Verhältnis Dienstleistungsverkehr und Kapitalverkehr: Betrifft eine innerstaatliche Maßnahme sowohl den freien Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) als auch den freien Kapitalverkehr (Art. 63 AEUV), ist zu prüfen, inwieweit diese Maßnahme die Ausübung dieser Grundfreiheiten berührt und ob eine von ihnen hinter der anderen zurücktritt. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist gegenüber der konkurrierenden Dienstleistungsfreiheit im Streitfall zweitrangig und tritt hinter dieser zurück, wenn sich die Zahlungsverpflichtung aus einer Transaktion auf dem Gebiet des Waren- und Dienstleistungsverkehrs ergibt und das Leistungsverhältnis durch die Überlassung der Lizenzen geprägt wird.

Die Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung (EuGH v. 14.6.2017 – C-440/17, GmbHR 2018, 851 = GmbH-StB 2018, 271 [Böing / Dokholian]; EuGH v. 20.12.2018 – C-613/16, EStB 2018, 55), die im Hinblick auf die Verletzung der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit durch die Antimissbrauchsregelung des § 50d Abs. 3 EStG ergangen ist, gelten auch für die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, die Verletzung der verschiedenen Grundfreiheiten unterschiedlich zu beurteilen. Demgemäß ist dem Steuerpflichtigen mit Blick auf § 50d Abs. 3 EStG der unionsrechtlich gebotene Gegenbeweis über einen mangelnden Regelungsmissbrauch im Einzelfall zu eröffnen.

Bei einer ausländischen vermögensverwaltenden Zwischengesellschaft kann im Zuge des Gegenbeweises nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung ausgegangen werden, wenn im Einzelfall aufgrund der Dauerhaftigkeit und Funktion der Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat und bei im selben Staat ansässiger aktiver Konzerngesellschaft, die über einen angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügt und die eine aktive Wirtschaftstätigkeit ausübt und damit frei von Missbrauchszweifeln ist, nicht anzunehmen ist, dass der Bezug von Erträgen von einer deutschen Gesellschaft gerade bei dieser Zwischengesellschaft nur aus steuerlichen Gründen erfolgt.

FG Köln v. 27.8.2020 – 2 K 693/15, NZB eingelegt, Az. des BFH: I B 11/21

Beraterhinweis Entsprechend entschied das FG Köln zur begehrten Freistellungsbescheinigung gem. § 50d Abs. 2 S. 1 EStG (FG Köln v. 27.8.2020 – 2 K 694/15, NZB eingelegt, Az. des BFH: I B 12/21).

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