Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. keine Haftung eines Betriebsübernehmers für rückständige Sozialversicherungsbeiträge des abgebenden Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Betriebsübernehmer haften nicht nach § 613a BGB für Beitragsschulden des abgebenden Arbeitgebers nach § 28e SGB 4.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. September 2010 insoweit aufgehoben, als Beiträge zur Gesamtsozialversicherung, Umlagen und Säumniszuschläge für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2009 betroffen sind. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird insoweit abgewiesen. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten beider Rechtszüge zu zwei Dritteln, die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge zu einem Drittel.

III. Der Streitwert wird auf 578.054,36 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2010 auch bezüglich eines eventuell folgenden Klageverfahrens. Die Antragsgegnerin begehrt die Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 16.9.2010 und Ablehnung des Antrages auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Nach einer Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2009 erließ die Antragsgegnerin am 29.07.2010 einen Bescheid, mit dem sie von der Antragstellerin, die als GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt unter der Nummer HRB 83187 eingetragen ist, für die Zeit vom 1.12.2004 bis 31.12.2009 Beitragsnachforderungen in Höhe von 1.734.163,18 EUR inkl. Säumniszuschläge geltend machte. Die Nachforderung beruhte im Wesentlichen auf der Beurteilung von Aufwandsersatzleistungen, die die Antragstellerin beitragsfrei gezahlt hatte, die aber von der Antragsgegnerin als beitragspflichtig angesehen wurden, weil sie nicht zusätzlich zum Arbeitsentgelt, sondern an dessen Stelle gezahlt worden seien. Zum Teil betrafen die Nachforderungen Mitarbeiter der U. GmbH & Co. KG, die als KG im Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt unter der Nummer HRA 89508 eingetragen ist. Dieses Unternehmen hat die Antragstellerin mit Pachtvertrag ab 1. Januar 2008 unter Fortführung des Unternehmens einschließlich Übernahme der Beschäftigten gepachtet.

Mit Schreiben vom 11.08.2010 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit gemäß § 86a Abs.3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Am 24.08.2010 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.07.2010 und stellte am 25.08.2010 beim Sozialgericht München den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Die Antragstellerin hat ausgeführt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin vom 29.07.2010. Diese Zweifel bestünden insbesondere für den Zeitraum bis 31.12.2007, weil von der Antragstellerin Beiträge für Arbeitnehmer gefordert würden, die damals Beschäftigte der U. GmbH & Co.KG gewesen seien. Zudem habe die Vollziehung des Bescheides für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Durch die Zahlung des festgesetzten Betrages würden insoweit erhebliche Nachteile entstehen, als dieser Betrag als Liquidität nicht mehr zur Verfügung stünde.

Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 30.08.2010 den Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 86a Abs.3 Satz 2 SGG abgelehnt und mitgeteilt, dass der Gesetzgeber wirtschaftliche Härten durch den Maßnahmenkatalog des § 76 Abs.2 bis 4 SGB IV gemildert habe, nach dem es den Einzugsstellen gestattet sei, die Beitragsforderung zu stunden oder angemessene Ratenzahlungen zuzulassen. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit, bei der zuständigen Einzugsstelle einen Antrag auf Stundung zu stellen.

Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16.09.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24.08.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2010 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens angeordnet.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 30.09.2010 beantragt,

1. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16.09.2010, Az.: S 11 R 1910/10 ER wird abgeändert.

2. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24.08.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2010 wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache angeordnet.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens.

Sie ist der Auffassung, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens anzuordnen sei, sondern bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache.

Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 13.10.2010 beantragt,

die Beschwerde der Antragstellerin gegen ...

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