Leitsatz

Der Erwerb aller Anteile an einer Kapitalanlagegesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 KAGG unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Von diesem Erwerb erfasst werden auch die von der Kapitalanlagegesellschaft im Sondervermögen nach § 6 Abs. 1 KAGG gehaltenen Grundstücke.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG , § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO , § 1 Abs. 1 KAGG , § 6 Abs. 1 KAGG , § 9 Abs. 1 Satz 1 KAGG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb 1994 alle Anteile an einer Investment GmbH. Zum Sondervermögen dieser Kapitalgesellschaft gehörten inländische Grundstücke, die auf ihren Namen im Grundbuch eingetragen waren. Das FA nahm einen nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang an, dessen Besteuerungsgrundlagen es gem. § 17 GrEStG gesondert feststellte.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, die im Sondervermögen nach § 6 Abs. 1 KAGG gehaltenen Grundstücke würden ihr nicht i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG gehören. Einspruch, Klage und Revision blieben jedoch ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört der Gesellschaft ein Grundstück, wenn es ihr aufgrund eines unter § 1 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zugeordnet ist. Die Investment GmbH ist aufgrund steuerbarer Vorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zivilrechtliche Eigentümerin der Grundstücke geworden. Sie war als solche auch nach § 26 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAGG berechtigt, über die Grundstücke im eigenen Namen zu verfügen und alle Rechte aus ihnen auszuüben.

Der Umstand, dass die Investment GmbH verpflichtet ist, das eingelegte Geld und die damit angeschafften Vermögensgegenstände nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KAGG als Sondervermögen von dem eigenen Vermögen getrennt zu halten, sowie die Beschränkungen, denen eine Kapitalanlagegesellschaft zum Schutz der Anteilsinhaber bei der Verwaltung des Sondervermögens nach § 26 i.V.m. den §§ 8 ff. und 31 ff. KAGG unterliegt, ändern daran nichts. Die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung der Grundstücke zum Vermögen einer Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG ist wirtschaftlichen Gesichtspunkten gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht zugänglich.

 

Hinweis

Der Begriff "gehören" zu Beginn des § 1 Abs. 3 GrEStG bedeutet nicht "Eigentum". Er ist vielmehr grunderwerbsteuerrechtlich in dem Sinn zu verstehen, dass ein Grundstück dann der Gesellschaft gehört, wenn sie es aufgrund eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1, 2 oder 3 GrEStG erworben und nicht durch einen derartigen Erwerbsvorgang an einen anderen Rechtsträger wieder verloren hat.

Demnach gehört ein Grundstück der Gesellschaft bereits dann, wenn sie aufgrund eines Kaufvertrags oder eines anderen Rechtsgeschäfts einen Übertragungsanspruch hat, ihr das Grundstück ohne rechtsgeschäftlichen Übertragungsanspruch aufgelassen ist oder sie das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren abgegeben hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.9.2004, II R 14/02

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