OFD Hannover, Verfügung v. 3.2.2005, S 0619 - 18 - StO 141

 

1. Allgemeines

§ 352 Abs. 1 (n.F.) ist für alle Feststellungsbescheide anzuwenden, die nach dem 31.12.1995 wirksam werden (Art. 97 § 18 Abs. 3 EGAO). Während nach § 352 Abs. 1 AO (a.F.) eine beschränkte Einspruchsbefugnis nur für Personenzusammenschlüsse mit gewerblichen Einkünften bestand, ist die Befugnis zur Anfechtung von einheitlichen Feststellungsbescheiden nunmehr unabhängig von der Art der Einkünfte oder des Vermögens geregelt. Sie gilt auch z.B. für Bauherrengemeinschaften und Immobilienfonds in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft.

 

2. Beschränkung der Einspruchsbefugnis auf vertretungsberechtigte Geschäftsführer

Nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative AO können gegen einheitliche Feststellungsbescheide „zur Vertretung berufene Geschäftsführer” Einspruch einlegen. Die Frage, wer zur Geschäftsführung und Vertretung berufen ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 709 ff. BGB zur BGB-Gesellschaft, §§ 114 ff. HGB zur OHG sowie §§ 164, 161 Abs. 2 und 114 ff. HGB zur KG), ggf. i.V.m. den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Auch wenn Gesellschaftern die Geschäftsführung nur gemeinschaftlich zusteht (so die gesetzliche Regel bei BGB-Gesellschaften; § 709 BGB), ist i.S. des Abs. 1 Nr. 1 ein Geschäftsführer vorhanden. Entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift kommt es also nicht darauf an, ob die Gesellschafter einer GbR nur einzeln oder gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind (BFH-Urteil vom 29.6.2004, BFH/NV 2004 S. 137).

Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden und nur gemeinschaftlich vertretungsbefugt, müssen alle vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Einspruchseinlegung zustimmen. Ein Vertretungsmangel (z.B. bei vereinbarter Gesamtvertretungsregelung hat nur ein vertretungsbefugter Gesellschafter-Geschäftsführer im Namen der GbR Einspruch eingelegt) kann auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist mit rückwirkender Kraft geheilt werden (BFH-Urteil vom 16.9.1992, BFH/NV 1993 S. 453).

Bei Einzelvertretungsmacht ist jeder vertretungsberechtigte Geschäftsführer zur Einspruchseinlegung befugt (BFH-Urteil vom 4.5.1972, BStBl 1972 II S. 672).

Der zur Vertretung berufene Geschäftsführer handelt nicht im eigenen Namen, sondern wie ein Prozessstandschafter der Gesellschaft und damit aller Gesellschafter (z.B. BFH-Urteile vom 22.11.1988, BStBl 1989 II S. 326 und vom 26.10.1989, BStBl 1990 II S. 333; BFH-Beschluss vom 3.3.1988, BStBl 1998 II S. 401). Ein von diesem eingelegter Einspruch ist ein solcher der Gesellschaft (Beteiligtenfähigkeit der Gesellschaft; zur Beteiligtenfähigkeit von GbR und Bruchteilsgemeinschaften, die Einkünfte erzielen und nach außen auftreten, vgl. BFH-Urteile vom 18.5.2004, BStBl 2004 II S. 898 und BStBl 2004 II S. 929 sowie vom 29.6.2004, BFH/NV 2004 S. 1371; Änderung der BFH-Rechtsprechung).

Besteht unter den nach bürgerlichem Recht zur Vertretung der GbR berufenen Gesellschaftern Streit über Fragen der Geschäftsführung, ist – von der Annahme einer sog. Publikumsgesellschaft (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 15.1.1998, BFH/NV 1998 S. 994) abgesehen – nur eine von allen Gesellschaftern einer GbR erhobene Klage wirksam (BFH-Urteil vom 29.6.2004, a.a.O.).

Die Anwendung des § 352 AO ist nicht auf Feststellungsbeteiligte beschränkt, sondern gilt auch, wenn eine nicht der Gesellschaft angehörige Person vertretungsberechtigter Geschäftsführer ist. Dies sind z.B. Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte und Generalbevollmächtigte.

 

3. Beschränkung der Einspruchsbefugnis auf Empfangsbevollmächtigte i.S. von § 183 AO bzw. § 6 Abs. 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO

Betrifft die einheitliche Feststellung eine Personengruppe, die keinen zur Vertretung befugten Geschäftsführer hat, z.B. eine Erbengemeinschaft, Miteigentümer-Vermietungsgemeinschaft, atypisch stille Gesellschaft (BFH-Beschluss vom 3.3.1988, a.a.O.) u.Ä., so gilt nach § 352 Abs. 1 zweite Alternative i.V. mit Abs. 2 AO in Anknüpfung an die Bekanntgabevereinfachungen nach § 183 AO und § 6 Abs. 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO Folgendes:

Haben die Feststellungsbeteiligten gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO (VO) einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt, so ist nach § 352 Abs. 2 Satz 1 AO ausschließlich dieser einspruchsbefugt, soweit das FA dem Belehrungsgebot (vgl. Tz. 3.1) nachgekommen ist und kein Sonderfall i.S. des § 352 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 AO vorliegt.

Der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte muss nicht von sämtlichen Feststellungsbeteiligten bestellt worden sein (AEAO zu § 122, Tz. 2.5.2). Der Empfangsbevollmächtigte vertritt in diesem Fall nur die Beteiligten, die ihn bestellt haben. Seine Einspruchsbefugnis erstreckt sich demzufolge auch nur auf diese Feststellungsbeteiligten.

Die übrigen Feststellungsbeteiligten werden im weiteren Verfahren so behandelt, als sei ein Empfangsbevollmächtigter nicht bestellt worden. Ihnen ist der Feststellungsbescheid einzeln bekannt zu geben. Sie sind jeweils einzeln befugt, Einsp...

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