH bewilligt und eine der genannten Personen beigeordnet worden ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß dem Antragsteller wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

Um das erreichen zu können, muß der Antragsteller innerhalb der Beschwerdefrist -- im Streitfall von zwei Wochen nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 129 Abs. 1 FGO) -- nicht nur den Antrag auf Bewilligung der PKH stellen, sondern u. a. auch unaufgefordert die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO vorlegen. Geschieht dies nicht, so kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden (vgl. Beschluß des Bundes finanzhofs -- BFH -- vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631 mit Hinweisen auf die einhellige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe, und Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33).

Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren vor dem BFH bisher keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO abgegeben. Nicht ausreichend ist die in erster Instanz abgegebene Erklärung des Antragstellers vom 28. Dezember 1992. Unabhängig von der Frage, ob diese inhaltlich zureichend ist, kann der Senat sie schon deshalb nicht berücksichtigen, weil der Antragsteller vor dem BFH hierauf nicht Bezug genommen und nicht ver sichert hat, daß die Verhältnisse seitdem unverändert geblieben sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. November 1986 IV S 7/86, IV B 49/86, BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62; vom 23. Mai 1989 VIII S 5--8/88, BFH/NV 1990, 316; vom 25. März 1993 VII S 9, 11/93, BFH/NV 1994, 119).

Da die Beschwerdefrist inzwischen abgelaufen ist, muß der Senat bei der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH unter Beachtung der vorgenannten Rechtsprechung davon ausgehen, daß dem Antragsteller bei Einlegung einer formgerechten Beschwerde durch einen Bevollmächtigten, der einer der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Berufsgruppen angehört, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte und die Beschwerde deshalb als unzulässig zu verwerfen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420383

BFH/NV 1995, 542

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