Grundsätzlich besteht im Steuerrecht die Möglichkeit, bei einer unverschuldeten Fristversäumnis die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO zu beantragen. Diese Möglichkeit scheidet bei einer Versäumung der Anzeigefrist jedoch regelmäßig aus. Der BFH hat es in seiner Entscheidung vom 20.1.2005 (BFH v. 20.1.2005 – II B 52/04, BStBl. II 2005, 492 = GmbHR 2005, 790 [Götz]). zwar ausdrücklich offengelassen, ob bei Versäumung der Frist zur Anzeige nach § 19 Abs. 3 GrEStG wegen ihrer Ausgestaltung als Steuererklärungsfrist überhaupt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO in Betracht kommt. Er geht jedoch bei der Versäumung der Antragsfrist von einem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließendes Verschulden des Stpfl. aus.

Beraterhinweis Dieses Verschulden ist auch dann anzunehmen, wenn der Beteiligte auf die Erfüllung der Anzeigepflichten durch den mit der Vertragsabfassung und Vertragsdurchführung beauftragten Notar vertraute. Das FG München hat hierzu ausgeführt, dass das Vertrauen des am Vertrag Beteiligten sein eigenes schuldhaftes Verhalten, nämlich die Nichterfüllung der eigenen Anzeigepflichten aus § 19 GrEStG, nicht entschuldige und daher keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könne (FG München v. 26.10.2022 – 4 K 2409/21, EFG 2023, 287 = ErbStB 2023, 107 [Günther]). Auch gegen dieses Urteil hat der BFH die Revision zugelassen, die unter dem Az: II R 20/23 anhängig ist.

Nach einer weiteren Entscheidung des FG München (FG München v. 26.10.2022 – 4 K 2345/21, EFG 2023, 285 = GmbHR 2023, 200 [Wachter]), gegen die jedoch ebenfalls nach Zulassung durch den BFH eine Revision unter dem Az. II R 22/23 anhängig ist, kann bei einer Versäumung der Anzeigefrist durch einen Notar generell keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Das FG schließt dies daraus, dass ein Notar weder tatsächlicher noch potentieller Beteiligter des steuerlichen Verfahrens ist und folglich auch nicht unter den Rechtsbegriff "jemand" i.S.d. § 110 AO subsummiert werden kann.

Beraterhinweis In der steuerrechtlichen Fachliteratur ist diese Frage soweit ersichtlich bisher allenfalls am Rande erwähnt worden. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich der BFH zu dieser Problematik äußert. Tatsächlich gehört der Notar, obwohl er gem. § 18 GrEStG zur Erstattung der Anzeige verpflichtet ist, nicht zum Kreis der Beteiligten i.S.d. § 78 A0. Die dort verankerte Definition des "Beteiligten" ist abschließend (Drüen in Tipke/Kruse, AO, § 78 Rz. 6).

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