Leitsatz

1. Ein laufend zu führendes Verzeichnis i.S. des § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG muss nicht zeitnah, sondern lediglich fortlaufend erstellt werden. Auch ein im Rahmen der Außenprüfung nachträglich erstelltes Verzeichnis kann daher den gesetzlichen Anforderungen genügen.

2. Der Finanzverwaltung steht es angesichts des klaren Wortlauts der Anlage 1 zum BewG in der in den Streitjahren 2010 und 2011 geltenden Fassung (a.F.) wegen der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG, § 85 Satz 1 AO) nicht zu, hiervon abweichende, gesetzesändernde Umrechnungsschlüssel in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 zu bestimmen. Eine Umrechnung von erzeugten oder gehaltenen Tieren in Vieheinheiten nach Maßgabe der Umrechnungsschlüssel in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich dies gegenüber der Anwendung der Anlage 1 zum BewG a.F. zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008, § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG, Anlage 1 zum BewG, Art. 20 Abs. 3 GG, § 85 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, betreibt die Aufzucht von Ferkeln. In den Streitjahren (2010 und 2011) erwarb sie kleine Ferkel mit einem Lebendgewicht von ca. 6 kg und zog diese auf, bis sie ein Lebendgewicht von etwa 30 kg erreicht hatten. Alle Gesellschafter der Klägerin waren Landwirte, die die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis c BewG erfüllten. Sie hatten die sich nach § 51 Abs. 1a BewG für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise auf die Klägerin übertragen (§ 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d BewG). Zwei der Gesellschafter waren noch an weiteren Tierhaltungsgemeinschaften i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 BewG beteiligt, auf die sie ebenfalls Vieheinheiten übertragen hatten.

Die aus der Ferkelaufzucht erzielten Einkünfte wurden von der Klägerin als solche aus Land- und Forstwirtschaft erklärt. Nach einer Außenprüfung vertrat die Prüferin hingegen die Ansicht, die von der Klägerin erzielten Einkünfte seien ab 1.7.2010 als solche aus gewerblicher Tierhaltung zu qualifizieren. Die Zahl der von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten habe zwar nicht die Grenze nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BewG, wohl aber diejenige nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BewG überschritten. Dabei hat sie die veräußerten Tiere zugunsten der Klägerin entsprechend der Regelung in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 und nicht nach Anlage 1 BewG bewertet. Außerdem habe die Klägerin die nach § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschriebenen Verzeichnisses nicht fortlaufend und zeitgerecht geführt, sondern nachträglich erstellt. Auch deshalb lägen gewerbliche Einkünfte vor.

Das FA folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechend geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2010 und 2011 sowie erstmalige Gewerbesteuermessbescheide 2010 und 2011. Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Klägerin blieben erfolglos. Das FG gab der im Anschluss erhobenen Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.5.2016, 4 K 122/15, Haufe-Index 9907374, EFG 2016, 1885).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hat der BFH die Vorentscheidung aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) gehören nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG i.V.m. § 51a Abs. 1 BewG zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn u.a. – neben hier weiteren unstreitigen Voraussetzungen – in sachlicher Hinsicht nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG die Anzahl der von der Gesellschaft im Wirtschaftsjahr erzeugten oder gehaltenen Vieheinheiten keine der nachfolgenden Grenzen nachhaltig überschreitet:

a) die Summe der ihr nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d BewG von den Gesellschaftern oder Mitgliedern übertragenen Vieheinheiten und

b) die Summe der Vieheinheiten, die sich nach § 51 Abs. 1a BewG auf der Grundlage der Summe der von den Gesellschaftern oder Mitgliedern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergibt.

2. Die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d BewG und des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG sind durch besondere, laufend zu führende Verzeichnisse nachzuweisen (§ 51a Abs. 1 Satz 2 BewG).

3. Das FG ist zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Klägerin die formellen Nachweisanforderungen des § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG in den Streitjahren erfüllt hat.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die im Rahmen der Außenprüfung nachträglich vorgelegten Verzeichnisse die gesetzlichen Anforderungen inhaltlich erfüllen. Entgegen der Ansicht des FA ist deren nachträgliche Erstellung nicht schädlich. Denn "laufend" bedeutet nicht "zeitnah". Es genügt, dass die Verzeichnisse das tatsächliche Geschehen (in zeitlicher Reihenfolge) zutreffend wiedergeben.

4. Das ...

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