Grundsatz der anteiligen Tilgung: Welche Anforderungen an eine haftungsbegründende grobe Fahrlässigkeit eines Geschäftsführers (GF) zu stellen sind, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Besonderheiten des einzelnen Falles. Wenn die GmbH zum Zeitpunkt der Steuerfälligkeit oder danach nicht über ausreichende Finanzmittel verfügt, um sämtliche Gesellschaftsverbindlichkeiten einschließlich der Steuerschulden tilgen zu können, dann handelt der GF i.d.R. grob fahrlässig, wenn er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa gleichmäßigen Befriedigung aller Verbindlichkeiten einsetzt.

Die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe ist nicht in die Berechnung der Haftungsquote einzubeziehen. Es sei ernstlich zweifelhaft, bei der Berechnung der Haftungsquote die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe in die Gesamtverbindlichkeiten und in die bezahlten Verbindlichkeiten einzubeziehen, da die Soforthilfe zweckgebunden und damit nicht pfändbar sei. Daraus ergebe sich, dass der Betrag auch nicht für alte Steuerschulden verwendet werden dürfe.

Die Regelungen des COVInsAG stünden einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen. Im Urteilsfall sei das COVInsAG bereits nicht einschlägig, da die Insolvenzreife der GmbH nicht auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie, sondern auf die unerwarteten Steuerverbindlichkeiten aufgrund der vGA zurückzuführen sei. Im Übrigen seien die Pflicht zur anteiligen Tilgung der Steuerschulden und die bei Verletzung dieser Pflicht drohende Haftung nach § 69 AO nicht durch das COVInsAG ausgesetzt worden.

FG Münster v. 15.10.2021 – 9 V 2341/21 K, rkr.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge