Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollwert von wiedereingeführten Stecklingen der vierten Generation

 

Leitsatz (NV)

1. Nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort ohne weiteres aus dem Gesetz (§ 25 Satz 1 AO 1977) ergibt, ist die Frage, ob der Steuerpflichtige zustimmen muß, wenn zwei mit seinen Steuerangelegenheiten befaßte zuständige Finanzbehörden die wei tere Bearbeitung dieser Steuerangelegenheiten aufgrund einer Vereinbarung einer anderen zuständigen Finanzbehörde übertragen.

2. Entsprechendes gilt für die Frage, ob eine im Hinblick auf den Zollwert der eingeführten Ware (hier: Stecklinge der vierten Generation) hinzurechnungspflichtige Beistellung i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 überhaupt vorliegen kann, wenn nicht der Käufer in der Gemeinschaft, sondern ein Dritter die Beistellung (hier: Basispflanzgut) ohne Berechnung ins Drittland geliefert hat. Auch das Fehlen einer körperlichen Identität zwischen dem ausgeführten Basispflanzgut und den wiedereingeführten Stecklingen der vierten Generation hindert bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Annahme einer Beistellung nicht.

3. Die Frage, ob eine Verlautbarung des Technischen Ausschusses für den Zollwert beim Brüsseler Zollrat (jetzt Weltzollorganisation) für die Auslegung der ZWVO 1980 verbindlich ist, ist in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, wenn das FG das angefochtene Urteil nicht auf eine solche Verlautbarung gestützt hat.

4. Zur zollwertrechtlichen Erfassung von Kosten für Personalgestellung zur Überwachung der Aufzucht der Mutterkulturen im Drittland, für Aufwendungen für Wassergarantien sowie für Mieten für Gewächshäuser als Leistungen des Käufers an Dritte zur Erfüllung von Verpflichtungen des drittländischen Verkäufers.

5. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuerbescheids zu stellen sind, hängt im wesentlichen von den Umständen des Einzelfalls ab, berührt also nicht das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.

6. Entscheidungen, die zur Einbeziehung von Lizenzgebühren in den Zollwert gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. c ZWVO 1980 ergangen sind, sind keine geeigneten Divergenzentscheidungen für die Frage der Einbeziehung von Lizenzgebühren in den Zollwert als Wert der Beistellungen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980.

 

Normenkette

ZWVO 1980 Art. 3 Abs. 3 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i, Buchst. c; AO 1977 §§ 23, 25 S. 1, § 27; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt ein Gartenbauunternehmen. Sie hat sich auf die Erzeugung von Geranienjungpflanzen spezialisiert und unterhält zu diesem Zweck Produktionspartnerschaften mit Betrieben auf Gran Canaria und in Mexiko. Den Betrieben auf Gran Canaria wurde von einer Schwesterfirma der Klägerin unentgeltlich Basispflanzgut (unbewurzelte Elitestecklinge -- E 2) zur Verfügung gestellt, das überwiegend auf Zuchtergebnisse der X- GmbH zurückzuführen ist. Aus diesen Stecklingen wurden Mutterpflanzen gezogen, aus denen Stecklinge geerntet wurden, die erneut zu Mutterpflanzen herangezogen wurden. Die von diesen Mutterpflanzen geernteten Stecklinge (Stecklinge der vierten Generation) wurden von der Klägerin per Luftfracht eingeführt und bei den Hauptzollämtern Y und Z zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt.

Der Produktionsbetrieb in Mexiko erhielt von den Partnerbetrieben der Klägerin auf Gran Canaria Stecklinge gegen Entgelt, zog aus diesen Stecklingen Mutterpflanzen heran und daraus wieder Stecklinge, die ebenfalls von der Klägerin eingeführt und beim Hauptzollamt Y zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt worden sind.

Anläßlich einer Außenprüfung, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt, von dessen Bezirk aus die Klägerin ihr Unternehmen betreibt -- HZA --) bei der Klägerin durchführte, wurde u. a. festgestellt, daß die von der Klägerin angemeldeten Transaktionswerte für die eingeführten Waren weder die Kosten für die Beistellung der Stecklinge E 2 noch die Lizenzgebühren je Steckling enthielten, die mit dem Endprodukt (Topfpflanzen) an die X-GmbH zu zahlen waren. Des weiteren waren keine Kosten für die unentgeltliche Entsendung von Personal der Klägerin in die Aufzuchtbetriebe zur Überwachung und Kontrolle der Aufzucht und Pflege der Kulturen, keine Kosten für Wassergarantien und keine Mietkosten für die Benutzung der Gewächshäuser angemeldet.

Daraufhin führte das HZA mit Zustimmung der beiden Hauptzollämter, die die Einfuhrabfertigungen vorgenommen hatten, zentral die Nacherhebung durch. Unter mehrfacher Abänderung der bereits von den Abfertigungshauptzollämtern erteilten Steuer(änderungs)bescheide forderte das HZA von der Klägerin Zoll-Euro und Einfuhrumsatzsteuer nach. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin hiergegen Klage.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Die Zuständigkeit des HZA für den Erlaß der angefochtenen Steuerbescheide folge aus § 23 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. der Einigung der anderen gemäß § 23 Abs. 1 AO 1977 zuständigen Hauptzollämter Y und Z auf das HZA als zuständige Behörde für die Durchführung der zentralen Nacherhebung (§ 25 Satz 1 AO 1977); einer Zuständigkeitsvereinbarung gemäß § 27 AO 1977, die nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen wirksam sei, habe es nicht bedurft.

Die Nacherhebung sei auch dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Unter zutreffender Anwendung der Transaktionswertmethode des Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren (ZWVO 1980) seien die Zollwerte der von der Klägerin eingeführten Stecklinge vom HZA aufgrund des Ergebnisses der Außenprüfung zu Recht nachträglich korrigiert worden. Der Wert des von der Schwesterfirma der Klägerin den Zuchtbetrieben in Gran Canaria und Mexiko unentgeltlich gelieferten Basispflanzguts (Elitestecklinge) sei gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 dem für die eingeführten Stecklinge der vierten Generation tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen. Zwar bestehe keine körperliche Identität zwischen den zur Verfügung gestellten Stecklingen der zweiten und den wiedereingeführten Stecklingen der vierten Generation; bei wirtschaftlicher Auslegung der weit gefaßten Hinzurechnungsbestimmung müsse aber die ausgeführte Ware nicht notwendig körperlich in die Einfuhrware eingegangen sein. Unschädlich sei auch, daß das Basispflanzgut nicht von der Klägerin selbst geliefert worden und bei der Lieferung noch Eigentum des Züchters (X-GmbH) gewesen sei, denn die Hinzurechnungsvorschrift erfasse auch mittelbare Beistellungen seitens des Käufers. Entscheidend sei, daß dies -- wie im Streitfall -- auf dessen Kosten geschehe und der Wert der Beistellungen nicht im Kaufpreis enthalten sei.

Entsprechend seien auch die auf die eingeführten Stecklinge entfallenden und an den Züchter zu zahlenden Lizenzgebühren dem von der Klägerin tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen. Zum Wert des unentgeltlich an die ausländischen Aufzuchtbetriebe gelieferten Basispflanzguts gehöre auch der Wert der im Basispflanzgut verkörperten und sortenrechtlich geschützten züchterischen Leistung. Er umfasse den Wert des Rechts zur Vermehrung des geschützten Basispflanzguts und zum Verkauf der daraus gewonnenen Pflanzenstecklinge. Eine Hinzurechnung des Wertes der züchterischen Leistung in Form von Lizenzgebühren müsse unabhängig davon erfolgen, wann die Lizenzgebühren zu entrichten seien und wer sie letztlich an den Züchter zu zahlen habe. Maßgeblich für die Hinzurechnung sei allein, daß der Wert der züchterischen Leistung bei der Einfuhr der Stecklinge in den Stecklingen enthalten gewesen sei. Auch gegen die Höhe der vom HZA angesetzten Lizenzgebühren bestünden keine Bedenken.

Die Kosten für Personalgestellung seitens der Klägerin zur Überwachung und Kontrolle der Aufzucht und der Pflege der Mutterkulturen stellten sich als Zahlung dar, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer (Klägerin) an Dritte (deren Bedienstete) zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers (Aufzuchtbetriebe) tatsächlich entrichtet worden seien. Da der Wert der Bedingung für das Kaufgeschäft bestimmbar sei, seien die Zahlungen der Klägerin an das Personal als mittelbare Zahlung des Käufers an den Verkäufer Teil des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises i. S. des Art. 3 Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980 und damit in den Zollwert einzubeziehen. Entsprechendes gelte für die Aufwendungen, die der Klägerin für die Bereitstellung einer qualitativ und quantitativ ausreichenden Wassermenge für die Aufzuchtbetriebe gegenüber den Wasserlieferanten entstanden seien (Wassergarantiekosten), sowie für die gezahlten Mieten für die Gewächshäuser.

Schließlich seien die angefochtenen Bescheide auch nicht deswegen zu beanstanden, weil sie, wie die Klägerin meine, unbestimmt oder nicht nachvollziehbar seien. Zwar habe das HZA durch seine vielen Änderungen der Bescheide bewirkt, daß sich die Vorgänge ziemlich unübersichtlich und schwer verständlich darstellten. Doch könnten umfangreiche und tatsächlich schwierige Sachverhalte nicht von der Besteuerung ausgenommen werden. Im Streitfall sei die Zumutbarkeitsgrenze, die Besteuerung nachvollziehen zu können, für den Betroffenen gerade noch gewahrt.

Mit ihrer Beschwerde, die die Klägerin auf die grundsätzliche Bedeutung mehrerer Rechtsfragen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sowie auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) stützt, begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision gegen das erstinstanzliche Urteil.

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Grundsätzliche Bedeutung:

a) Der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage "Tritt eine Änderung der örtlichen Zuständigkeit der Finanzbehörde ein, zu der der Betroffene seine Zustimmung nach § 27 AO 1977 geben muß, wenn bei doppelter Zuständigkeit die zunächst mit der Angelegenheit befaßte Finanzbehörde aufgrund einer Vereinbarung nach § 25 AO 1977 die weitere Bearbeitung einer anderen Finanzbehörde überträgt?" kommt grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 115 Anm. 9, m. w. N.).

Im Streitfall war eine mehrfache örtliche Zuständigkeit der beteiligten Hauptzoll ämter für die Änderung der Steuerbescheide gegeben. Die Hauptzollämter Y und Z waren jeweils für die steuerliche Behandlung der in ihrem Bezirk erfolgten Einfuhren gemäß § 23 Abs. 1 AO 1977 zuständig; das HZA, von dessen Bezirk aus der Steuerpflichtige sein Unternehmen betreibt, war für alle diese Einfuhren ebenfalls örtlich zuständig (§ 23 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Bei mehrfacher örtlicher Zuständigkeit erlaubt § 25 Satz 1 AO 1977 eine Einigung der zuständigen Finanzbehörden untereinander darüber, welche der zuständigen Behörden die (weitere) Besteuerung übernehmen soll. Im Streitfall haben sich die beteiligten zuständigen Hauptzollämter dahingehend verständigt, daß das HZA am Sitz des Steuerpflichtigen die zentrale Nacherhebung durchführen soll (vgl. dazu Senatsurteil vom 7. September 1993 VII R 128/92, BFHE 172, 561). Die Zustimmung des Steuerpflichtigen (der Klägerin) war hierzu nicht erforderlich. Eine solche Zustimmung wird nach der klaren Systematik des Gesetzes nur dann verlangt, wenn eine örtlich nicht zuständige Finanzbehörde aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung mit der örtlich zuständigen Finanzbehörde gemäß § 27 AO 1977 die Besteuerung übernehmen soll (vgl. Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 25 AO 1977 Rz. 4; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 5. Aufl. 1995, Anm. zu § 25 AO 1977). Im Streitfall ist das HZA aber nicht als an sich unzuständige Behörde zuständig geworden, so daß ein Fall des § 27 AO 1977 nicht vorliegt.

b) Auch soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Beurteilung des zur Verfügung gestellten Basispflanzguts als Beistellung i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, fehlt es, soweit die Klägerin überhaupt nähere Ausführungen zu diesen Fragen gemacht hat, an deren Klärungsbedürftigkeit.

Die Frage, ob eine Beistellung i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 überhaupt vorliegen kann, wenn nicht der Käufer, sondern ein Dritter das Basispflanzgut ohne Berechnung liefert, ist unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift zu beantworten. Hiernach reicht es für die Annahme einer Beistellung und damit für eine Hinzurechnung des Wertes dieser Beistellung aus, wenn die in den eingeführten Waren enthaltenen Materialien, Bestandteile, Teile und dergleichen dem Verkäufer mittelbar vom Käufer unentgeltlich oder zu ermäßigten Preisen geliefert oder erbracht worden sind. Das schließt Lieferungen durch dritte Personen ein, sofern diese, wie das FG im Streitfall festgestellt hat, auf Kosten des Käufers -- hier der Klägerin -- erfolgt sind und der Wert der Beistellung nicht im Kaufpreis enthalten ist (vgl. Zepf, Wertverzollung, 4. Aufl., Art. 8 ZWVO A 3.2.5; Witte/Reiche, Zollkodex, 1994, Art. 32 Rz. 27).

Auch das Fehlen einer körperlichen Identität zwischen den ausgeführten Stecklingen der zweiten Generation und den wiedereingeführten Stecklingen der vierten Generation hindert die Annahme einer Beistellung i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügt bei Saat- und Pflanzgut jedenfalls eine von der Klägerin eingeräumte "Identität in der genetischen Zusammensetzung" von ausgeführten und wieder eingeführten Stecklingen. Wie der Senat in seinem Urteil vom 14. Mai 1991 VII R 65/89 (BFH/NV 1992, 213) bereits näher dargelegt hat, ist die Hinzurechnungsvorschrift des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 weit gefaßt und in ihrer Anwendung nicht an eine auch nur teilweise körperliche Identität zwischen beigestellten und eingeführten Waren gebunden. Nach der gebotenen wirtschaftlichen Auslegung ist die in den Mutterpflanzen verkörperte züchterische Leistung in die aus den Mutterpflanzen gewonnenen Stecklinge aller nachfolgenden Generationen eingegangen, da der Wert dieser Leistung nur über die Vermehrung der Pflanzen realisiert werden kann. Es spielt deshalb für die Frage der Hinzurechnung sowohl des reinen Warenwertes der Beistellung als auch des in Form von Lizenzgebühren abzugeltenden Wertes der züchterischen Leistung dem Grunde nach (anders für die Höhe der jeweiligen Hinzurechnung) keine Rolle, ob die Mutterpflanzen selbst oder bereits aus ihr gewonnene Stecklinge beigestellt und welche im Drittland weiter daraus gewonnene Stecklingsgenerationen später wiedereingeführt werden. Diese Auffassung liegt ersichtlich auch der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zugrunde (vgl. dessen Urteil vom 7. März 1991 Rs. C-116/89, EuGHE 1991, I-1095). Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was den Senat veranlassen könnte, diese Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren einer erneuten Überprüfung zu unterziehen.

c) Soweit die Klägerin die Frage, ob die Verlautbarungen des Technischen Ausschusses für den Zollwert beim Brüsseler Zollrat (jetzt: Weltzollorganisation) zum GATT-Zollwert-Kodex für die Auslegung der ZWVO 1980 verbindlich seien, als von grundsätzlicher Bedeutung ansehen möchte, fehlt es jedenfalls an der Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage. Das FG hat sein Urteil nicht auf eine solche Verlautbarung gestützt und nicht einmal eine solche darin erwähnt. Die Frage der Verbindlichkeit solcher Verlautbarungen kann sich daher in einem künftigen Revisionsverfahren nicht stellen. Sollte das FG zu Unrecht Rechtsgrundsätze nicht berücksichtigt haben, die Gegenstand einer Verlautbarung des Technischen Ausschusses sind, so läge darin allenfalls ein materiell-rechtlicher Fehler, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Im übrigen weist der Senat darauf hin, daß das von der Klägerin angeführte Gutachten Nr. 8 (abgedruckt bei Müller-Eiselt, EG- Zollrecht, Fach 3320 Nr. 4.8) sich auf die Frage der Behandlung von Lizenzgebühren gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des GATT- Zollwert-Kodex = Art. 8 Abs. 1 Buchst. c ZWVO 1980 und nicht auf über im Wege der Beistellungen nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980 zu berücksichtigende Lizenzgebühren bezieht.

d) Die weitere Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung, ob "immaterielle Leistungen, wie Personalgestellung, Wassergarantien und Mietkosten, Leistungen an einen Dritten" sein können, die nach Art. 3 Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980 zum Zollwert gehören können, hat die Klägerin nicht näher ausgeführt. Es fehlt daher bereits an der erforderlichen Darlegung der grundsätzichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Wieso in der Beurteilung des FG, der bestimmbare Wert dieser Leistungen sei Bestandteil des Transaktionswerts gemäß Art. 3 Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980, weil es sich um Zahlungen handele, die als Bedingungen für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer (der Klägerin) an Dritte zur Erfüllung von Verpflichtungen des Verkäufers (der ausländischen Aufzuchtbetriebe) tatsächlich entrichtet worden sind, eine Ausweitung dieser Vorschrift der ZWVO 1980 gegenüber ihrem Wortlaut begründet sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Aus den knappen Ausführungen der Klägerin vermag der Senat auch im übrigen nicht zu erkennen, daß sich in einem künftigen Revisionsverfahren zollwertrechtliche Fragen stellen könnten, die den Senat zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH veranlassen könnten.

e) Auch die von der Klägerin zuletzt aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung, ob es nämlich mit dem Bestimmtheitsgrundsatz zu vereinbaren sei, daß sich aus der Entscheidung des FG nicht der zu zahlende Abgabenbetrag ergebe, ermangelt der Klärungsfähigkeit. Da das FG die Anfechtungsklage der Klägerin in vollem Umfang abgewiesen hat, stellte sich für das FG die Frage der Höhe des von der Klägerin (noch) zu zahlenden Abgabenbetrages nicht. Diesen muß die Klägerin aus den Anforderungen in den angefochtenen Steuerbescheiden nachvollziehen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus sich auf die Unbestimmtheit der Steuerbescheide beruft und die Frage nach den Anforderungen an die Bestimmtheit von Steuerbescheiden als von grundsätzlicher Bedeutung erachtet, wirft sie eine Frage auf, die nur für den entscheidenden Einzelfall von Bedeutung ist, nicht aber das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Denn welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuerbescheids zu stellen sind, hängt im wesentlichen von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140, und Beschluß vom 9. November 1994 II B 142/93, BFH/NV 1995, 489). Im übrigen hat sich die Vorinstanz ausführlich mit der Frage der Bestimmtheit der Steuerbescheide befaßt und diese angesichts der umfangreichen und tatsächlich schwierigen zugrundeliegenden Sachverhalte gerade noch als hinnehmbar und nachvollziehbar beurteilt.

2. Divergenz:

Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Divergenz der Vorentscheidung zu verschiedenen Urteilen des BFH bzw. des EuGH erstrebt, hat sie die Divergenzentscheidungen schon nicht ausreichend bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Sie hat insbesondere nicht dargetan, daß das FG seiner Entscheidung abstrakte Rechtssätze zugrunde gelegt hat, die mit abstrakten Rechtssätzen der angeblichen Divergenzentscheidungen des BFH bzw. des EuGH in Widerspruch stehen.

Aber auch der Sache nach liegt die von der Klägerin behauptete Divergenz nicht vor. Die BFH-Urteile vom 16. Januar 1990 VII R 107/87 (BFH/NV 1990, 610) und vom 27. Oktober 1987 VII R 18/83 (BFHE 151, 270) behandeln die Einbeziehung von Lizenzgebühren in den Zollwert gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. c ZWVO 1980 und nicht, wie im Streitfall, die Frage der Beistellungen gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZWVO 1980. Eine Abweichung von den Urteilen des BFH in BFH/NV 1992, 213, und des EuGH in EuGHE 1991, I-1095, liegt schon deshalb nicht vor, weil es, wie oben ausgeführt, auf die Person desjenigen, der die als Beistellungen in den Zollwert einzubeziehenden Lizenzgebühren entrichtet oder zu entrichten hat, nicht ankommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421536

BFH/NV 1997, 80

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