Leitsatz

Die als "Rente wegen Alters" geleistete "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit" (§ 33 Abs. 2 Nr. 4, § 38 SGB VI) ist eine lebenslängliche, keine abgekürzte Leibrente (Fortführung des Senatsurteils vom 22.1.1991, X R 56/90, BStBl II 1991, 688).

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG , § 34 SGB VI , § 35 SGB VI , § 38 SGB VI , § 89 Abs. 1 SGB VI , § 99 Abs. 1 SGB VI

 

Sachverhalt

Der am 7.4.1929 geborene Kläger bezog im Streitjahr 1992 – seit dem 1.4.1990 – neben Versorgungsbezügen aus einer ehemaligen Tätigkeit als Bergingenieur ein Knappschaftsruhegeld bzw. eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und einjähriger ununterbrochener Arbeitslosigkeit. Ab dem 1.5.1994 erhielt er auf seinen Antrag wegen Vollendung des 65. Lebensjahres die Regelaltersrente.

In der Einkommensteuererklärung für 1992 gingen die Kläger von einem Ertragsanteil der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 7 % aus. Es handle sich um eine mit dem Eintritt in den Bezug der Regelaltersrente endende und damit abgekürzte Leibrente. Das FA folgte dem nicht, sondern besteuerte die Einkünfte aus der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit als lebenslängliche Leibrente mit einem Ertragsanteil von 29 %. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hat an seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die mit dem In-Kraft-Treten des SGB VI am 1.1.1992 als Altersrente wegen Arbeitslosigkeit weiterzuzahlende Knappschaftsrente und die ab Vollendung des 65. Lebensjahrs bezogene Regelaltersrente steuerrechtlich eine einzige Leibrente sind. Der "Anspruch auf Rente" sei ein durch die Sozialversicherungsbeiträge erworbener bezifferbarer Vermögenswert. Der "Anspruch auf die Altersrente" sei nach näherer Maßgabe der § 63 Abs. 6, § 64 SGB VI ("Monatsbetrag der Rente") das rechnerische Produkt vor allem aus den persönlichen Entgeltspunkten und dem Rentenbarwert. Mit der Entstehung des "Rechts auf Rente wegen Alters" sei auch der Geldwert dieses Rechts festgelegt.

In steuerrechtlicher Hinsicht folge die Bemessung des Ertragsanteils der Notwendigkeit, den Zinsanteil aus der langfristig gestreckten Auszahlung dieses vom SGB VI als "Anspruch auf Rente" bezeichneten Vermögensrechts für die gesamte Dauer des Rentenbezugs einheitlich zu beziffern.

Entgegen der Auffassung des Klägers habe das SGB VI keine verschiedenartigen Versicherungsfälle eingeführt, denen unterschiedliche "Renten wegen Alters" zuzuordnen wären. Unerheblich sei, dass das vorgezogene Altersruhegeld bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente – insbesondere wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze – vorübergehend entfallen könne. Dies führe nicht notwendigerweise dazu, dass damit die "gesamte Laufdauer der Rente" beendet wäre.

 

Hinweis

1. Renten aus den gesetzlichen Sozialversicherungen sind – ggf. abgekürzte – Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Ihnen liegt die Grundannahme des Gesetzgebers zugrunde, dass ab Beginn der Rente eine Versicherungssumme auf die Lebenszeit des Bezugsberechtigten verzinslich ausgezahlt wird.

Die "Einkünfte aus den Erträgen des Rentenrechts" sind abhängig von der "gesamten Dauer des Rentenbezugs". Diese stellt sich dar als die Zeitspanne vom Beginn der Rente bis zum Ende der nach der mittleren Lebenserwartung des Berechtigten bemessenen "voraussichtlichen Laufzeit" (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Satz 2 EStG). Der "Beginn der Rente" ist der Zeitpunkt der Entstehung des Rentenanspruchs. Der für die Anwendung der Ertragsanteilsbesteuerung maßgebende Beginn der Rente ist grundsätzlich auf den Eintritt des sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Versicherungsfalls zu datieren. Dies ist nicht der "Leistungsfall" als Inbegriff der Voraussetzungen, an die das Gesetz die Entstehung eines Leistungsanspruchs knüpft, sondern – im Regelfall – der Eintritt des versicherten Risikos, der die Leistungspflicht des Versicherungsträgers begründet, mithin der versicherte Bedarfsfall.

2. Auf dieser Grundlage besteht eine steuerrechtliche Einheit des vorgezogenen Knappschaftsruhegelds (§ 48 Abs. 2 RKG) und der ab Erreichen des 65. Lebensjahrs gezahlten Altersrente.

Die in § 44 RKG (§ 1245 RVO; § 22 AVG) genannten Arten der "Renten für Versicherte" bezogen sich auf die wesentlichen Risiken im Leben eines Versicherten, nämlich gesundheitsbedingte Verminderung der Leistungsfähigkeit, Alter und Tod. Das vorzeitige Altersruhegeld für Arbeitslose war keine Rente wegen unterstellter Berufsunfähigkeit, sondern "seinem Wesen nach" ein echtes Altersruhegeld. Da es keine rechtlich verschiedenartigen Rechte auf Rente wegen Alters gab, gab es auch keine "Umwandlung von Altersrenten".

Hieraus folgte für die Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG, dass es auch steuerrechtlich nur einen einzigen Versicherungsfall des Alters gab. Mit dessen Eintritt war das versicherungspflichtige Erwerbsleben des Versicherten in der Regel auf Dauer beendet. Hierdurch wurde auch die "voraussichtliche Dauer des Rentenbezugs" im Rechtssinn best...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge