Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte, nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat (§ 173a AO).

Hinsichtlich des Ablaufs der Festsetzungs- und Feststellungsfrist ist zu beachten, dass § 171 Abs. 2 AO um einen Satz 2 ergänzt wurde, wonach die schon bislang für Bescheidänderungen nach § 129 AO geltende Ablaufhemmung nun entsprechend in Fällen des § 173a AO gilt.

Die Vorschrift findet Anwendung bei Schreib- oder Rechenfehlern des Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung, die zur Unrichtigkeit der Steuerfestsetzung geführt haben. Hinsichtlich der Begriffe "Schreibfehler" und "Rechenfehler" handelt es sich (wie bei der Berichtigungsnorm des § 129 AO) um ungewollte mechanische Fehler, die keine Denkfehler sind.

Schreibfehler sind z.B. Rechtschreibfehler, Wortverwechslungen oder Wortauslassungen oder fehlerhafte Übertragungen. Rechenfehler sind insb. Fehler bei der Addition, Subtraktion, Multiplikation oder Division sowie bei der Prozentrechnung. Unerheblich ist, ob den Steuerpflichtigen ein Verschulden an dem Schreib- oder Rechenfehler trifft. Unterbliebene Übertragungen der vom Steuerpflichtigen ermittelten Besteuerungsgrundlagen stellen dagegen keine Schreibfehler dar. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 173a AO sind nur Schreib- oder Rechenfehler bei der Erstellung einer Steuererklärung erfasst. Fehler oder Unvollständigkeiten im Rahmen der Datenübertragung an das FA – z.B. bei Abbruch der Internetverbindung oder Fehlern der genutzten Software – werden von der Vorschrift nicht erfasst (BFH v. 27.4.2022 – IX B 57/21, BFH/NV 2022, 803 = AO-StB 2022, 207 (Reddig)). Auch die versehentlich erfolgte fehlerhafte Auswahl von Steuerdaten, die in einem Ordner auf dem Computer des Steuerpflichtigen gespeichert sind, stellt keinen Schreib- oder Rechenfehler i.S.d. § 173a AO dar (FG Nds. v. 21.9.2022 – 9 K 203/21, EFG 2023, 161, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 17/22). In derartigen Fällen kann dann ggf. jedoch die Änderungsnorm des § 173 AO greifen.

Ein solcher Schreib- oder Rechenfehler muss durchschaubar, eindeutig oder augenfällig sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als Schreib- oder Rechenfehler erkennbar ist und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass eine unrichtige Tatsachenwürdigung, ein Rechtsirrtum oder ein Rechtsanwendungsfehler vorliegt (AEAO zu § 173a Nr. 1).

Kausalität: Der Schreib- oder Rechenfehler muss dazu geführt haben, dass der Steuerpflichtige dem FA Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserheblich sind. Tatsache ist jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestands sein kann, also tatsächliche Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Insoweit deckt sich der Tatsachenbegriff des § 173a AO mit dem des § 173 AO.

Eine Tatsache ist rechtserheblich, wenn das FA bei Kenntnis der Tatsache zur Zeit der Steuerfestsetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren oder niedrigeren Steuer gelangt wäre. Dabei müssen die unzutreffend mitgeteilten Tatsachen zum Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids rechtserheblich sein. Aus diesem Grunde scheiden solche Tatsachen aus, die erst später relevant werden.

Beraterhinweis Da § 173a AO nur bei Schreib- und Rechenfehlern, nicht aber bei ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten greift, ist in derartigen Fällen weiterhin zu prüfen, ob ggf. § 129 AO zur Anwendung kommt.

Liegen die Voraussetzung für die Aufhebung oder Änderung nach § 173a AO vor, ist der Steuerbescheid oder der ihm gleichgestellte Bescheid zwar von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, ohne dass es eines Antrags bedarf. Denn das Gesetz verpflichtet die Finanzbehörde zur Änderung, d.h. hier kann die Bescheidänderung/Bescheidaufhebung nicht aus Ermessenserwägungen abgelehnt werden. Gleichwohl sollten bei Erstellung der Steuererklärung unterlaufene Schreib- oder Rechenfehler, die sich zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben, im Wege des Änderungsantrags geltend gemacht und eine Bescheidänderung nach § 173a AO zugunsten des Steuerpflichtigen beantragt werden. Denn häufig wird das FA den in der Steuererklärung enthaltenen Schreib- oder Rechenfehler nicht erkennen und daher dann auch nicht von Amts wegen tätig werden.

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