Leitsatz

* 1. Bei Musikinstrumenten, die bereits über 100 Jahre alt sind (hier: Meistergeige) und die regelmäßig im Konzertalltag bespielt werden, kann die Restnutzungsdauer mit 100 Jahren angesetzt werden, sofern der Steuerpflichtige keine kürzere Nutzungsdauer nachweist oder zumindest glaubhaft macht.

2. Es bestehen keine Bedenken, bei neuen Meistergeigen im Weg der Typisierung eine Nutzungsdauer von 50 Jahren zugrunde zu legen.

* Leitsätze nicht amtlich

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 EStG , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG , § 162 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger, Mitglied des Orchesters beim Nationaltheater X, erwarb eine Violine "Jean Baptiste Vuillaume, Paris" aus der Zeit von 1855 bis 1860 zum Preis von 115000 DM. Für das Instrument, das sich laut Expertise in einem einwandfreien Zustand befand, machte er eine AfA in Höhe von ca. 10 % geltend.

Das FA gewährte eine AfA von 1 % (1150 DM). Das FG nahm eine Restnutzungsdauer von 50 Jahren an und gewährte eine AfA von 2 %.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des FA statt. Aus den vorbezeichneten Gründen ging er von einer Restnutzungsdauer von (weiteren) 100 Jahren aus.

 

Hinweis

Der BFH hatte bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 26.1.2001, VI R 26/98 entschieden, dass auch für antiquarische Arbeitsmittel (hier: Meistergeigen) eine technische AfA in Betracht kommt. Dies obgleich es bei solchen Meistergeigen regelmäßig zu einem – zum Teil erheblichen – Wertzuwachs kommt. Auf die Besprechung in BFH-PR 2001, 180 wird hingewiesen.

Der BFH bekräftigt im Besprechungsfall seine Rechtsprechung, dass es bei – im Konzertalltag bespielten – Meistergeigen, die älter als 100 Jahre alt sind, bei einer Restnutzungsdauer von (weiteren) 100 Jahren verbleibt. Anders ist dies bei neueren Meistergeigen. In diesen Fällen befürwortet der BFH eine Nutzungsdauer von 50 Jahren.

Der BFH weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich insoweit um eine typisierte Nutzungsdauer handelt. Eine solche Typisierung dient der Vereinfachung in der Rechtsanwendung.

Die schließt indessen nicht aus, dass der Steuerpflichtige eine kürzere Nutzungsdauer nachweist oder zumindest glaubhaft macht. Allerdings sollten an diese Möglichkeit keine allzu großen Hoffnungen geknüpft werden. Wie die verschiedenen Revisionen beim BFH gezeigt haben, erscheint es – selbst mit Hilfe von Sachverständigen – außerordentlich schwierig, eine einigermaßen zutreffende Nutzungsdauer zu bestimmen. Dies gilt insbesondere für solche Instrumente, die schon weit über 100 Jahre alt sind (Unikate) und sich gleichwohl in einem hervorragenden Zustand befinden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.3.2002, VI R 141/00

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